ISBN 978-2-49670-570-6

ca. 477 Seiten

€ 9,99

Mit ihrem Historienroman „Das schwarze Gold des Südens“ versetzt uns Tara Haigh in das turbulente Leben und Lieben einer Bamberger Süßholzdynastie im 19. Jahrhundert. Die Autorin im Interview mit BUCHSZENE.DE.

Tara Haigh im Interview über ihren Roman „Das schwarze Gold des Südens“

Titelbild Das schwarze Gold des Südens

©Lupulupupu shutterstock-ID 1431249272

Frau Haigh, Ihr Roman „Das schwarze Gold des Südens“ erzählt von einer Bamberger Süßholzdynastie. Die Imhoffs bauen im heißen Kalabrien Süßholz an, aus dem Lakritz gefertigt wird. Wie sind Sie auf dieses exotische Thema gestoßen?

Reiner Zufall oder „meant to be“. Ich war für meine Komödie „Kann Gelato Sünde sein?“ auf Recherchereise in Kalabrien und sollte jemandem aus der Verwandtschaft Lakritz von Amarelli mitbringen. Einmal dort, die Fabrik besichtigt, von der Vielfalt der Lakritzprodukte überwältigt und während der Führung in die Welt des Lakritz eingetaucht, fing ich Feuer. Das Thema hat mich sozusagen magisch angezogen und nach ersten Recherchen wurde es immer interessanter und vielfältiger – vor allem historisch. Ich musste einfach einen Roman schreiben, bei dem Süßholz die Erzählfolie spannt.

Im Zentrum der Geschichte stehen die Schwestern Elise und Amalie. Die beiden sind ziemlich unterschiedliche Charaktere …

Elise hat gemessen an der damaligen Zeit ziemlich viele Hummeln im Hintern, ist freiheitsliebend und hat einen Traum, der sie gegen alle Widerstände nach vorne zieht. Dabei hilft ihr die Ausbildung zur Lehrerin. Wissen ist der Schlüssel zu neuen Welten. Ihre Schwester, Amalie, ist das genaue Gegenteil. Sie hat ihre Träume längst vergessen, steckt im engen Korsett der damaligen Zeit, ist in einer Vernunftehe gefangen und von Pflichterfüllung und Gehorsam geknebelt. Sie redet sich das Leben schön, doch der Leidensdruck steigt ins Unermessliche, als sie in Kalabrien einem Mann begegnet, der alles, woran sie bisher geglaubt hat, auf den Kopf stellt. Die beiden Schwestern beschreiten unterschiedliche Wege und müssen die Bande, die sich nach der Kindheit verlor, neu knüpfen.

Die Familie Imhoff lebt im Bamberg des Jahres 1887. Hatten Sie für diese Unternehmerdynastie ein reales Vorbild oder warum haben Sie das nach Bamberg und ins Jahr 1887 verlegt?

Der Spielort Bamberg hat sich aus der Recherche ergeben. Mich hat überrascht, dass ausgerechnet die fränkische Gärtnerstadt im Mittelalter eine Hochburg der Lakritzproduktion war und weltweit den besten Ruf genoss. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist vor allem aufgrund der aufkommenden Konkurrenz zur Gewinnung von Süße, Zuckerrohr und Zuckerrüben, nicht mehr viel vom einstigen Glanz übriggeblieben. China, Russland und Kalabrien dominieren die Süßholzproduktion.

Es ist faszinierend, was man in Ihrem Roman alles über die Lakritzherstellung erfährt. Mögen Sie selbst Lakritze?

Norddeutsche lieben Lakritz, Süddeutsche eher nicht. Ich mochte Lakritz überhaupt nicht – bis ich mir auf der Berlinale einen Mageninfekt zuzog. Mein Körper schrie förmlich nach Lakritz und auf einmal kam ich auf den Geschmack. Nach zwei Wochen war Ruhe im Magen, was, wie ich jetzt weiß, den Wirkstoffen des Lakritz zuzuschreiben ist.

Für was mussten früher eigentlich die Apotheken mit Lakritzblöcken beliefert werden?

Sie stellten daraus Pastillen her oder verkauften die kleinen Blöcke unbearbeitet, um sie vorwiegend bei Magenverstimmungen und Atemwegserkrankungen zu verabreichen.

Die Imhoffs stecken in großen finanziellen Schwierigkeiten, weil die Süßholzernte schlecht ausfällt. Und die Rettung, die sich anböte, ist so gar nicht nach Elises Geschmack.

Das stimmt. Nach einem Parasitenbefall der Felder steht die Firma vor dem Aus. Einen Kredit, um die schwierige Zeit zu überbrücken, bekommen sie nicht, außer die junge Elise würde das ihr von einem Bankier entgegengebrachte Interesse erwidern. Doch sie hat andere Pläne und einen Geliebten. Eine Heirat ohne Liebe, um das Familienunternehmen zu retten, kommt nicht in Frage, zudem sich ihr Vater gegen Elises Ideen, den Betrieb anderweitig zu retten, stemmt. Es kommt zu einem Zerwürfnis, das sie von ihrem Vater, aber auch ihrer Schwester, entzweit.

Elises Mutter ist die einzige, die sie in ihrer Liebe zu Ferdinand unterstützt. Aber bei der Jagd fällt sie einem schlimmen Unfall zum Opfer. Was macht der Tod der Mutter aus der in der Krise steckenden Familie?

