ISBN 978-2-49671-119-6

ca. 336 Seiten

€ 9,99

Ellin Carsta, Autorin der erfolgreichen »Hansen-Saga«, im Interview über die Fortsetzung der Geschichte der Hamburger Dynastie »Die Kinder der Hansens – Schritt ins Licht«.

»Schritt ins Licht« ist der erste Band von Ellin Carstas neuer Saga »Die Kinder der Hansens«

Schritt ins Licht

Frau Carsta, mit »Schritt ins Licht« starten Sie einerseits etwas Neues und gleichzeitig bauen Sie auf einer bereits bestehenden, ziemlich beeindruckenden Saga auf …

Ich bin selbst sehr aufgeregt, da es das erste Mal ist, dass ich eine Saga beende und dann über die Folgegeneration weiterschreibe. Die Hansen-Saga mit ihrer Hauptfigur Luise startet 1888 und endet 1897. Die Kinder der Hansens-Saga startet 1924. Dieses Mal ist Luises Tochter Amala die Hauptfigur. Bei der Hansen-Saga standen Hamburg, Wien und Kamerun als deutsche Kolonie im Vordergrund.

In der »Die Kinder der Hansens«-Saga geht es nun nach Hamburg, Berlin, Wien Philadelphia.

Und in der Zwischenzeit hat sich einiges verändert: Die Welt hat den verheerenden Ersten Weltkrieg erlebt, Deutschland hat die Kolonien verloren und in den wilden Zwanzigerjahren feiern die Menschen nach den dramatischen Jahren ausschweifend. Leserinnen und Leser der Hansen-Saga werden in »Schritt ins Licht«, das als Taschenbuch, eBook und Hörbuch erhältlich sein wird, einige bekannte Gesichter wiedersehen und erfahren, wie sich ihr weiteres Leben gestaltet hat. Es wird aber auch ganz neue Figuren geben, allen voran natürlich Amala Hansen. Somit baut die neue Saga auf der alten auf, kann aber auch ohne Bedenken unabhängig von ihr gelesen werden.

Im Mittelpunkt Ihrer erfolgreichen achtbändigen Hansen-Saga steht das zunächst hoch verschuldete Familienunternehmen der mächtigen Hamburger Kaffee-Dynastie, das von den Erben Robert, Karl und Georg gerettet werden muss. Wie entwickelt sich das Ganze?

»Die ferne Hoffnung«, der erste Teil der Hansen-Saga, beginnt mit einem Knall. Nachdem das Kontor der Hamburger Familie Hansen jahrelang Gewinne eingefahren hat, sieht es inzwischen nicht mehr besonders gut aus. Peter Hansen ist auf einen Schwindel hereingefallen, der die finanzielle Stabilität des Kontors ins Wanken bringt. Seine Söhne haben hiervon keine Ahnung. Als Peter Hansen stirbt, müssen seine Söhne Georg, Robert und Karl übernehmen. Erst jetzt erkennen sie, wie es tatsächlich um das Kontor Hansen steht. Robert Hansen fasst einen mutigen Entschluss: Er nimmt einen Kredit auf und kauft eine Farm in der deutschen Kolonie Kamerun, um im großen Stil in das Kakao-Geschäft einzusteigen, selbst zu produzieren und sich damit die hohen Kosten anderer Händler zu sparen.

In der Folge reist er gemeinsam mit seiner 14-jährigen Tochter Luise nach Kamerun …

… und beginnt mit dem Aufbau der Plantage. Die Zeit drängt, denn die Hansens brauchen schnell Geld, um ihre Schulden zu bezahlen. Luise ist klug und wissbegierig. Sie erfährt von Beginn an, was es heißt, hart zu arbeiten und zu lernen. Mit der Zeit reift sie zu einer starken Geschäftsfrau und bewahrt das Kontor Hansen mehr als einmal vor dem sicheren Ruin.

