ISBN 978-3-940839-64-0

ca. 220 Seiten

€ 12,90

Martin Arz hat mit Max Pfeffer einen ungewöhnlichen Ermittler geschaffen: Der Kriminalrat kifft und ist schwul. Im Werkstattbericht mokiert sich der Autor über die Presse und erzählt vom „Münchner Gsindl“.

Syndikats-Komplize Martin Arz erzählt von den Kämpfen eines Krimiautors und seinem Roman „Münchner Gsindl“

Titelbild Münchner Gsindl

©engel.ac shutterstock-ID 786988795

Mein Ermittler ist anders als die anderen! Logisch. Alle sind immer anders.

Pressearbeit! Unerlässlich für Autoren, auch und gerade in Corona-Zeiten. Mein „Münchner Gsindl“ ist da und los geht es. Klappern gehört zum Handwerk. Und da sollte man Alleinstellungsmerkmale vorweisen können. Ganz wichtig: Mein Ermittler ist anders als die anderen! Logisch. Alle sind immer anders, bloß nicht normal! Drogen-/Alkoholprobleme, Einsamkeit und Verwahrlosung (emotional/einrichtungstechnisch) plus diversen Knacksen (psychisch/physisch) … gerne in Kombination. Kennt man.

Der Münchner Kriminalrat Max Pfeffer kifft und ist schwul

Meiner ist aber seit sieben Romanen echt anders als alle anderen deutschen Serienermittler. Okay, mein Held, der Münchner Kriminalrat Max Pfeffer, kifft gelegentlich – doch wirklich besonders macht ihn, dass es ihn so gar nicht zum Weibe zieht. Er steht auf Kerle, er ist homosexuell, schwul, wobei man das heute ja auch nicht mehr sagt, sondern „queer“. Das ist einfach ein Teil seiner Persönlichkeit, seines Lebens. Seine sexuelle Veranlagung spielt in den Fällen keine besondere tragende Rolle, sie läuft als Selbstverständlichkeit nebenher. Ziel schon immer: Mehr Normalität und mehr Sichtbarkeit für sogenannte Andere.

Es gibt keine wüsten Sexszenen, höchstens ein bissl prickelnde Erotik

Damals, als ich ihn zum Leben erweckt habe, war das völlig neu in der Krimilandschaft. Gut, ich gebe zu, dass es in „Münchner Gsindl“ ein wenig mehr betont wird, weil der Fall es fordert. Doch auch wenn ich immer Dinge beim Namen nenne, gibt es keine wüsten Sexszenen, höchstens mal ein bissl prickelnde Erotik … Kurz: Meine Romane sind keine Cosy- oder Schmunzel-Krimis, sondern schnelle harte Großstadtthriller mit einem taffen Ermittler.

Das Problem: Niemand, wirklich niemand hat auf dein Buch gewartet

Die Besonderheiten des Ermittlers sollen natürlich den Leser teasern und die Medien reizen. Als Autor hat man es eh sehr schwer, überhaupt medial wahrgenommen zu werden. Nichts holt einen schneller auf den Boden der Tatsachen zurück – jene Tatsache, dass niemand, wirklich niemand auf dein Buch gewartet hat – als Pressearbeit. „Ach, ein neues Buch? Worüber denn?“ – und dann flüstert man beinahe entschuldigend, denn man kennt diese Gespräche inzwischen, dass es „nur“ ein Krimi ist.

Sorgsam wird zwischen U und E unterschieden und Krimi ist U

In der Regel geben sich Presseleute ab hier keine Mühe mehr, ihr Desinteresse zu verbergen. Das feuilletonistische Naserümpfen darüber ist weiterhin allgegenwärtig. Sorgsam wird zwischen U und E unterschieden und Krimi kommt bei U gleich nach den Arztromanen, ist also zu vernachlässigen. Mit viel Glück schafft man es in die Lokalpresse, wobei das umso besser klappt, je kleiner der Ort ist. Für mich in der Millionenstadt München ist es schwierig. Gelegentlich, so alle zwei bis drei Krimis, werde ich wohlwollend wahrgenommen. Immerhin! Und bin dankbar dafür.

Ein schwuler Ermittler müsste doch zumindest schwule Blätter interessieren!

Nun möchte man meinen, dass die Besonderheiten eines Ermittlers selbigen für spezielle Publikationen interessant machen müssten. Ein schwuler Ermittler müsste doch zumindest in die einschlägigen Blätter stürmen, denn – Hallo! – wer, wenn nicht eine der Kernzielgruppen sollte darüber informiert werden. Aktuell erlebe ich allerdings mit meinem „Münchner Gsindl“ genau das, was ich mit meinem ersten Pfeffer-Roman „Das geschenkte Mädchen“ im Jahr 2004 erlebt habe, der es immerhin als Buchtipp in die „Brigitte“ geschafft hat: Schweigen im schwulen Blätterwald.

Perfektionierung und Bodyshaming – worüber Gay-Magazine so berichten

Zugegeben, das Internet hat inzwischen viele Publikationen vom Markt gedrängt. Doch es gibt noch einige, sogar richtig gute. Da nicht alle Gay-Magazine kennen, hier eine kleine Zusammenfassung der Inhalte: Vergleichbar mit Frauenmagazinen findet man seitenweise Körperperfektionierungs-Vorschriften, denen sich die üblichen schizophrenen Alibiartikel über das schlimme Bodyshaming anschließen, samt Anfeuerungen: „Bleib wie du bist.“ Mann muss ja auch dem unrealistischen Körperkult unterworfen werden und Minderwertigkeitskomplexe entwickeln.