Mit dem Tod der Mutter gibt es nichts mehr, was Elise in der Heimat hält. Die Familienbande sind endgültig zerschnitten, zumal sie glaubt, dass ihr Vater den Tod der Mutter zu verantworten hat. Ihn plagen seitdem Schuldgefühle.

Plötzlich, in all dem Unglück, sieht der Vater einen Ausweg in einer Reise nach Italien. Was erhofft er sich davon?

Ihm bleibt keine andere Wahl als Süßholz anzukaufen, um die wenigen Aufträge, die der Betrieb noch hat, auszuführen. Doch in Venedig, einem der Umschlagsplätze für günstiges Süßholz aus China, stellt sich dessen minderwertige Qualität heraus. Da tut sich die Möglichkeit auf in Kalabrien ein Süßholzfeld selbst zu bewirtschaften …

Als die Situation sich zuspitzt, die Abreise nach Venedig naht, macht Ferdinand Elise einen für die damalige Zeit mit ihren strengen Konventionen ziemlich verrückten Vorschlag. Können wir ein bisschen mehr verraten?

So verrückt ist der Vorschlag nach Paris durchzubrennen gar nicht. Ferdinand spricht Französisch, ist genau wie Elise gebildet, was damals wie heute von den Fesseln der Konventionen und dem was „man“ für gewöhnlich zu tun pflegt, befreit. Er hat die Möglichkeit in Paris zu arbeiten und eine Frau an der Seite, die er liebt.

Warum macht Elise mit und was riskiert sie mit ihrer Entscheidung?

Elise wirft eine sichere Stelle als Lehrerin in die Tonne, die ihr ein eigenes Auskommen – auch ohne die Firma ihres Vaters – gesichert hätte, doch sie hätte zugleich für immer ein „Fräulein“ bleiben und auch noch ihre Träume begraben müssen. Zunehmender Leidensdruck besiegt die Angst vor dem Neuen und befeuert den Mut ihrer Heimat den Rücken zu kehren.

Ihr historischer Roman ist liebevoll recherchiert. Aus welchen Quellen ziehen Sie ihr facettenreiches Wissen?

Vieles ergab sich aus Informationen vom Traditionsunternehmen Amarelli in Kalabrien. An der „Lakritzbibel“ von Klaus-D. Kreische kommt auch niemand vorbei, der ernsthaft einen solide recherchierten Roman über Süßholz schreiben will. Daraus ergaben sich weitere Ansätze wie z.B. Recherchen über Bamberg, das „Walberla“, die Geschichte der Confiserie in Paris und den Süßholzanbau in Kalabrien. Eins gibt das andere – es war wie das Eintauchen in eine fremde Welt und sehr spannend.

Neben Ihren genauen historischen Beschreibungen, fallen auch Ihre ziemlich konkreten Erzählungen von Liebesszenen auf. Zum Beispiel beschreiben Sie die Hochzeitsnacht von Amalie und Herrmann sehr explizit. Fällt Ihnen das Entwerfen solcher Liebesszenen schwer? Worauf kommt es Ihnen dabei an?

Wenn ich schreibe, schlüpfe ich automatisch gänzlich in die Haut der Figuren. Ich selbst existiere nur beim „Plotten“, wenn der Verstand im Vorfeld dramaturgische Überlegungen anstellt oder um das Umfeld einer Szene, Gebräuche, Kleidung etc. zu verinnerlichen. Sobald die Szene läuft bin ich „weg“. Amalie hat mir diese Szene so erzählt. Daraus ergibt sich Authentizität und Emotionalität – was mir sehr wichtig ist. So blöd das jetzt auch klingen mag – ich habe diese Szenen einfach nur aufgeschrieben. Und das ging mir sehr nahe.  

Wenn Sie in der Zeit, von der Sie erzählen, leben würden: Was würde Ihnen gut gefallen und was würden Sie als fürchterlich empfinden?

Mir gefällt an dieser Zeit, dass Tugenden, wie Anstand, Moral und Aufrichtigkeit eine hohe Bedeutung hatten. Es gab Werte, für die Menschen einstanden. Der Preis dafür war der Verlust von grenzenloser Freiheit. Ende des 20. Jahrhunderts herrschte zudem Aufbruchsstimmung. Es war die Zeit der großen Erfindungen und die Deutschen genossen weltweit einen sehr guten Ruf. Fürchterlich war Vieles, vor allem die Stellung der Frauen. Elise und Amalie gehen trotzdem ihren Weg, auch wenn er steinig ist.

Zum Abschluss noch eine Frage: Wird Elise sich ihren Traum von der eigenen Confiserie erfüllen?

Heißt es nicht immer, dass jeder Traum in Erfüllung geht, wenn man nie aufhört dafür zu kämpfen?


Über Tara Haigh

Unsere Empfehlung zu historischen Beiträgen für Sie:

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ISBN 978-2-49670-570-6

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Simone Lilienthal

Geboren und aufgewachsen in München, studierte Simone Lilienthal, Jahrgang 1984, in Frankfurt Deutsch und Französisch aufs Lehramt. Nach dem Referendariat entschloss sie sich aber für die Freiheit und ein Leben als Autorin. Simone Lilienthal schreibt für verschiedene Magazine und arbeitet im Café.

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