Und dann gibt es in der Hansen-Saga noch die Liebe, die manchmal zu Überraschungen führt …

Bei ihrer Ankunft in Kamerun lernt Luise den jungen Hamza kennen, der ihr das Land und die Kultur zeigt. Es kommt, wie es kommen muss, aber natürlich nicht kommen darf: Zwischen den beiden entwickelt sich mit der Zeit eine zärtliche und verbotene Liebe, die zum Scheitern verurteilt ist. Hamza schafft es nach und nach, sich durch seine Intelligenz hervorzutun. Robert Hansen ist beeindruckt von dem jungen Mann, der aus ihm geworden ist, doch was würde er denken, wenn er von der Romanze zwischen Hamza und seiner Tochter wüsste? Hamza gehört dem Stamm der Duala an, die die Felder der Plantage zum Großteil bewirtschaften. Nicht nur ist er von einem anderen Stand als Luise, alleine schon durch seine Hautfarbe kann er niemals mit Luise zusammen sein. Außerdem ist Luise bereits einem anderen Mann versprochen, was die Geschäftsbeziehungen der Familie Hansen festigen soll. Luise muss ihn heiraten und sich von Hamza entfernen, doch als sie plötzlich schwanger wird, ändert sich alles …

»Die Kinder der Hansens« setzt in den 1920er-Jahren ein. Der Erste Weltkrieg ist eben erst vorbei. Welche Herausforderungen stehen dieser Generation bevor?

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ist unglaublich interessant. So viele Umbrüche und Einschnitte sind zu dieser Zeit zu erkennen. Die Gesellschaft ist wie ohnmächtig nach dem verheerenden Krieg, der ein nie gekanntes Ausmaß an Leid und Tod verursacht hat. Allein um die 17 Millionen Tote sind insgesamt zu beklagen, traumatische Bilder, der Einsatz von Kampfgasen und der dauerhafte Beschuss haben Spuren bei den Überlebenden hinterlassen.

In »Die Kinder der Hansens« thematisieren Sie auch den Prozess der Verarbeitung des Krieges.

Stimmt. Das Bild, das sich in Deutschland manifestiert, ist vielseitig: Von vielen wird die Kriegsschuld geleugnet, andere akzeptieren sie, wollen aber die erdrückenden Reparationszahlungen nicht leisten, die die Wirtschaft in die Knie zwingt. Deutschland ist keine Kolonialmacht mehr, Arbeitslosigkeit herrscht, gleichzeitig gibt es in manchen Gewerben richtige Booms.

Die Demokratie steht auf wackligen Füßen

… die Parteienlandschaft zeigt die Unentschlossenheit der Menschen, die die Regierung lähmt und Extremismus den Weg bahnt. Die Menschen flüchten sich in Genuss und Exzess, gerade in den Varietés und Bars regieren Alkohol und Drogen. Und es blüht die Kultur auf, Theater, Musik, Film und Kunst sind auf dem Vormarsch und prägen die Gesellschaft. All den Schwierigkeiten muss sich die neue Generation der Hansens stellen. Manche mussten sich anpassen, um Arbeit zu haben, andere ziehen sogar massive Gewinne und alle müssen versuchen, ihren Platz in einer sich neu ordnenden Welt zu finden.

Was passiert mit Luises und Hamzas Kindern in Hamburg, Berlin, Wien und Philadelphia?

Die Kinder und ihre Familien sind inzwischen zerstreut. Luise und Hamza haben sich auf Hawaii niedergelassen, Amala kehrt nach Hamburg zurück, um ihre Familie kennenzulernen, und findet ihren Platz in der alten Villa der Hansens, in der Georg lebt. Sie lernt Eduard kennen, der das Spirituosengeschäft seines Vaters weiterführt und deswegen häufig im wilden Berlin unterwegs ist, wo er gute Geschäfte machen kann. In Wien hat Franz Loising mit seinem Kriegstrauma zu kämpfen und braucht Unterstützung von seinem Onkel, seiner Mutter und seiner Schwester. Und zuletzt erfahren wir, wie es Elsa und ihrer Tochter Marie ergangen ist, die in der Hansen-Saga die Flucht vor Richard angetreten und inzwischen in Philadelphia ihr Zuhause gefunden haben.

Hat es Ihnen ein Schauplatz besonders angetan?

