Ist es eine gute Idee, im Wien der 1960er ein Café zu eröffnen?
Das Café ohne Namen befindet sich im Wien der 60er Jahre. Obwohl viele Einwohner der Stadt arbeitslos sind und eine Gastwirtschaft bewiesenermaßen zum Scheitern verurteilt ist, eröffnet Robert Simon ein Café, dessen spärliches Angebot jedoch bei den Besuchern gut ankommt und über die Jahre zu einem wichtigen Ort der Unterhaltung wird. Robert Seethalers Roman beschreibt die Entwicklung des Cafés und all derer, die dort ein- und ausgehen. Dazu greift er jede Form zwischenmenschlicher Beziehung auf – und nach und nach wird deutlich, wie sich Wiens Stimmung von depressiv, aber auch hochmotiviert, in Richtung Gleichgültigkeit und Neugier verwandelt.
Robert Seethalers Hauptfigur Simon ist Gelegenheitsarbeiter
Nachdem Simon den Entschluss gefasst hat, sein Leben als Gelegenheitsarbeiter aufzugeben, zieht er zu einer Witwe und mietet ein altes Gasthaus. Zunächst allein, bedient er die Gäste mit Getränken und Schmalzbrot, später kommt ihm die ehemalige Fabrikarbeiterin Mila zu Hilfe und gemeinsam arbeiten sie ohne einen freien Tag drei Jahre durch. Die vielen, meist namenlosen Gäste kommen regelmäßig und das Café ohne Namen wird zum Schauplatz für Liebe, Hass, Freundschaft und Versöhnung. Von der Liebe bleiben auch Mila und Simon nicht verschont und während die Kellnerin glücklich in ihrer Beziehung ist, sieht Simon sich mit seinen Prinzipien konfrontiert, als er auf eine außergewöhnliche Frau trifft.
Intime Gespräche, Streitigkeiten und auch Liebesgeturtel
“Das Café ohne Namen”ist wie eine Bekanntschaft, die einen zehn Jahre lang begleitet und sich dann verabschiedet, um an einem anderen Ort weiterzuleben. Fast durchgehend geöffnet, kommen Leute aus ganz Wien, spontan oder geplant, und treffen einander. Das Café wird auch zu einem Ort, an dem intime Gespräche stattfinden, wie der Streit eines Paares oder Unterhaltungen zwischen Liebenden. Die einzelnen Personen sehen sich auch mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit konfrontiert und der allgemeine Trubel ist vom Wandel der Gesellschaft in den 60er Jahren geprägt. Viele hoffen auf eine Besserung der wirtschaftlichen Lage, einige stehen der Migration aus anderen Ländern kritisch gegenüber und wieder andere hängen alten Zeiten nach.
“Das Café ohne Namen” beherbergt Menschen, Geschichten und Gefühle
Robert Seethaler berichtet über die Ereignisse und Zustände, wobei man sich an manchen Stellen mehr Emotionen wünschen würde, da die Gefühle der Menschen einen wesentlichen Teil des Buchs ausmachen. Die Kapitel handeln von Charakteren, die in irgendeiner Weise mit dem Café in Kontakt stehen und bringen jeweils neue Perspektiven mit. Übrig bleibt, dass das Leben ohne das Café weitergeht. Wie auch im echten Leben wird man oftmals nur ein Stück des Wegs von etwas Besonderem begleitet. Den Rest muss man alleine gehen.