Gleich bei ihrem ersten Date verlieben sie sich ineinander
Marie hat sich in Simon verliebt, und Simon sich in Marie. Aber Simon, der Hausarzt, der auch in der Berliner Charité arbeitet und eigentlich Fotograf werden wollte, ist verheiratet. Deshalb versucht er, Maries körperlicher Anziehung zu widerstehen. Doch bereits ihr erstes Date wirbelt alle Gefühle durcheinander: „Sie ist verwirrt. Sieht nur noch seine Augen, die ihren Körper samt Sehnen und Haut komplett einsaugen, alles andere wird klein, fast durchsichtig.“
„Marie wusste nicht, dass Küssen so krass und intensiv sein kann.“
Diese Beziehung darf nicht sein. Darf sie? Bereits bei ihrem zweiten Treffen kommen sie einander näher. Es geschieht in einem Park, einfach so und ohne Vorankündigung: „Marie wusste nicht, dass Küssen so krass und intensiv sein kann. Sodass man nichts anderes mehr will und sowieso nichts anderes mehr kann.“ Doch dann macht Simon einen Rückzieher: Weil er Angst hat, dass sich zwischen ihnen Gefühle entwickeln könnten, die vor allem er nicht leben kann. Er hat schon die Frau und Familie, die sie sich immer gewünscht hat.
Er ist verheiratet und geht auf Abstand, aber was ist mit Marie?
Aber die Anziehung, die beide spüren, ist zu stark. Sie treffen einander wieder. Sie berühren einander. Und doch geht es nicht, kann es so nicht gehen. Was bleibt ihnen? Simon und Marie finden eine Möglichkeit, sich einander nahe zu fühlen: im digitalen Raum. Fortan schreiben die beiden einander intensive Nachrichten. Allerdings reicht dies Marie nicht. Mit der Zeit steigert sich ihre Sehnsucht nach Simon, nach Intimität und nach Kontrolle über sein Leben zu einem fieberhaften Bedürfnis.
Jetzt reinhören:
In „Nach einem Traum“ reinblättern
Gina Schads Hauptfigur verliert die Kontrolle über ihr eigenes Leben
Immer tiefer taucht sie in den sozialen Medien in sein Leben ein und verliert dabei ihr eigenes aus dem Blick. Ihre Karriere als Cellistin und ihre Freundschaften treten hinter dem Bedürfnis zurück, nach versteckten Botschaften von Simon in seinen Stories und Posts zu suchen. Auch der Versuch, eine Beziehung mit dem musikbegeisterten Philipp einzugehen, scheitert.
Simon scheint die Trennung leichter zu fallen – oder?
Als Simon den Kontakt ganz abbricht, fällt es Marie noch schwerer, loszulassen. Bald ist sie nicht mehr nur regelmäßig auf Simons Profil unterwegs, sondern auch auf denen seiner Frau und seiner Kinder. Marie bemerkt die Grenzüberschreitung und versucht, sich abzulenken, doch es ist wie verhext: Jedes Mal, wenn sie gerade etwas Distanz zu Simon bekommt, läuft sie ihm zufällig über den Weg. Oder sind ihre Begegnungen am Ende gar nicht so zufällig?
„Nach einem Traum“ erzählt eine Geschichte, die jedem von uns passieren könnte
In ihrem fulminanten Roman „Nach einem Traum“ geht Gina Schad der Frage nach, wie wir damit umgehen, wenn unsere Sehnsüchte sich in Süchte verwandeln. In Zeiten von Digitalisierung, sozialen Medien und sich wandelnden Beziehungen kann ein Roman über Liebe nicht aktueller sein. Dabei gelingt es Gina Schad mit ihrer so schlichten wie eleganten Sprache sehr präzise das Innenleben ihrer Figuren auszuleuchten. Das Umwerfende an ihrer Geschichte ist, dass sie jeder und jedem von uns genau so passieren könnte. Und wenn die Schauspielerin Rosa Thormeyer mit ihrer geradlinigen, klaren Stimme die Hörbuchfassung dieses gelungenen Romans liest, entsteht eine Intimität, der man sich schlechterdings nicht entziehen kann.