Jeder Schauplatz hat seinen ganz eigenen Charme. Ich persönlich liebe es immer, nach Hamburg zurückzukehren, aber auch Wien, das sich zu einer echten Metropole entwickelt hat, ist interessant zu beschreiben, besonders die Stimmungen, die ich versuche wiederzugeben. Ich stelle mir Hamburg und Wien zu dieser Zeit langsamer vor, es gibt alte Familien, die früher viel Macht hatten, alles wirkt noch recht hochherrschaftlich, besonders in den Theatern. Ganz anders verhält es sich im wilden Berlin, das nach Ausschweifungen schreit. Ich liebe es, diesen Gegensatz zu beschreiben.

Bitte erzählen Sie noch etwas mehr über die Hauptakteure von »Die Kinder der Hansens«.

Eine wichtige Protagonistin ist Amala, die nach Hamburg kommt, um ihre Familie in Deutschland kennenzulernen und sich hier als Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin durchzusetzen. Doch es schlägt ihr Rassismus entgegen, immer wieder wird sie wegen ihrer dunklen Haut und den strahlend blauen Augen misstrauisch beäugt, besonders weil sie sehr gut gekleidet ist. Amala ist jedoch stur wie ihre Mutter und nicht bereit, einfach aufzugeben. Mit Fleiß und ihrem Talent gibt sie alles, um sich einen guten Ruf zu erarbeiten und ihren Kritikern zu zeigen, wozu sie fähig ist.

Was ist mit Franz Loising?

Der hat mit seinen Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg zu kämpfen. Er macht sich für den Tod seines Ziehvaters verantwortlich und leidet unter Albträumen und Depressionen, die er mit Unterstützung seiner Familie bekämpfen muss.

Und Eduard Hansen?

Eduard Hansen hat das Spirituosengeschäft seines Vaters übernommen, erwägt aber, in Hamburg zu schließen und sich ganz auf Berlin zu konzentrieren, da er hier deutlich höhere Gewinne einfährt. Er hat enorme Kosten zu stemmen, schließlich muss er die Villa seiner Mutter ebenso bezahlen wie die Lager in Hamburg und Berlin, außerdem sind einige seiner Kunden mit ihren Zahlungen arg im Rückstand. Als dann noch ein Baum die Villa seiner Mutter beschädigt, steht er vor dem Ruin. Da erhält er ein zweifelhaftes Angebot aus Berlin, dass das Geld für ihn eingetrieben würde, wenn er bei seinen Fahrten nebenbei ein wenig Kokain schmuggle.

Haben Sie eine Figur, die Ihnen nähersteht als die anderen?

Amala! Sie ist eine tolle junge Frau mit großen Träumen und lässt sich nicht davon beirren, was andere von ihr denken. Sie entwickelt eine unglaubliche Stärke, indem sie sich selbst und ihren Fähigkeiten vertraut, und ist bereit, hart zu arbeiten. Sie wächst mir immer mehr ans Herz, besonders weil ich ja bereits weiß, was noch alles auf sie zukommt. Sie ist Luises Tochter, und das merkt man.

Wie ist es mit den Kindern der Hansens und der Liebe?

Auch in dieser Reihe wird natürlich die Liebe eine wichtige Rolle spielen. Amala konzentriert sich gerade noch sehr auf ihre Karriere, doch – wie das wahrscheinlich jeder von uns kennt – geht die Liebe ihre eigenen Wege und wird bestimmt auch bald schon bei Amala zuschlagen. Eine ebenfalls sehr schöne kleine Liebesgeschichte entwickelt sich bei Helene, die nach dem frühen Tod ihrer großen Liebe Emil durch ihre kleine Pension jemanden kennenlernt, der lange nicht mehr gekannte Gefühle in ihr zum Vorschein bringt.

In der Hansen-Saga zeigen Sie Frauen wie Luise, die erfolgreich im Beruf sind und sich wegen der vielen Zeit und Energie, die sie in diesen Erfolg stecken, als Mutter unter Druck fühlen. Das ist ein ziemlich modernes Problem, oder?

