Ist die Epoche der Brusttrommler in der Politik vorbei?
Es ist interessant, dass Robert Habeck sein neues Buch „Von hier an anders“ mit dem Untertitel „Eine politische Skizze“ versieht. Denn tatsächlich handelt es sich bei diesem Werk um eine ziemlich konkrete Ideensammlung, wie die Zukunft unseres Zusammenlebens aussehen könnte. Damit inszeniert sich Robert Habeck auch literarisch als Gegenbild zum „alten weißen Mann“, zu Brusttrommlern wie sie derzeit die deutsche und die internationale Politik dominieren.
Robert Habeck reflektiert die großen Zukunftsfragen
Lässt man einmal Motive und Inszenierung beiseite, so können wir mit Robert Habecks Ideensammlung gut arbeiten, sie ist eine hilfreiche Diskussionsgrundlage. Im ihm eigenen, angenehm lesefreundlichen Stil, den wir auch bereits von seinem letzten Buch „Wer wir sein könnten“ kennen, reflektiert er Punkt für Punkt die großen Zukunftsfragen.
Warum geraten unsere Demokratien gegenwärtig unter Druck?
Was ist eigentlich der Grund dafür, dass in den vergangenen Jahren plötzlich unsere liberalen Demokratien unter Druck gesetzt werden durch Populisten à la Trump und Johnson? Warum wird zunehmend das Stilmittel der Empörung zum Treibstoff politischen Handelns? Wie entkommen wir der ritualisierten Politikform – der Spirale aus Reaktion und Gegenreaktion – einem Diskurs, der am Ende nicht zu sinnvollen Ergebnissen führen kann, weil er die eigentlichen Inhalte zu wenig berücksichtigt?
Dieses Buch ist auch ein Aufruf an die Politik, den Mut zum Zweifeln aufzubringen
„Von hier an anders“ ist auch ein Aufruf an all jene, die Politik gestalten, sich den Mut des Zweifelns zu leisten. Robert Habeck zitiert Barack Obama, der an seinem letzten Amtstag die Frage stellte: „What if we were wrong?“ Robert Habecks Buch ist eine Einladung an alle, ihre Positionen zu hinterfragen – und zwar nicht nur in Hinterzimmern, sondern auch öffentlich. Tatsächlich täte etwas mehr öffentlicher Zweifel dem politischen Diskurs gut.
Auch die Grünen haben ihre „blinden Flecken“, wir alle haben sie
Die Welt ist zu komplex, als dass ein vermeintlich „starker Mann“ oder eine „starke Frau“ von sich behaupten könnte, die Lösung sämtlicher Probleme zu kennen. Politiker, die so auftreten, gehören – auch wenn der Trend zum Populisten momentan das Gegenteil zu suggerieren scheint – dem Gestern an. Robert Habecks Buch handelt vom Heute und vom Morgen. Und er nimmt seine eigene Partei von der Kritik nicht aus: Wir alle hätten unsere politisch „blinden Flecken“, um die wir uns gefälligst zu kümmern hätten, fordert er.
Was heißt „sozial schwach“? Wir sollten unsere Worte hinterfragen
Selbstkritisch erzählt der Grünenpolitiker zu diesem Thema folgende Anekdote: „Ein guter Freund, der stolz darauf ist, Sozialdemokrat zu sein, korrigierte mich neulich, als ich von den ‚sozial Schwachen‘ sprach. Seine Eltern zum Beispiel seien arm, wirklich arm gewesen, sagte er, aber sozial seien sie ausgesprochen stark gewesen.“ Diskriminierung beginnt eben bei der Sprache – und mündet schlimmstenfalls in Taten.
Covid-19 macht die ohnehin seit langem bestehenden Probleme sichtbarer
Die Corona-Krise sieht Robert Habeck als Phase beschleunigter Veränderung. Probleme, die schon immer da waren, treten offensichtlicher zutage: die ausbeuterischen Werkverträge in Großmetzgereien, die miesen Bedingungen, unter denen Pflegekräfte in Deutschland arbeiten, die Wirksamkeit radikaler Änderungen im Bereich des Umweltschutzes, um nur einige Beispiele aus „Von hier an anders“ zu nennen.
Folgende Zukunftsfragen sollten wir uns ganz ernsthaft stellen
Robert Habeck fragt zurecht: Wenn wir jetzt – zu Corona-Zeiten – in Bildung und öffentliche Räume investieren, warum nicht dauerhaft? Wenn Gesundheit einmal Vorrang vor kurzfristigen Wirtschaftsinteressen hat, warum soll das nicht auch bei Klimaschutz oder Verkehr gelten? Wenn man für Wochen Kontaktsperren verhängen kann, wieso kann man dann nicht Plastiktüten verbieten? Wenn die Gesundheit über allem steht, wieso ist Glyphosat dann noch zugelassen?
Robert Habeck kündigt in „Von hier an anders“ eine Zeitenwende an
Der Vorsitzende der Grünen stellt viele zentrale Fragen. Es sind die Fragen, auf die wir in den kommenden Jahren dringend Antworten finden müssen. Und er legt die Verantwortung jeder und jedem einzelnen von uns in die Hände: Was Zukunft wird, hänge ganz wesentlich davon ab, was wir wollten, was Zukunft wird. Sie werde nichts sein, was wir schon kennen. Sie werde die Vergangenheit als Lehre und vielleicht als Zitat in sich tragen, aber sie werde völlig anders sein als alles, was wir kannten, schreibt Robert Habeck. Sich darüber Gedanken zu machen, kann die Lektüre von „Von hier an anders“ eine gute Anregung sein.
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