Partylastige Reisetipps, Fetischratgeber, Sex, Kitsch und Kultur

Außerdem gibts partylastige Reisetipps zu den immergleichen Locations in Europas Partyhochburgen, Ratgeber für Fetischausstattung jeglicher Härte, Anleitungen wie man diverse Sexpraktiken richtig ausführt, Tratsch und Trash sowie Kitsch und Camp – und natürlich Kultur! Denn, Klischee aber wahr, der „Queere“ als solcher ist ja kulturell ganz vorne mit dabei. Da darf es gerne mal Oper sein, noch lieber allerdings wird ausgiebigst über die neuesten Belanglosigkeiten von dünnstimmigen, überproduzierten Pop-Ikonen berichtet. Und für ESC-Sternchen räumt man ganze Seiten frei.

Seit einiger Zeit laufen Kampgagnen für eine bessere „Visibility“

Ebenfalls wichtig und richtig: Politik und Gesellschaft. Seit einiger Zeit laufen große Kampagnen, die eine bessere „Visibility“ von „Diversity“ in den Medien fordern, also mehr Sichtbarkeit von nicht-straight-heterosexuelle Protagonist*innen. Wunderbar! Toll, passt doch genau! Ein PR-Traum für Krimis mit einem schwulen Helden – möchte man meinen. Ich bin zu lange dabei, um mir noch Illusionen zu machen und dennoch verschicke ich wie immer Rezensionsexemplare, ticke Redaktionen an, schreibe an mir bekannte Journalisten … 

Ein Beispiel-Dialog zwischen Krimiautor und einem bekannten Journalisten

Buch mit schwulem Helden? Gerne!

Ach so, Krimi? Noch dazu aus München?

Schlagartig gehen auch diese Jalousien runter. Das abschätzige Mundwinkelherunterziehen, das arrogante Augenrollen, das höhnische „Pffff“ kann ich bis an meinen Schreibtisch hören. Krimi. OMG.

Minderheiten diskrimieren sich immer noch selbst am effektivsten

„Krimis fallen aber … mehr oder weniger durchs Raster (auch diese Gründe sind naheliegend, das wirst du sicherlich selbst schon zur Genüge erlebt haben)“, schrieb mir letzte Woche ein bekannter Journalist, der für Gay-Medien schreibt, als ich ihn fragte, ob er „Münchner Gsindl“ irgendwo besprechen könnte. Welche naheliegenden Gründe das sein sollen, weiß ich bis heute nicht. Womöglich kulturelle Arroganz? Ja, habe ich zu Genüge erlebt, seit ich 2004 Pressearbeit für meinen Max Pfeffer mache. Minderheiten diskriminieren sich immer noch selbst am effektivsten.

Darum geht es in Martin Arz‘ Kriminalroman „Münchner Gsindl“

Polina ist Kindermädchen. Polina ist verträumt, Polina vergisst die Welt bei Bollywood-Schmachtfetzen, Polina ist heimlich verliebt – Polina ist tot. Missbraucht, erwürgt, brutal entstellt. Die heile Welt im vornehmen Münchner Vorort Harlaching gerät ins Wanken, denn Polinas Chefin ist die erfolgsverwöhnte, berühmte Krimiautorin Susa Förster. Die Medien stürzen sich auf die Geschichte.

Der Gatte der Autorin scheint mehr als verdächtig, ihre Literaturagentin ebenso. Der Nachbarsjunge entpuppt sich als durchtriebenes Früchtchen. Polinas Mitbewohnerin ist ausgebuffter, als ihr Engelsgesicht vermuten lässt. Dann ist da noch Susa Försters greise Schwiegermutter, die ihr ganz eigenes Süppchen kocht. Und schließlich stellt sich die Frage, ob Polina überhaupt Polina ist …

Max Pfeffer, der ebenso taffe wie melancholische Münchner Kriminaler, hat selbst an einem gewaltigen Schicksalsschlag zu knabbern und fühlt sich verwundbar. Ausgerechnet in diesem Zustand muss er sich in ein verzwicktes Beziehungsgeflecht voller Abhängigkeiten, Lügen, Missbrauch und Ängsten einarbeiten.

Krimileser schätzen den kultigen Münchner Kriminalrat Max Pfeffer. Bisher hatte Pfeffer sechs Fälle zu lösen. „Münchner Gsindl“ ist sein 7. Fall, von Autor Martin Arz wieder mit heftigem Münchner Lokalkolorit, schwarzem Humor und rasanter Spannung komponiert.

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Syndikat

Das Syndikat ist der Verein der deutschsprachigen Kriminalschriftsteller*innen. Gegründet 1986 zählen zu seinen Mitgliedern berühmte Autoren wie Sebastian Fitzek und Ingrid Noll. Das Syndikat organisiert jedes Jahr die CRIMINALE und vergibt bei dieser Gelegenheit den Glauser-Preis für den besten Kriminalroman.

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