In der Hansen-Saga ist in späteren Teilen ein großes Thema, dass Luise sich selbst Vorwürfe macht, nicht genug für ihre Tochter da zu sein. Die Frauen, die ich beschreibe, sind natürlich nicht dafür ausgewählt worden, ein Geschäft zu führen, ganz im Gegenteil. Richard, der eigentlich für die Nachfolge bestimmt wäre, ist jedoch faul und kümmert sich vor allem darum, dass seine eigenen Taschen gut gefüllt sind. Luise springt nur ein, um Probleme zu lösen, für die sonst niemand eine Lösung hat.

Dennoch macht sie sich Vorwürfe, ob sie nicht mehr für ihre Tochter da sein müsste.

Ich denke, dass jede berufstätige Frau das ein Stück weit nachvollziehen kann. Ich habe das Privileg gehabt, dass ich viel Zeit mit meinen Kindern verbringen und sie aufziehen konnte, da mein Mann viel gearbeitet hat. Auch hier habe ich ihn jedoch immer unterstützt. Gerade als meine Kinder ein wenig älter waren, gab es viel zu erledigen, sodass auch ich mir Vorwürfe machte, ob ich nicht noch mehr für meine Kinder da sein müsste (etwas, das sie später vehement verneinten). Ich denke, dass eine zentrale Herausforderung für Frauen ist, Kinder und Beruf in Einklang zu bringen. Glücklicherweise wird diese klassische Rollenverteilung langsam aufgeweicht, sodass es nicht mehr selbstverständlich ist, dass Frauen zu Hause bleiben und Männer arbeiten, doch die zentrale Verantwortung liegt häufig bei den Frauen – egal, ob sie sich diese selbst zuschreiben oder ob ihnen diese zugeschrieben wird. Deswegen ist es meiner Meinung nach sehr interessant, sich mit dieser Frage zu beschäftigen, gerade zu jener Zeit, in der Frauen in der Arbeitswelt einen deutlich geringeren Stand hatten und systematische Benachteiligung erfuhren.

Ist Luises Tochter Amala eine moderne Frau im Sinne ihrer Mutter?

Amala ist definitiv eine moderne Frau, allein schon, weil sie von ihren Eltern so erzogen wurde. Ihr wurden Werte wie Freiheit und Eigenständigkeit praktisch in die Wiege gelegt und über allem stand, dass sie glücklich werden und ihren eigenen Weg gehen sollte. Amala hält nicht viel von gesellschaftlichen Konventionen, besonders diejenigen, die Schwarze strukturell benachteiligen, wie es zu dieser Zeit mit der Rassentrennung der Fall war. Während sie bei sich zu Hause behütet aufwachsen kann, ist die Welt geprägt von Rassismus und Vorurteilen, sowohl in den USA als auch in Deutschland. Dennoch verfolgt Amala konsequent ihren Traum, zu schauspielern und zu tanzen.

Amala hat in New York als Tänzerin und Schauspielerin gearbeitet. Wird sie ihre Karriere fortsetzen?

Ja, nach ihrer Ausbildung an der Juilliard School konnte sie bereits kleinere Erfolge feiern, auch wenn das Theater- und Filmgeschäft hart ist, besonders für eine schwarze Frau. Weder vorher in den USA noch in Deutschland ist sie jedoch dazu bereit, von ihren Zielen abzurücken. Sie wird alles tun, um erfolgreich zu werden, egal, was es kostet.

Die Zwanzigerjahre sind ein aufregendes Jahrzehnt. Was macht sie für Sie aus?

