Jahre mit Martha

ISBN 978-3-10-397163-7

287 Seiten

€ 24

eBook: € 12,99

Was darf Liebe? Und wie gut geht Deutschland mit seinen Einwanderern um? Martin Kordićs Roman „Jahre mit Martha“ berührt und ist dabei manchmal sogar lustig.

In „Jahre mit Martha“ erzählt Martin Kordić von der Liebe eines Jungen zu einer Professorin

Jahre mit Martha bestseller-check

Was ist Liebe und was darf sie? Wie gerecht ist Deutschland?

„Jahre mit Martha“ erzählt zwei Geschichten: die der Liebe eines jungen Mannes zu einer wesentlich älteren Professorin. Und davon, was es bedeutet, als Kind von Gastarbeitern im Deutschland der Nachwendezeit seinen Platz zu finden. Martin Kordićs Roman ist eine Lektüre, die einen nachdenklich zurücklässt, wirbelt sie doch so viele Gefühle auf, wirft sie doch so viele Fragen auf. Etwa die Frage nach dem, was Liebe ist und darf – und jene, ob wir Deutschen mit Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kamen und kommen, anders umgehen sollten, als wir dies bislang tun.

Kinder von Eltern, die irgendwann mit ihren Träumen hierherkamen

Der Erzähler formuliert es wie folgt: „Meine Geschichte will ich erzählen, weil ich glaube, dass wir uns mehr Geschichten erzählen sollten über uns in diesem Land. Möglicherweise hat mein Leben einige Überschneidungen mit den Leben anderer, die wie ich Kinder sind von Eltern, die irgendwann einmal hierherkamen und sich an nichts festhielten als an ihren Körpern und an ihren Träumen. Mir selbst will ich meine Geschichte erzählen, weil ich die Irrwege meines jungen Erwachsenenlebens in eine Dramaturgie sortieren will, die auf ein versöhnliches Ende zusteuern soll.“

Martha ist Professorin und viel älter als Jimmy

Eigentlich heißt er Željko, aber der kroatische Vorname ist im Deutschland der Nachkriegszeit kein Vorteil, und so nennt er sich Jimmy. Als Jimmy fünfzehn ist, lernt er Martha Gruber kennen, die Professorin aus Heidelberg, deren Haus Jimmys Mutter putzt. „Frau Gruber hatte echte blonde Haare. Erst dachte ich, sie habe weiße Haare. Dann aber stellte ich fest, dass es eine Mischung aus blonden und weißen Haaren war, woraus ich ableitete, dass sie nicht gefärbt sein konnten. Wie um die Echtheit ihrer Haarfarbe zu unterstreichen, hatte Frau Gruber mitten im Gesicht Sommersprossen, die mir gleich sehr gut gefielen.“

Eine Frau, wie sie Jimmy noch nie kennengelernt hat

Martha Gruber fährt, obwohl sie anscheinend wohlhabend ist, keinen Mercedes, sondern einen Volvo, was für Jimmys Vater ein „Baustellenauto“ ist. Jimmy macht regelmäßig Touren zu den Altpapiercontainern der Stadt, um sich mit Zeitungen zu versorgen, die er liest, um sich Bildung anzueignen. Frau Gruber stellt Jimmy für den Sommer als Gärtner und Hausmeister an. Er bekommt dafür zehn Mark am Tag und darf sich abends die Zeitung mitnehmen und so viele Bücher aus der Bibliothek ausleihen, wie er will.

Als Martha Grubers Mann verreist, könnte es geschehen

Frau Gruber schwimmt täglich im Pool. Jimmy beobachtet sie dabei: „Sie hatte schöne kräftige Beine und schöne kräftige Arme, aber was ich an ihrem Körper vor allem so anziehend fand, waren ihre Ohren. Nur wenn Frau Gruber nasse Haare hatte, konnte ich ihre Segelohren gut sehen.“ Als Herr Gruber mit der gemeinsamen Tochter für eine Woche nach Fuerteventura fliegt, sind Martha und Jimmy plötzlich allein. Martha nimmt Jimmy mit in die Oper. Danach fahren sie Fahrrad und schwimmen im See. Und küssen einander.

Eine Liebe, die eine besonders poetische Form der Erotik für sich erfindet

Es entsteht eine eigentümliche Beziehung zwischen den beiden. Jimmy macht Abitur, bekommt ein Stipendium und zieht nach München. Martha und er sehen sich praktisch nie, aber sie lieben einander aus der Ferne. Martin Kordić beschreibt sehr poetisch, wie sie einander schreiben und eine besondere Form der Erotik für sich finden. Jimmy arbeitet im Balkan Grill in Schwabing und wird Mitarbeiter eines umstrittenen Professors. Auf seinem Weg zum Erfolg kommt es ihm immer wieder so vor, als stünde ihm sein kroatisch klingender Name im Weg.

Wie gut ist Martin Kordićs Roman „Jahre mit Martha“?

Was wird aus dieser merkwürdigen Liebe zwischen dem jungen Mann und der Professorin? Und wird der Junge, der so sehr nach Bildung strebt, für seine Anstrengungen belohnt werden? Diese beiden Fragen sorgen dafür, dass Martin Kordićs Roman spannend bleibt bis zur letzten Seite. Dem Autor gelingen dabei immer wieder überraschende Wendungen und ganz nebenbei thematisiert er wichtige Themen wie Integration und Ausländerfeindlichkeit, die Geschichte der Einwanderer in Deutschland, die Bedeutung von Bildung und die verschiedenen Formen der Liebe. „Jahre mit Martha“ ist ein gelungener Roman, der bewegt, berührt, manchmal lustig ist und doch auch ein wenig traurig stimmt.

ISBN 978-3-10-397163-7

287 Seiten

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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