Der Magier im Kreml

ISBN 978-3-406-79993-8

265 Seiten

€ 25

eBook: € 18,99

Sie hatten ihn unterschätzt – bis er die Macht hatte. Guiliano da Empolis „Der Magier im Kreml“ ist ein faszinierender Roman über Politik und Putins Russland.

Mit seinem Roman „Der Magier im Kreml“ erklärt Guiliano da Empoli plausibel, wie Putin denkt und fühlt

Titelbild Der Magier im Kreml

Wie konnte es inmitten Europas zu einem derartigen Krieg kommen?

Wie konnte es so weit kommen, dass inmitten Europas ein Krieg geführt wird, wie man ihn nicht mehr für möglich hielt? Ein Krieg zwischen zwei eigentlich befreundeten Staaten – Russland und der Ukraine? Ein Krieg, in dem nicht nur die direkten Nachbarstaaten mitmischen, sondern auch die USA? Auf diese Fragen gibt Guilano da Empoli in seinem Roman „Der Magier im Kreml“ zwar fiktive, aber durchaus plausible Antworten.

Der Autor Guiliano da Empoli ist Politik-Professor in Paris

Hierfür hat der italo-schweizerische Politik-Professor von der Elite-Universität Sciences Po in Paris eine Figur erfunden, die so nicht existierte: Wadim Baranow ist der Berater Wladimir Putins, den es nie gab, ein Produzent von Fernsehshows. In Guiliano da Empolis „Der Magier im Kreml“ jedoch übernimmt er die Hauptrolle und gewährt Einblicke in die Seele des Mannes, der seit vielen Jahren Präsident ist, in diesem Roman aber meist „der Zar“ genannt wird: Putin.

Wir begegnen realen Oligarchen an realen Orten

Außer Baranow sind alle auftretenden Personen und erwähnten Orte real: Oligarchen wie Boris Beresowski und Michail Chodorkowski oder der einstige Restaurantbesitzer und heutige Chef der berüchtigten Wagner-Truppen Progoschin; der Kreml, die Paläste und Villen in Russland und an der Côte d’Azur, die Restaurants und der Klub im Logowas-Haus, in dem Boris Beresowski Hof hielt, bis er bei Putin in Ungnade fiel, Russland in Richtung London verlassen musste und schließlich erhängt aufgefunden wurde.

Sie hielten Putin für eine Marionette der Macht – ein Irrtum

Der Roman nimmt uns mit bis an den Anfang von Putins Aufstieg. Anhand erfundener, dafür aber umso glaubwürdiger Dialoge und Szenen erzählt er, wie es dazu kommen konnte, dass der vermeintlich farblose Geheimdienstmann Wladimir Putin Nachfolger des Menschenfängers Boris Jelzin wurde. Wie er sich, kaum war er an der Regierung, eiskalt und strategisch, nach und nach von all jenen befreite, die meinten, in ihm eine Marionette ihrer Macht gefunden zu haben, die es ihnen ermöglichen würde, weiter als Oligarchen Geld zu scheffeln und die Geschicke des Landes zu steuern, ohne dafür Verantwortung übernehmen zu müssen.

Der russische Präsident fürchtete um die russische Föderation

Putin übernahm Verantwortung. Er räumte auf, denn das „Spektakel, wie Boris und seine Kollegen mit Blaulicht über reservierte Fahrspuren rasten, kränkte mich zutiefst, wie wohl auch die Mehrheit der Moskauer.“ Auch belasteten ihn außenpolitische Sorgen: „Das Vaterland steht unter Druck. Die islamischen Fundamentalisten geben sich nicht mehr mit Tschetschenien zufrieden, sie wollen auch Dagestan, Inguschetien, Baschkirien und sogar das Herz des Landes erobern. Wenn wir sie gewähren lassen, wird in einigen Jahren von der Russischen Föderation keine Spur mehr übrig sein.“

Guiliano da Empoli schildert den Moment der Verwandlung Putins

Es ist zutiefst faszinierend, Guiliano da Empolis Darstellung der Verwandlung Putins nachzuvollziehen: „An diesem Punkt trat ein Phänomen auf, das ich mir bis heute nicht ganz erklären kann. Putin schwieg eine Weile. Und als er wieder sprach, hatte sich sein Gesichtsausdruck nicht verändert, aber seine Präsenz war von einer anderen Konsistenz, als wäre sein Körper in einem Tank mit flüssigem Stickstoff getaucht worden. Der asketische Funktionär hatte sich unvermittelt in einen Erzengel des Todes verwandelt.“ Er war von allen als graue Maus unterschätzt worden. Nun stellte er sich in eine Reihe mit Größen wie dem russischen Zaren, Stalin, Chruschtschow oder Breschnew, um das einstige russische Reich zu alter Stärke zu führen.

Was an „Der Magier im Kreml“ zu kritisieren wäre

Es macht Freude, sich diese Entwicklung von Guiliano da Empoli erklären zu lassen. Dabei scheint der Autor aus einer Fülle an Fakten zu schöpfen und sie mit einem erträglichen Maß an Phantasie zu ergänzen. Sein Schreibstil ist lebendig, anschaulich und dialogreich. Mitunter verliert er sich vielleicht ein wenig zu viel in der blumigen Sprache eines Romanciers. Einzelne Seitenstränge der Geschichte wirken mitunter aufgesetzt, etwa die Liebesgeschichte des Beraters Baranow zu Michail Chodorkowskis Ex-Gefährtin.  

Fazit: Eine unterhaltsame und lehrreiche Lektüre, ein großer Wurf

Dafür nimmt der Autor konkrete historische Situationen und Ereignisse zum Anlass, um Russland, die Sowjetunion und die Mechanismen von Politik und Macht auf allen Ebenen zu erklären. Hier erreichen seine Sätze die Allgemeingültigkeit eines Lehrbuchs der praktischen Politik. All dies zusammen macht das Buch zu einer unterhaltenden Lektüre, die von der Qualität ihrer Wissensvermittlung her einem Sachbuch ebenbürtig ist. „Der Magier im Kreml“ ist ein großer, ein gelungener Wurf.

ISBN 978-3-406-79993-8

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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