Wie beschrieben, sind es vor allem die starken Gegensätze, die die Zwanziger für mich sehr aufregend machen. Zwischen großer Aufbruchstimmung, absolutem Exzess und konstantem Kampf um die eigene Existenz koexistieren in der Gesellschaft viele Ideen, wie die Zukunft aussehen soll. Es gibt bereits Entwürfe für Umstürze der Demokratie, von links, besonders aber von rechts. In Deutschland steht über den Zwanzigern immer der drohende Schatten dessen, was noch kommt, nämlich die Herrschaft der NSDAP, die uns in einen weiteren Weltkrieg stürzte und mit Abstand das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte kennzeichnet. Die Tendenzen zu zeigen, die zu dieser Zeit bereits zu erkennen sind, ist ebenfalls sehr interessant.
Es gibt aber noch so viele weitere Dinge: Die Arbeitslosigkeit erreicht ein hohes Level, die Inflation ist bis 1923 ein riesiges Problem und wird durch verschiedene Booms abgelöst. Viele Deutsche sehen Deutschland weiter als Weltmacht mit Kolonialansprüchen, die Realität sieht jedoch anders aus. Die Kultur bewegt sich zwischen der Sucht nach Überfluss und Drogen sowie der Etablierung des Kinos und die anschließende Verdrängung des Stummfilms durch den Tonfilm.
Es gibt so viel, über das man in dieser Zeit schreiben kann, dass ich mir wirklich nur einige Punkte aussuche und diese den Lesern näherbringe.

Sie beschreiben Orte und Begebenheiten sehr anschaulich. Woher haben Sie all das historische Wissen?

Ich recherchiere wirklich, wirklich viel. Während zu mittelalterlichen Romanen, die ich auch schon geschrieben habe, zwar Quellen existieren, diese aber eher dünn sind und meist wenig das alltägliche Leben behandeln, sondern eher besondere Gesetze, Auseinandersetzungen oder Umbrüche, es also viele weiße Flecke gibt, die von mir relativ frei gefüllt werden können, existieren in der neueren und neuesten Geschichte unendlich viele Quellen, die glücklicherweise sehr gut ausgearbeitet sind. Ein Foto kann allein schon so viel über eine Zeit aussagen wie eine ganze Abhandlung und hilft mir sehr, mich in die Stimmung einzufühlen.

Wie genau gehen Sie bei der Recherche vor?

Ich recherchiere generell zuerst recht breit, das heißt, ich fange mit der Suche im Internet an und lese grobe Zusammenhänge nach. Wikipedia ist hierfür sehr gut geeignet, solange man sich nicht völlig darauf verlässt, sondern daraufhin „echte“ Quellen sucht, die Zusammenhänge in ihrer ganzen Komplexität erfassen. Das kann über eine tolle Aufarbeitung in einer Ausstellung sein, über Filme aus der Zeit, Dokumentationen, die auf echter Forschung beruhen und ihre Quellen darlegen, und vieles Weiteres. Deshalb genieße ich es sehr, über diese Zeit zu schreiben, weil so viele Zeitzeugnisse als Primärquellen vorhanden sind, dass ich definitiv genug Material für meine Romane habe.

»Schritt ins Licht« beginnt mit einer traurigen Szene.

Ja, der Anfang hat mich selbst sofort zu Tränen gerührt, denn wir müssen uns von einer langjährig geliebten Figur verabschieden. Vorsicht SPOILER:
Luise Hansen stirbt, bevor sie ihren fünfzigsten Geburtstag feiern konnte. Dies ist der starke Beweggrund für Amala, überhaupt nach Deutschland zu gehen. Sie will der Familie die Briefe geben, die Luise während ihrer Reisen mit Hamza geschrieben hat. In diesen Briefen lebt Luise also weiter und wir erfahren, was die letzten Jahre passiert ist, bevor sie auf Hawaii sesshaft wurden.

Amala kommt zum ersten Mal nach Hamburg und sieht das Handelskontor. In welchem Zustand befindet es sich?

Das ehemals so schöne und prächtige Handelskontor Hansen steht inzwischen leer und ist in schlechtem Zustand. Hier und da sind Scheiben eingeschlagen, das Gebäude ist verwittert und sieht trostlos und verloren aus. Nichts erinnert mehr an die glorreiche Zeit, die das Kontor erlebte.

Auch die Villa besucht Amala …

Amala lernt Georg kennen, der sie herzlich begrüßt und darauf besteht, sie bei sich aufzunehmen. Er erkennt in Amala Luise wieder und freut sich, dass durch sie endlich wieder Leben in sein sonst so einsames Leben zurückkehrt. Georg ist einer der großen Leidtragenden der letzten Jahre, er hat viele geliebte Menschen verloren, musste das Kontor schließen und lebt mit seiner Haushälterin allein in der riesigen Villa. Dennoch ist er ein stolzer Mann und würde sich auf den ersten Blick nicht anmerken lassen, welche tiefe Trauer er in sich trägt.

