Wie gut ist Mattias Edvardssons Thriller „Die Wahrheit“?
Seit der schwedische Schriftsteller Mattias Edvardsson mit „Die Lüge“ die literarische Bühne betreten hat, sind wir in der der BUCHSZENE.DE-Redaktion Fans von ihm. Auch sein zweiter Thriller „Der unschuldige Mörder“ hat uns überzeugt. Die spannende Frage ist: Wie gut ist dem hauptberuflichen Gymnasiallehrer sein dritter Kriminalroman „Die Wahrheit“ gelungen?
Jennica lernt über Tinder den reichen Arzt Steven kennen und lieben
Im Mittelpunkt von „Die Wahrheit“ stehen drei Hauptfiguren, aus deren Perspektive Mattias Edvardsson seine Geschichte erzählt. Jeder der Figuren widmet er jeweils ein Kapitel: Jennica ist eine junge Frau, die ihr Geld mit einer Art Telefonseelsorge-Hotline verdient. Sie fühlt sich unwohl mit dieser Arbeit, weil sie sich – mangels psychologischer Ausbildung – eigentlich nicht kompetent fühlt, aber durch ihre Ratschläge mitunter tief in die Leben der bei ihr Hilfesuchenden eingreift. Über Tinder lernt Jennica den prominenten Kinderarzt Steven Rytters kennen. Steven ist 47 Jahre alt, attraktiv und reich. Dass sein Reichtum vor allem seiner Frau zu verdanken ist, von der er behauptet, sie sei tot, weiß Jennica nicht. Steven verwöhnt Jennica, sie wird seine Geliebte.
Die Studentin Karla putzt für den Arzt und nach und nach schöpft sie Verdacht
Karla befindet sich in der Vorbereitungsphase für das Jurastudium. Um sich ihr Leben zu finanzieren, übernimmt sie im Auftrag einer Reinigungsfirma Putzdienste. Auf diesem Weg landet sie in Stevens Haus. Hier lernt sie dessen Frau Regina kennen. Regina scheint eine attraktive und lebenslustige Person gewesen zu sein. Doch jetzt liegt sie nur noch, zugedröhnt von Medikamenten, im abgedunkelten Schlafzimmer und redet vornehmlich wirres Zeug. Karla findet Steven unsympathisch. Auch, weil er ihr verbietet, mit seiner Frau Tee zu trinken, obwohl diese sich offensichtlich nach Gesellschaft sehnt. Je öfter Karla im Haus ist und Regina erlebt, umso mehr zweifelt sie daran, dass Regina wegen einer verschleppten Viruserkrankung so geschwächt ist. So wächst in Karla gegenüber Steven ein schlimmer Verdacht.
Bill liebt seine kleine Tochter, aber er begeht einen Fehler nach dem anderen
Bill ist rund 30 Jahre alt. Seit seine Frau gestorben ist, lebt er allein mit seiner kleinen Tochter Sally, die er abgöttisch liebt. Bill hat massive Geldprobleme und nimmt bald jeden Job an, um das Leben für sich und Sally zu finanzieren. Um Geld einzusparen, vermietet er ein Zimmer unter. Die angehende Jurastudentin Karla wird seine Mieterin. Fortan stabilisieren die drei einander gegenseitig. Karla unterstützt Bill im Alltagsleben mit Sally. Doch eines Tages erfährt sie von dessen massiven Geldproblemen und begeht, um ihm zu helfen, einen Fehler mit schweren Folgen.
Mattias Edvardssons „Die Wahrheit“ ist ein Sozialkrimi mit dramatischem Ende
Mattias Edvardssons „Die Wahrheit“ ist ein Kriminalroman, der anschaulich macht, wie schnell Menschen, die eben noch ein gewöhnliches und unbescholtenes Leben führten, durch zwei, drei Fehlentscheidungen in einer katastrophalen Situation landen können. Kapitel für Kapitel macht uns der Autor mit seinen präzise und glaubwürdig gezeichneten Figuren bekannt. Es ist Mattias Edvardssons großer Klasse zu verdanken, dass keine unter ihnen in die Gefahr gerät, holzschnittartig oder klischeehaft zu wirken. Jeder dieser Charaktere hat Schwächen, die allein und für sich gesehen, womöglich keine Auswirkung hätten. Aber je mehr sich ihre Biographien ineinander verschränken, umso klarer wird: Wir bewegen uns hier Schritt für Schritt auf ein dramatisches Finale zu. Am Ende liegt Steven tot im Schlafzimmer. Und seine Frau Regina finden die Ermittler in der Küche. Neben ihr eine schwere Bratpfanne. Was ist passiert?
