Frau Bluhm liest „Dornenthron“: 5 von 5 Blu(h)men
Was ist dran an der Geschichte der schlafenden Schönen?
Die Kaiserstadt Ycena, einst die Hauptstadt eines riesigen Kaiserreiches, liegt heute in Trümmern. Vor mehr als 300 Jahren regierte noch die Kaiserliche Familie, bis die 13 mächtigsten Zauberinnen des Landes die 15-jährige Tochter des Kaisers und alle Personen im kaiserlichen Haushalt mit einem schrecklichen Schlaffluch belegten und eine hohe Dornenhecke um den Palast wachsen ließen. Seither ist das Reich in 13 einzelne Königreiche gespalten und seine Geschichte zum Märchen reduziert. Die Bewohner der einzelnen Königreiche leiden unter der Herrschaft ihrer Regenten, Hunger und Angst herrschen vor. Boris Koch stellt drei Protagonisten in den Mittelpunkt seines düsteren Fantasy-Romans „Dornenthron“. Alle drei machen sich aus unterschiedlichen Gründen auf, um herauszufinden, was denn eigentlich dran ist, an der Geschichte der schlafenden Schönen.
Boris Koch greift das Dornröschen-Märchen auf und verwandelt es
Selbstverständlich kennen wir alle das Märchen von Dornröschen. Boris Koch aber gelingt es, die Grundidee der weltbekannten Geschichte aufzugreifen, sie abzustauben und daraus etwas vollkommen Neues zu kreieren. Bereits im Prolog baut er eine ungeheure Spannung auf, die während der gesamten Lektüre nicht abreißt. Aus drei unterschiedlichen Perspektiven nähern sich drei Helden dem verwunschenen Schloss. Auf ihrem Weg begegnen sie einigen Figuren, an die man sich vielleicht aus anderen Geschichten erinnert, doch setzt der Autor diese in einen komplett anderen inhaltlichen Zusammenhang.
Ein Müllerssohn, zwei Jugendliche und eine Duftfinderin
Müllerssohn Ukalion ist der Bastard des Königs. Als seine Verlobte vom Sohn des Königs beim Wildern erwischt und gehängt wird, macht er sich auf, die sagenumwobene Prinzessin zu wecken, um so der neue Kaiser des Landes zu werden.
Die 15-jährige Perle und ihr jüngerer Bruder Ion sollen an einen reichen Händler verkauft werden. Vorher reißen die beiden aus und landen bei einer merkwürdigen Frau im Wald, die ihnen Pfefferkuchen serviert.
Duftfinderin Tyra liegt eines Abends im Bett, als ein merkwürdiger Spielmann erscheint und ihren Sohn aus dem Haus lockt. Um ihn zu finden, begibt sie sich auf die Reise nach Ycena.
„Dornenthron“ ist sprachlich raffiniert und fantasievoll
Alle drei Parteien sind aus unterschiedlichen Motivationen auf dem Weg, um das Gleiche zu erreichen. Ergeben die Handlungsstränge bereits getrennt voneinander Sinn, so gelingt es Boris Koch sie alle zum Ende des Romans sinnvoll zusammenzuführen. Als ich auf der letzten Seite „Fortsetzung folgt“ las, hätte ich froher nicht sein können. „Dornenthron“ ist ein mit sprachlicher Finesse geschriebener und fantasievoll ausgestalteter Roman.