Gleich bei ihrer Ankunft bemerkt Amala, dass ihre Hautfarbe bei den Menschen in Hamburg für Irritation sorgt. Wird das noch zu einem Problem für sie werden? Die Nationalsozialisten bereiten in den Zwanzigerjahren die Machtübernahme vor.

Natürlich wird die Hautfarbe weiterhin eine Rolle spielen. Amala wird immer wieder benachteiligt, entweder aus offensichtlich rassistischen Motiven oder einfach nur, weil die Rollen, die geschrieben werden, nicht zu der jungen Frau passen. So oder so sieht Amala sich Rassismus ausgesetzt, wird argwöhnisch oder irritiert betrachtet und angestarrt. Das wird zunehmend schwierig, je weiter wir uns auf die Machtübernahme der Nationalsozialisten zubewegen, die ja bereits zuvor immens an Einfluss gewinnen.

»Die Kinder der Hansens« ist wie bereits die Hansen-Saga auf mehrere Bände angelegt. Wissen Sie schon jetzt, was in Band 3 oder 5 passieren wird? Wie weit haben Sie Ihr Epos bereits vorausgeplant?

Ich habe die nächsten Teile bereits grob geplant beziehungsweise weiß zumindest, was für große Ereignisse noch passieren werden, die die Handlung in eine ganz bestimmte Richtung lenken werden. Die vielen kleineren Dinge, die in den Büchern passieren, plane ich teilweise von Band zu Band, teilweise aber auch gar nicht, weil ich mich selbst nicht in ein solches Korsett zwängen möchte, in dem ich nur das schreibe, was bereits geplant ist. Mir ist wichtig, dass es sich für mich richtig und natürlich anfühlt, was ich schreibe.

Woher bekommen Sie nur all die Ideen? Wie inspirieren Sie sich?

Das kann wirklich alles sein! Es klingt immer sehr klischeehaft, wenn man sagt, dass man sich von allem inspirieren lässt, aber es können die unterschiedlichsten Dinge sein, die mich zu Ideen bringen. Relativ konkret zum Beispiel eine Dokumentation über ein bestimmtes Thema oder eine tatsächlich belegte Person, was ich dann abwandle, aber auch ein Geräusch, ein Gedanke oder ein Gefühl, das ich vermitteln möchte.

Ist Neugier für Sie wichtig?

Ja. Die ist essenziell, um immer neue Ideen zu bekommen. Ich liebe zum Beispiel auch Filme, die sich mit Biografien von mehr oder weniger bekannten Personen befassen. Mir reicht dann schon ein einzelner Satz, der mich dazu bringt, eine völlig neue Idee zu haben und diese gleich aufschreiben zu wollen.

Im zweiten Schritt bespreche ich das alles mit meiner Agentin und lieben Freundin Lianne Kolf, die mir zur Seite steht, ihre Gedanken und Ideen einbringt und mit der ich quasi über eine Geschichte plaudere, als würden wir von gemeinsamen Freunden sprechen. Durch ihre Ideen bin ich meistens schon so angefixt, dass ich sofort anfangen möchte zu schreiben. Hier muss ich mich dann selbst ein wenig bremsen, weil noch andere Projekte anstehen, die schon längst ausgearbeitet sind und nur darauf warten, geschrieben zu werden.

Sie sind unglaublich produktiv. Haben Sie bestimmte Tagesabläufe oder Tricks, dank denen es Ihnen gelingt, in derart kurzer Zeit so viele Bücher zu schreiben? Wie machen Sie das nur?

