Frau Bluhm liest „Annas kleiner Teeladen“: 3 von 5 Blu(h)men
Die junge Mutter Anna sieht den Teeladen als Chance für einen Neustart
Seit Anna vor zwei Jahren ihren Mann James durch einen Unfall verloren hat, schlägt sich die junge Mutter zusammen mit Töchterchen Ellie allein durchs Leben. Als ihre Patin Ursula den Teeladen in ihrem Heimatort Little Somerby verpachten will, um nach Italien zu ziehen, kommt der Tapetenwechsel gerade recht. Mit Pippin Cottage als neuer Heimat und dem Teeladen als neuer Aufgabe möchte Anna versuchen nach vorne zu sehen. Mit was sie absolut nicht rechnet, ist Cider-Farmer Matthew, der Hals über Kopf in ihr Leben stolpert, und es gehörig durcheinanderbringt. Plötzlich scheint gemeinsames Glück wieder möglich zu sein. Doch auch Matthew ist ein gebranntes Kind, was Katastrophen in der Familie angeht. Nach einem Unglücksfall wendet der sympathische Geschäftsmann wieder seine ureigenste Methode an: Kopf in den Sand stecken. Kann die Liebe der beiden alte Muster aufbrechen und eine glückliche Zukunft möglich machen?
Fay Keenans Roman ist eine Geschichte zum Träumen und Versinken
„Annas kleiner Teeladen“ ist Fay Keenans Debütroman. Er ist angenehm zu lesen und wird durch wunderschön beschriebenes Lokalkolorit zur perfekten Spätsommerlektüre. Das kleine Örtchen Little Somerby ist bevölkert von allerlei sympathischen und authentischen Figuren, die einem beim Lesen die virtuelle Tür in ihr kleines Reich öffnen. Es ist eine Geschichte zum Träumen und Versinken. Die Nebenfiguren sind schön gestaltet, besonders Annas beste Freundin Charlotte ist wahrhaft humorvoll und spritzig. Matthews Tochter Merry ist mit all ihren Teenager-Hormonen besonders gut getroffen und bringt mit ihrem großen Mundwerk Leben in die Bude.
Es gibt auch etwas, das mir in „Annas kleiner Teeladen“ fehlt
Bei den beiden Hauptfiguren Anna und Matthew fehlt es mir jedoch etwas an tieferer Ausgestaltung und Substanz. Manches Mal schien mir ihr Verhalten unerklärlich, und gerade die beiderseitige Anziehung blieb etwas oberflächlich beschrieben: Was genau brachte Matthew dazu, nach jahrelanger Beziehungslosigkeit ausgerechnet Anna zu erwählen, um sein mürrisches Singledasein aufzugeben? Was genau geht in Anna vor, die nach dem Tod ihres Mannes zum ersten Mal wieder bereit ist, einen Mann in ihr Leben zu lassen? Die Tiefe, die für die Beantwortung solcher Fragen notwendig gewesen wäre, fehlte und die Übergänge der Beziehung kamen mir etwas zu kantig vor.
Überrascht hat mich der Schluss von Fay Keenans Geschichte
Auch das Ende der Geschichte enttäuscht ein klein wenig, denn die hundert Seiten vorher sind spannend und wirklich gefühlvoll geschrieben. Fast scheint es, als wären Fay Keenan die Ideen ausgegangen, um dem Plot zum Schluss hin den nötigen Schwung zu verleihen. Ich meine, „Annas kleiner Teeladen“ ist kein außergewöhnlicher Roman, aber durchaus einer zum Reinkuscheln und Wohlfühlen.