Frau Bluhm liest „See You Yesterday“: 5 von 5 Blu(h)men
Was, wenn der verkorksteste Tag deines Lebens sich ständig wiederholt?
Wer kennt sie nicht … diese Tage, an denen schon gleich zu Anfang an alles so schiefläuft, dass es im Laufe des Tages nur noch schlimmer wird und man am Abend denkt, dass man besser mit der Decke über dem Kopf liegen geblieben wäre? Einen solch grandios verkorksten Tag erlebt Barrett Bloom an ihrem ersten, lang ersehnten Tag am College: In der Vorlesung wird sie von einem arroganten Physiknerd bloßgestellt, verpfuscht am Nachmittag ihr langersehntes Vorstellungsgespräch für die College-Zeitung und an jenem Abend ist sie (unschuldig) für einen Brand verantwortlich. Als Barrett dann auch noch merkt, dass ihre neue Mitbewohnerin alias Highschool-Dämon Lucie sie aus ihrem Wohnheim ausgesperrt hat, schläft sie erschöpft im Gemeinschaftsraum ein. Doch so gerne sie auch die Zeit zurückdrehen würde, um den Start in die neue Lebensphase besser zu gestalten, so erschrocken ist Barrett am nächsten Tag über die Tatsache, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht: Der 21. September beginnt von vorne. Genauso wie am Tag danach. Und am Tag danach.
Mit Barrett Bloom erfindet Rachel Lynn Solomon eine sympathische Heldin
Mit Barrett Bloom – deren Namen ich im Übrigen genauso schön finde, wie ihren ganzen Charakter – erschafft Rachel Lynn Solomon aber nur einen Teil dieser wirklich leichtfüßig erzählten Zeitschleifen-Geschichte. Schon einige Tage, nachdem sie wiederholt am 21. September aufwachte, erfährt Barrett, dass ihr Kommilitone Miles genau das gleiche Schicksal erfährt, allerdings dauert das Ganze bei ihm schon 61 Tage länger als bei ihr.
Barretts Konterpart in „See You Yesterday“ ist der schüchterne Miles
Mit Miles schickt die Autorin den genauen Konterpart zur extrovertierten und impulsiven Barrett ins Rennen. Wo Barrett das Herz auf der Zunge trägt, denkt Miles oft einmal zu viel nach. Gelingt es Miles schlecht Beziehungen zu anderen aufzubauen, weil er zu schüchtern ist, erfährt Barrett Probleme durch ihr loses Mundwerk. Nun sind aber beide gemeinsam in diesem Dilemma gefangen, und wo zunächst nur Unterschiede zu bestehen scheinen, entwickeln sich mit fortschreitender Zeit Gemeinsamkeiten, und letztendlich tiefe Gefühle der Verbundenheit und der Zuneigung.
Rachel Lynn Solomon schreibt locker, ihre Charaktere sind vielschichtig
Größtes Plus von Rachel Lynn Solomons Roman „See You Yesterday“: Was allein schon beim Lesen des Klappentextes vorhersehbar und bekannt daherkommt, wird durch den lockeren Schreibstil der Autorin, und die wirklich intensive und tiefgründige Protagonisten-Entwicklung in seiner Vorhersehbarkeit ganz simpel zu etwas Wunderschönem. Ich mag die Diversität und die Offenheit der Handlung und der Personen darin sehr, gerade deswegen, weil sie mit einer selbstverständlichen Leichtigkeit eingebunden wird. Ich mag, dass beide Protagonisten in ihrer als typisch schwarz-weiß-unterschiedlichen Charakterentwicklung eben genau das nicht sind: stereotyp.
Die wichtige Message: Nichts auf der Welt ist nur gut oder nur schlecht
Allein basierend auf meiner eigentlichen Persönlichkeit, fühlte ich mich anfangs Barrett eher verbunden, als Miles. Betrachtet man die beiden aber erstmal als Team, so beginnt man, durch ihrer beider Augen sehend, zu begreifen, dass nichts auf der Welt nur gut oder nur schlecht ist. Eine Message, die für die Heranwachsenden, die die Zielgruppe des Buches bilden, eine sehr wichtige Botschaft ist. Für Erwachsene wie mich, die es eigentlich schon besser wissen sollten, kann eine solch wunderbare Auffrischung allerdings auch nicht schaden.