Greta arbeitet als Schreibkraft für einen Sexcoach
Greta, die Hauptfigur von Jen Beagins Roman „Big Swiss“, lebt in einer Ruine von Haus in einer Kleinstadt bei New York und arbeitet als Schreibkraft für den Sexcoach Om. Ihre Aufgabe ist es, die Gespräche, die Om aufnimmt, abzutippen, damit er daraus ein Buch machen kann. Eines Tages begegnet Greta bei einem Spaziergang mit ihrem Hund der großen, attraktiven Flavia. Die beiden kommen ins Gespräch und Greta merkt sehr bald, dass sie Flavia bereits kennt.
Flavia hatte noch nie einen Orgasmus
Die aus der Schweiz stammende Flavia ist bei Om in Therapie und Greta hat bereits mehrere ihrer Gespräche mit Om aufgezeichnet. Als Greta Flavia im Park begegnet, kennt sie also diverse Details aus deren Privatleben und weiß außerdem, dass Flavia mit ihrem Partner noch nie einen Orgasmus hatte. Flavia dagegen tritt Greta völlig arglos entgegen: „Greta fühlte sich fiebrig. Warum hatte sie die Stimme nicht sofort erkannt? Sie war zu sehr abgelenkt gewesen, weil Big Swiss sie so angestarrt hatte. Und von ihrem Gesicht! Es war sogar noch schöner, als Greta es sich vorgestellt hatte, bevor sie zu dem Schluss gekommen war, Big Swiss müsse entstellt sein; ihre Wangenknochen waren höher, ihre Nase knochiger, die Brauen dunkler, ihr Haar länger, zarter, blonder, fast platinblond.“
Die beiden Frauen beginnen eine explosive Affäre
Es dauert nicht lange bis Greta und Flavia sich zueinander hingezogen fühlen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Affäre, die Greta vor ihrer Mitbewohnerin, der Marihuana-Verkäuferin Sabine, und Flavia vor ihrem Verlobten verheimlichen. Bei ihrer ersten Verabredung spürt Greta, welch intensive Wirkung Flavia auf andere Menschen hat: „Vor der Tür teilte sich die Menge, und eine Gestalt trat hervor. Sehet, Big Swiss – Flavia – in einem weißen Kaschmirpulli und einer Seidenhose. Sie wirkte windzerzaust, aber gleichzeitig beschwingt und irgendwie überrascht, als wäre sie mit dem Fallschirm gelandet. Sie entdeckte Greta und ging zu ihr. Die Menschen drehten sich um und sahen ihr nach, als sie die Bar durchquerte. Greta war in ihrem Leben reichlich begafft worden, aber noch nie hatte jemand sie so angesehen. Sie fühlte sich wie der rote Ballon im Schwarz-Weiß-Film: Schwerelos, unwiderstehlich.“
„Big Swiss“ ist ein großartiger, ein kluger Liebesroman
Die außergewöhnliche Qualität dieses Romans besteht darin, von einer wirklich außergewöhnlichen Liebe zu erzählen, ohne jemals ins Klischeehafte abzudriften. „Big Swiss“ ist ein großartiger Liebesroman, der sowohl die psychologischen, als auch die erotischen Aspekte, die die Liebe ausmachen in all ihren Facetten schildert. Er ist an manchen Stellen sexuell sehr explizit bis an die Grenze zur Pornografie, aber niemals plump.
Jean Beagins Figuren sind extrem und dabei liebenswert
Jen Beagin liebt ihre Figuren mit all ihren Schwächen und Wunden, die ihnen das Leben zugefügt hat; und obwohl diese Figuren allesamt extreme Menschen mit krassen Lebensgeschichten und verstörenden Angewohnheiten sind, treten sie uns absolut glaubwürdig entgegen. Man kommt nicht umhin, sie mit all ihre psychischen Deformationen ins Herz zu schließen. Faszinierend ist auch, wie die Autorin die Geschichte mithilfe immer neuer überraschender Wendepunkte vorantreibt. Ständig geschieht etwas Unerwartetes, das uns weiterlesen lässt. Jean Beagins „Big Swiss“ ist einer der herausragendsten Romane des Jahres. Ein Buch, das man auch zweimal lesen kann und das einen dabei immer noch Neues entdecken lässt.
