verliebt-ueber-beide-raeder-tessa-hennig

ISBN 978-2-496-71520-0

320 Seiten

€ 11,99

Die Schriftstellerin Tessa Hennig über die Liebe und unsere inneren Barrieren, über das Sehnsuchtsland Spanien und ihren Roman „Verliebt über beide Räder.“

Tessa Hennigs Roman „Verliebt über beide Räder“ nimmt uns mit auf eine Finca in Spanien

Verliebt über beide Räder interview

Frau Hennig, in Ihrem Roman „Verliebt über beide Räder“ zieht ein neuer Mieter in das Haus der 63-jährigen, alleinstehenden Yoga-Lehrerin Marlis. Die erste Begegnung mit Jürgen, der im Rollstuhl sitzt, ist – vorsichtig ausgedrückt – nicht so vielversprechend?

Jürgen hat generell das Problem sich nicht helfen lassen zu wollen, weil er glaubt, mit beiden Beinen im Leben zu stehen – vielmehr auf den Fußstützen seines Rollstuhls. Er möchte behandelt werden wie jeder nichtbehinderte Mensch. Marlis, die Hilfsbereitschaft in Person, passt da zunächst wie die Faust aufs Auge, doch ohne ihre Hilfe kommt er nicht zur Beerdigung seines angeblich besten Freundes an die Costa Blanca …

Marlis, die sich ein wenig einsam fühlt, interessiert sich trotzdem für ihn. Jürgen ist attraktiv. Und dann bietet sich Marlis tatsächlich die Chance ihm zu helfen …

Marlis hat nach einer üblen Scheidung die Nase von Männern voll und keine Lust mehr darauf einem Mann die Socken hinterherzutragen. Yoga schenkt ihr mehr Lebensglück – glaubt sie zumindest, bis sie Jürgens kratzbürstige und mit bissigem Humor gewürzte Fassade als puren Selbstschutz entlarvt und erkennt, dass er eine schwere Last in seinem Herzen zu tragen hat, von der sie ihn tatkräftig zu befreien gedenkt. Die daraus an der Costa Blanca resultierenden Turbulenzen verbinden und stellen letztlich auch ihren Glaubenssatz, allein besser durchs Leben zu kommen, in Frage.

Damit ist die Besatzung für den Roadtrip nach Spanien aber noch nicht komplett. Denn Marlis hat eine Enkelin. Was ist Jana für ein Mensch?

Jana ist ein Fleisch gewordener innerer Zwiespalt. Im Zuge ihrer von einer Partneragentur gesponsorten Doktorarbeit im Fach Psychologie erarbeitet sie die idealen Parameter für eine perfekte Beziehung, doch heimlich träumt sie sich in die Welt von James und Ellen, zwei Protagonisten aus einem typischen „Romantic Adventure“-Roman. Das lässt sie an ihrer Studie, aber auch an sich selbst zweifeln, zumal ein Traumtyp an der Uni, Überflieger und „Perfect Match“, ihr trotz seiner hartnäckigen Avancen nicht das leiseste Kribbeln entlockt. Zeit für einen Tapetenwechsel, allein schon, um zu sich zu finden!

An der Costa Blanca angekommen, erleben die Frauen eine böse Überraschung.

Die vermeintlichen Gratisferien in Jürgens Haus, weil die beiden Frauen ihn an die Costa Blanca kutschieren und dabei auch noch zu Pflegekräften mutieren, entpuppen sich als Albtraum. Aus Urlaubern werden mutmaßliche Hausbesetzer: „Okupas“. Jürgen scheint die Finca nämlich gar nicht zu gehören, oder doch? Weshalb sind sie überhaupt hier und was hat Jürgen noch alles zu verbergen?

Wir wollen nicht verraten, wie sich die Sache mit der Finca weiterentwickelt. Aber eines können wir vielleicht schon verraten: Dass auch Jana jemandem begegnet, der ihr Herz schneller klopfen lässt?

Ein „James“ tritt in Janas Leben. Zudem noch der Sohn des Eigentümers von Jürgens Finca, was Jana schnell zwischen die Fronten geraten lässt. Leon ist ihrer Ansicht nach genau der Typ Mann, der sich bestenfalls für die Bettkante eignet. Aber urlaubsflirttauglich, redet sie sich ein, weil sie ihre „Parameter“ daran hindern, auch nur ansatzweise an mehr zu denken. Doch auch ein Vollmacho wie er im Buche steht, verfügt über Facetten, die sich erst offenbaren, wenn man seine Glaubenssätze ad acta legt und zu der Einsicht gelangt, dass man die Doktorarbeit auch gleich verbrennen kann.

Und irgendwie scheinen die Biographien von Jürgen und Janas neuer Flamme miteinander verknüpft zu sein. Wollen Sie noch mehr preisgeben?

Sowohl Jürgen als auch Leon verbindet die Leidenschaft zu Surfen und auf den Wellen zu reiten. Das ist auch der Grund, weshalb Jürgen seit vielen Jahren im Rollstuhl sitzt. Die damalige Begeisterung für diesen Sport lebt allerdings nur noch in Form von purer Melancholie und Selbstmitleid in Jürgen fort, doch auch totgeglaubte Leidenschaft lässt sich zum Leben erwecken, zumal Leon sich als weit mehr entpuppt als ein Träumer von der „perfekten Welle“…

Dass Sie einen Rollstuhlfahrer zur Hauptfigur machen, ist eine ungewöhnliche Idee. Was hat sie dazu inspiriert?

