Unheimliche und verheißungsvolle Gesänge schwappen ans Festland
Was macht man mit Geistern, die Teil der Familie sind? Um diese mystische Frage kreist Laura Lichtblaus Roman „Sund“. Ihre Erzählerin ahnt zunächst nichts von den Geheimnissen, die die Gegend am Sund zu verbergen weiß. Doch während sie auf ihre Geliebte wartet, schwappen nachts seltsame Gesänge von der Insel Lykke über das Wasser ans menschenleere Festland – unheimlich und verheißungsvoll zugleich.
Irgendetwas stimmt nicht in diesem vermeintlichen Idyll
Laura Lichtblaus Hauptfigur beschließt, ihre Recherche um die Rolle ihres Urgroßvaters im Nationalsozialismus ruhen zu lassen, und bricht nach Lykke auf. Auf der Überfahrt dorthin lernt sie die Neue kennen. Beide sind als Fremde auf der Insel nicht gern gesehen und werden, widerstrebend zunächst, zu Komplizinnen. Denn irgendetwas stimmt nicht in diesem vermeintlichen Idyll aus Amaranthfeldern und selbst geschleudertem Honig.
Der Ort hat eine dunkle Geschichte, bestimmte Fragen sind verboten
Was sie sicher und aufgrund eigener Anschauung wissen: Die Menschen sind verschlossen, bestimmte Fragen dürfen nicht gestellt werden, und Besuch sollte besser bald wieder verschwinden. Doch die Erzählerin bleibt und findet heraus, dass dieser Ort einst Schauplatz von Zwangssterilisationen war. Während sich zunehmend Parallelen zu ihrer eigenen Familiengeschichte auftun und über der Insel der Dunst aufzieht, wird klar, dass sie auch hier nicht bleiben kann.
Laura Lichtblau gelingt mit „Sund“ ein so nachdenklicher wie fantastischer Roman
„Sund“ ist der entschlossene Versuch einer Geisteraustreibung, der vor fantastischen Bildern sprüht und ebenso frei und unangepasst voranschreitet wie seine Erzählerin selbst. Ein bewegender und zum Nachdenken anregender Roman über das Vertuschen vergangener Schuld und die Tatsache, dass unsere Gegenwart nur so stabil sein kann wie es die Vergangenheit war.