Frau Heldt, in Ihrem neuen Hörbuch „Drei Frauen, vier Leben“ begegnen wir den Freundinnen wieder, die wir bereits von Ihrem Roman „Drei Frauen am See kennen“. Nur eine fehlt: Marie.
Marie war eigentlich die zentrale Figur dieser Frauenfreundschaft. Sie war die Seele und der Motor, die immer alles zusammengehalten und organisiert hatte. Und auch diejenige, die aus diesem sehr vermögenden Elternhaus stammte und deshalb die Villa am See besaß. Nur diesen Streit konnte auch sie nicht verhindern, auch nicht die Jahre, in denen die Freundinnen keinen Kontakt hatten. Aber sie hat vor ihrem Tod einiges verfügt, um den anderen die Chance zu geben, sich wieder zusammenzufinden. Ihr Tod im ersten Band ist letztlich der Anlass und Neubeginn der alten Freundschaft zwischen Jule, Alexandra und Friederike.
Marie hat ihren Freundinnen das Haus am See vermacht. Ihr Wunsch: Dass die früheren Freundinnen Alexandra, Jule und Friederike nach dem Zerwürfnis, das sie entzweit hat, wieder zusammenfinden. Was war die Ursache für den Streit?
Vertrauensbrüche, Missverständnisse, Gerüchte, falsche Gedanken, Sprachlosigkeit. Alle anderen Erklärungen würden zu viel verraten. Es wird aber aufgeklärt. Versprochen.
Jule ist Physiotherapeutin, Friederike ist Hotelchefin und Alexandra ist Verlegerin. Die Geschichte beginnt mit einer Szene, in der sich ein Bestsellerautor ziemlich exaltiert gegenüber Alexandra verhält. Wir gehen jetzt mal davon aus, dass Sie – obwohl Sie Bestsellerautorin sind – sich nicht so gegenüber Ihrer Verlegerin verhalten. Hat diese Szene mit dem blasierten Schriftsteller, der sich über die Missachtung seiner Person beklagt und Champagner fordert, aber vielleicht dennoch einen realen Hintergrund?
Ich kenne natürlich keinen einzigen und keine einzige, die sich so benehmen würde. Selbstverständlich ist das alles frei erfunden … Aber wie meine Oma schon zu sagen pflegte: „Geld verdirbt den Charakter und zu viel Aufmerksamkeit das Benehmen.“ Und manchmal gibt es einfach schräge Vögel. Die vor lauter Erfolg vergessen, wie die Anfänge waren.
Alexandra wird nach 23 Jahren im Verlag gefeuert. Sie ist schockiert. Wenn Ihnen etwas Vergleichbares passieren würde, Frau Heldt, was würden Sie als erstes machen?
Einen sehr langen Spaziergang am Meer. Um einen Plan B zu machen.
Sie machen immer mal wieder Andeutungen zwischen den Zeilen. Einmal denkt Alexandra in „Drei Frauen, vier Leben“ zum Beispiel: „Frauen, die Weinchen sagen …“ Aber sie setzt diesen Gedanken nicht fort. Was ist denn mit Frauen, die „Weinchen“ sagen?
Tja. Wie soll man das jetzt erklären. Ohne zu lästern. Nächste Frage.
Friederikes Mutter Esther macht den Anschein, in die Demenz abzugleiten. Sie beschreiben das sehr realistisch. Was bedeutet eine Demenz für die Familie?
Für Angehörige ist das sehr traurig. Und grausam. Weil dieser Mensch doch immer noch da ist, obwohl er schon so weit weg ist. Und man weiß, dass er auch nicht wieder zurückkommt. Es ist schwer, das zu akzeptieren.
„Ich möchte nicht mehr in Pias Alter sein. Sie hat doch diesen ganzen Mist noch vor sich“, sagt Friederike über die Tochter von Jule. Ziehen Sie selbst Ihre reifen Jahre auch den jungen Jahren vor?
Nicht in allen Belangen. Ich fand es schon angenehm, drei Stunden Sport machen zu können, ohne dass einem anschließend alles wehtut. Und nächtelang zu feiern und trotzdem nicht so auszusehen. Und viele Dinge noch neugierig abzuwarten, die man noch vor sich hatte. Aber ich bin auch froh, dass man nicht mehr jedem gefallen und es allen recht machen will. Dass man sich nicht mehr beweisen muss, auch nicht mehr alles mitmachen muss, hat auch was sehr Entspanntes.
Jule war lange alleinerziehend. Doch dann hat sie Torge kennengelernt – und stellt fest, dass es gar nicht so einfach ist, sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Was denken Sie über die neuen Lieben, in die manche Menschen in der zweiten Lebenshälfte hineinrutschen?
Es ist toll, dass es diese Möglichkeit immer gibt, egal wie alt man ist. Und dass es sich auch wieder genauso anfühlt. Man muss nur endgültig akzeptieren, dass man niemanden ändern kann, schon gar nicht jemanden, der bereits ein Leben vorher hatte.
Beim Aufräumen der Wohnung ihrer Mutter Esther stößt Friederike auf Unterlagen, die ihr Hinweise auf ihren unbekannten Vater geben. Können wir noch etwas mehr verraten?
Friederikes Vater ist ja nicht unbekannt, er hat sich nur nie um Friederike gekümmert. Laut ihrer Mutter zumindest, die angeblich nicht mal weiß, wo er lebt. Und nun findet Friederike seine Adresse und stellt fest, dass er durchaus ab und zu geschrieben hat. Der Rest wäre gespoilert.
Friederike will alle alten Sachen, die sie an die Vergangenheit erinnern, loswerden. Ist das nicht ein Fehler?
Das muss jeder selbst entscheiden. Ich kenne viele, die mit allen Erinnerungen leben, manchmal schmerzen Erinnerungen aber so, dass sie einem die Luft für den Neuanfang nehmen.
Der Lebensabschnitt, in dem sich Ihre vier Heldinnen befinden, bringt es mit sich, dass sie sich immer wieder an Gräber aufhalten. Ist das nicht ein seltsames Phänomen, den das Älterwerden mit sich bringt?
Was heißt seltsam? Das ist einfach so. Irgendwann ist Schluss.
Wie denken Sie über den Tod und das Sterben?
Ach Gott. Es gehört dazu. Auch wenn es keiner will.
„Wir sind alle zu alt für Pizza und billigen Rotwein“, sagt eine der Freundinnen einmal. Das ist doch ein richtig schöner Satz, oder? Irgendwie steckt da auch drin, dass man, wenn man reiferen Alters ist, nicht jeden Mist mitmachen muss. Fallen Ihnen noch andere Beispiele ein?
Zelten, Open-Air-Konzerte, Übernachten auf Luftmatratzen, selbst tapezieren, Sportabzeichen, alles, was ich früher schon gehasst habe, muss ich heute nicht mehr machen. Ist ein schönes Gefühl.
Katja Danowski liest die Hörbuchfassung Ihres Romans. Wie würden Sie die Stimme und die Stimmung beschreiben, die dabei entsteht?
So, wie ich sie wollte. Leicht, heiter und mittendrin.
Hören Sie selbst manchmal Hörbücher? Bei welchen Gelegenheiten?
Beim Bügeln. Und im Auto.
Die drei Frauen finden sich irgendwann im Haus am See wieder. Wie geht die ganze Sache aus?
Das sage ich nicht. Echt nicht. Das erzählt Katja!
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