Obwohl nicht autobiografisch sind es familiäre Hintergründe, die mich dazu gebracht haben, diesen Roman zu schreiben. Ich erlebe täglich, wie Menschen auf Rollstuhlfahrer reagieren und stelle dabei nicht selten eine gewisse Verunsicherung fest, wie man mit behinderten Menschen am besten umgeht. Mir begegnet auch Erstaunen, wenn ein Mann wie Jürgen so selbstbewusst und noch dazu mit jeder Menge Humor daherkommt.

Wenn man Ihren Roman liest, glaubt man zu spüren, dass es Ihnen um eine übergeordnete Aussage geht – vielleicht auch darum, Mut zu machen, sich von selbstauferlegten Glaubenssätzen zu befreien?

Auf den Punkt! Urlaubsromane mit Herz und Humor zu schreiben, ohne dabei etwas über das Leben zu erzählen, wäre mir zu banal. Auf unterhaltsame Weise „something about human nature“ beizupacken, wie es Billy Wilder nannte, ist mein Anspruch. Und in diesem Roman geht es nicht nur um körperliche Barrieren, sondern auch um innere, die aus unserer Biografie und Erfahrungen – meist negative – erwachsen. Es entstehen auf diese Weise Glaubenssätze, die uns gelegentlich daran hindern, alle Möglichkeiten, die das Leben bietet, unvoreingenommen, aber auch unbeschwert auszuschöpfen, durch jede geöffnete Tür zu gehen, anstatt kafkaesk wie gelähmt vor dem inneren „Türhüter“ zu verharren.

„Behindern“ wir uns durch unser Verhalten manchmal selber? Stehen wir unserem Glück im Weg? Was können wir tun?

Es sind vor allem Ängste, die uns behindern, weil sie zu Selbstbeschränkungen führen, aber auch verinnerlichte Werte oder Glaubenssätze, die von außen, sei es über die Medien oder aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen an uns herangetragen werden. Auch das soziale Umfeld spielt dabei eine Rolle. Sie zu überwinden, sich von ihnen zu befreien, erfordert eine Innenschau. Wer bin ich? Was möchte ich im Leben erreichen? Wozu bin ich da? Raus aus dem gewohnten Trott, sich von Routinen befreien oder in einen anderen Kulturkreis reisen, sich mit anderen Menschen austauschen – all das hilft über den eigenen Tellerrand hinauszublicken und die Perspektive auf das eigene Leben zu justieren. Letzteres entlarvt so manche „Behinderung“ und ermöglicht Lebensglück von innen.

Ihr Roman lädt ein an viele schöne Schauplätze an Spaniens sonniger Küste. Ist sie auch für Sie ein Sehnsuchtsort?

Ein Blick auf die Anzahl meiner Romane, die in Italien spielen, genügt, um zu erkennen, dass ich mein Herz an Bella Italia verloren habe. Spanien liebe ich jedoch auch, vor allem seine interessante Geschichte. Auf diese Weise entstand als Tara Haigh „Das Herz der sieben Inseln“, ein historischer Kanaren-Roman, der das Schicksal der Ureinwohner auf Gran Canaria erzählt, oder zuletzt „Der süße Duft der Reben“ ((https://buchszene.de/der-suesse-duft-der-reben-interview/ )), in dem es auch an die Costa Blanca geht, allerdings ins Jahr 1903, als die Gegend vom Rosinenhandel lebte.

Was lieben Sie an Spanien?

Dass der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht, was er hat oder wie er sich verkauft. Ein Lächeln bei jedem Gruß. Sich selbst nicht so ernst zu nehmen und das Leben zu genießen, was die Spanier „disfrutar la vida“ nennen. Das angenehme Klima kommt mit hinzu, doch die Sonne in spanischen Herzen wärmt noch viel mehr – von innen.

Haben Sie einen persönlichen Lieblingsplatz?

Am liebsten sitze ich an einer Strandpromenade und schaue den Passanten und dem Spiel der Wellen zu.

Es bahnen sich in „Verliebt über beide Räder“ ja mindestens zwei potentielle Liebespaarungen an. Gibt es wenigstens ein Happy End?

Diese Frage stellen Sie mir immer (Tessa Hennig lacht). Bei Tara und Tessa gibt es stets ein Happy End! Das eigentlich Interessante ist jedoch der Weg dorthin.

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ISBN 978-2-496-71520-0

320 Seiten

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/simone-lilienthal/" target="_self">Simone Lilienthal</a>

Simone Lilienthal

Geboren und aufgewachsen in München, studierte Simone Lilienthal, Jahrgang 1984, in Frankfurt Deutsch und Französisch aufs Lehramt. Nach dem Referendariat entschloss sie sich aber für die Freiheit und ein Leben als Autorin. Simone Lilienthal schreibt für verschiedene Magazine und arbeitet im Café.

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