Beatka, die Frau des Automechanikers, ist schön wie Brigitte Bardot
Diese beiden groben, aber zutiefst liebenswerten Helden, mit denen uns Konrad Boguslaw Bach in seinem Roman „Der Wisent“ auf einen Roadtrip durch halb Europa schickt, muss man einfach liebhaben! Der eine, Andrzej, ist Bauarbeiter, der andere, Heniek, ist Automechaniker und hat eine Frau namens Beatka, die so schön ist, dass sie alle nur Brigitte Bardot nennen. Und das ist das Problem.
Unsere beiden Helden Heniek und Andrzej haben sich mit dem Leben arrangiert
Heniek und Andrzej leben in einem Kaff in Polen und man könnte nicht behaupten, dass sie über die Maßen glücklich wären; aber auch nicht über die Maßen unglücklich. Andrzej war früher ein Frauenheld, Heniek ist der solidere der beiden. Sie trinken gerne Schnaps und Bier und haben sich mit den Schwächen ihrer jeweiligen Partnerinnen, Iwona und Beatka, arrangiert.
Beatka träumt von Luxus und Schönheit und Glamour
Wäre da nur nicht Beatkas Geltungsdrang, ihr Traum von einem außergewöhnlichen Leben: von Luxus und Schönheit und Glamour. Weil Henieks Autowerkstatt nicht genügend Geld abwirft, um Beatkas Wünsche zu erfüllen, stürzt sich seine Frau in die geschäftlichen Möglichkeiten, die das Polen der Nachwendezeit plötzlich bietet. Von Reinigungsmitteln bis zu Küchenaufbewahrungssystemen gibt es keine bekanntere Direktvermarktungsfirma, deren Konzept Beatka nicht ausprobiert, um reich zu werden. Doch leider ohne Erfolg.
Nach etlichen Schönheitsoperationen setzt sie sich nach Holland ab
Als Beatka eines Tages davon erfährt, dass auf polnische Frauen in Holland das große Geld wartet, packt sie ihre Sachen und reist ab. Zurück bleibt ein verunsicherter Heniek. Dass Beatka nach einigen Monaten wiederkommt, freut ihn. Dass sie die gesamten Rücklagen seiner Firma in Schönheitsoperationen investiert – Brüste, Lippen, Lifting – verstört ihn. Aber Heniek ist ein gutmütiger Mensch. Als die Endfünfzigerin Beatka endlich schönheitsmäßig runderneuert und Heniek pleite ist, erklärt sie ihm, dass sie ihn nun verlässt.
Muss ein Mann, der seine Frau seit über 30 Jahren liebt, diese nicht zurückholen?
Sein bester Freund Andrzej findet, dass Heniek dies nicht auf sich sitzen lassen kann: Ein echter Mann muss die Frau, die er seit über dreißig Jahren liebt, zurückholen, auch wenn sie verrückt geworden und nach Holland gezogen ist. Kurzentschlossen brechen die beiden auf in Richtung Westen. Weil Heniek kein eigenes Auto mehr hat – es diente der Finanzierung der Schönheitsmaßnahmen – nehmen die beiden Helden einen teuren Mercedes, den Heniek gerade zur Reparatur in der Werkstatt stehen hat. Man wird ja in zwei, drei Tagen – samt Beatka – wieder aus Holland zurück sein. Der Besitzer des Mercedes wird gar nichts davon merken, so der Plan.
„Der Wisent“ ist ein herrlich lustiger Roadtrip zweier Antihelden
Damit beginnt eine herrlich lustige, mitunter liebenswert melancholische Reise zweier tragischer Antihelden. Heniek und Andrzej, die keine Fremdsprache beherrschen, keine Ahnung vom Reisen haben, weil sie noch nie weiter als einige Kilometer von zuhause weg waren und natürlich viel zu wenig Geld für den Trip besitzen, erleben das Abenteuer ihres Lebens und wir mit ihnen. Sie stranden in einer Nazi-Hütte im Wald, sie landen in den Betten fremder Frauen, sie lernen Hipster kennen, begegnen einem Wisent, erfrieren beinahe im Wald, sie hungern, betteln, stehlen, verlieren aber fast nie die Zuversicht, dass sie Beatka am Ende doch zurückholen werden.
Konrad Boguslaw Bachs Roman macht definitiv fröhlich
Konrad Boguslaw Bach, der in Polen geboren, aber in Hannover aufgewachsen ist, erzählt so unterhaltsam von diesen beiden alles andere als perfekten Helden und ihren Frauen, dass man weder aufhören kann zu lesen, noch zu lächeln. Mit Sinn für die unterschiedlichen Mentalitäten von Polen und Deutschen, für die Einfalt des Menschen, die schlichte Einfachheit seiner Begierden, seiner Durchtriebenheit und Träume, entwirft er Porträts, die mitunter – und im Sinne des Humors – ein wenig übertrieben, aber niemals klischeehaft sind. Seine Schreibe ist flott und rhythmisch, „Der Wisent“ ist ein Roman, der fröhlich macht. Kein Wunder, promovierte sein Verfasser doch über „Das Lachen in der Aufführung“.