Erst mal vielen Dank für das Kompliment! Ich denke, dass ich sehr gut unter Druck arbeite. Das Sprichwort „Unter Druck werden Diamanten geformt“ trifft für mich definitiv zu. Ich meine damit, dass ich mit meinen Verlagen Absprachen treffe, bis wann ich die nächsten Bücher fertig habe. Inzwischen wissen wir alle, welche Abstände zwischen den Büchern sehr gut funktionieren und ich halte mich an mein Wort. Wenn ich also weiß, dass ich in wenigen Wochen das nächste Buch fertig haben muss, dann funktioniere ich. Punkt! Das Schreiben ist zu meinem Beruf geworden, den ich wirklich von Herzen liebe. Ich kenne viele Autoren, die jedes Wort, jeden Satz, als Kunst sehen und sich deswegen auch entsprechend Zeit lassen. Ich sehe das jedoch anders. Ja, ich liebe das Schreiben. Doch am Ende des Tages ist das Schreiben ein Handwerk und eine harte Arbeit, die genauso geleistet werden muss.

Wie sieht Ihr Tagesablauf ganz konkret aus?

Ich stehe morgens zur gewöhnlichen Zeit auf, gehe vielleicht noch mit dem Hund raus und fange dann sofort an zu arbeiten (ein guter Kaffee kann dabei Wunder bewirken). Dann heißt es schreiben bis zum Umfallen. Ich habe angefangen, kurze Pausen zu machen, wenn ich das Gefühl habe, jeden Moment einzuschlafen, allerdings nicht länger als 20 Minuten, um dann wieder weiterzumachen.

Arbeiten Sie auch nachts?

Besonders in den letzten Zügen des Buches mache ich es beinahe immer so, dass ich die Nächte durcharbeite. Auch hier bin ich wirklich müde, schlafe dann aber nur wenige Stunden. Ich habe dadurch das Gefühl, dass ich ganz nah bei meinen Figuren bleibe und wirklich zu 100 Prozent im Text bin. Es mag eigenartig klingen, doch für mich fühlt sich das Schreiben an wie ein Rausch. Wenn ich dann abgegeben habe, bin ich zwar wirklich erledigt und muss mich erst mal ein wenig regenerieren, aber das ist es wert. Ich habe ganz einfach für mich festgestellt, dass ich nicht dazu fähig bin, meine fünf bis zehn Seiten pro Tag zu schreiben und dann zu den gewöhnlichen Zeiten ins Bett zu gehen.
Und dann muss ich noch sagen, dass ich von ganz vielen Seiten tolle Unterstützung bekomme. Bereits genannt habe ich Lianne Kolf, hinzu kommen meine natürlich meine Familie und meine Lektorinnen, die meine Texte so toll überarbeiten, so feinfühlig mit den Figuren sind und genau verstehen, was ich ausdrücken möchte. An dieser Stelle deswegen ein großes DANKESCHÖN!

Danke schön auch für das wirklich schöne Interview mit den vielen interessanten Fragen. Es hat sehr viel Spaß gemacht und ich hoffe, dass ich einen kleinen Einblick in meine Bücher und meine Arbeit geben konnte!


Mehr über Ellin Carsta

 


Die Hansen-Saga von Ellin Carsta (erschienen bei Tinte & Feder)

Band 1 – Ferne Hoffnung – Die Hansen-Saga
978-1-5420-4788-3, 362 Seiten, € 9,99. Jetzt bestellen

Band 2Die neue Zeit – Die Hansen-Saga
978-2-91980-154-1, 362 Seiten, € 9,99. Jetzt bestellen

Band 3 – Das bedrohte Glück – Die Hansen-Saga
978-2-91980-482-5, 280 Seiten, € 9,99. Jetzt bestellen

Band 4 – Der zerbrechliche Traum – Die Hansen-Saga
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Band 5Der mutige Weg – Die Hansen-Saga
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Band 6 –  Der nahende Sturm – Die Hansen-Saga
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Band 7 – Der leuchtende Himmel – Die Hansen-Saga
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Band 8 – Der große Aufbruch – Die Hansen-Saga
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Schritt ins Licht

 

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/simone-lilienthal/" target="_self">Simone Lilienthal</a>

Simone Lilienthal

Geboren und aufgewachsen in München, studierte Simone Lilienthal, Jahrgang 1984, in Frankfurt Deutsch und Französisch aufs Lehramt. Nach dem Referendariat entschloss sie sich aber für die Freiheit und ein Leben als Autorin. Simone Lilienthal schreibt für verschiedene Magazine und arbeitet im Café.

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