pick me girls

ISBN 978-3-462-00420-5

224 Seiten

€ 22

eBook: € 18,99

Wollen Frauen dafür gelobt werden, immer für Männer bereit zu stehen, aber nie anstrengend zu sein? Sophie Passmanns „Pick me Girls“ im kritischen Bestseller-Check.

Sophie Passmann formuliert in „Pick me Girls“ einige ziemlich problematische Aussagen

Pick me girls

Pick me Girls sind für einen Mann immer da, stehen aber nie im Weg

„Pick me Girls“ bezeichnet Mädchen oder Frauen, die „anders“ sind als andere Frauen. Sie grenzen sich von einer typisch weiblichen Verhaltensweise ab und werten sich damit auf, nicht feminin zu sein, während sie darauf hoffen, dadurch den Respekt von Männern zu erhalten und als unkompliziert und unanstrengend bezeichnet zu werden. Als eine Frau also, die dafür gelobt wird, für einen Mann immer da zu sein, aber nie im Weg zu stehen. Vor allem in den letzten Jahren hat sich dieser Begriff in den Sozialen Medien etabliert, bezeichnet dort aber häufig in einem negativen Kontext, wie Mädchen und Frauen sich gegenseitig abwerten und einander psychisch schaden können.

Sophie Passmann unterstellt, dass alle Frauen nach männlicher Anerkennung lechzen

In „Pick me Girls“ schreibt Sophie Passmann über persönliche Erlebnisse aus ihrer Kindheit und Jugend, die maßgeblich für ihre Erkrankungen, wie Depression und Essstörung, verantwortlich waren und sie in eine Rolle des „Andersseins“ gedrängt haben. Die Autorin unterstellt allen Frauen, sie seien „Pick me Girls“, die nur auf die Bestätigung ihrer männlichen Freunde aus seien und kein eigenes Leben mehr führten: „Frauen sind pick me girls, weil es einfach ist. Es ist einfacher, als sich zu überlegen, wer man eigentlich sein könnte.“ Diese und andere Verallgemeinerungen erschweren es eine differenzierte Einstellung zu ihrem Werk zu entwickeln, zumal wenn diese Vorurteile ständig wiederholt werden. Noch dazu führen sie die Abwertung der Leserinnen fort.

Wir alle haben Einfluss darauf, wie wir miteinander umgehen

Zu Beginn teilt Sophie Passmann mit, dass es sich bei „Pick me Girls“ nicht um eine Autobiographie handle und doch reiht sie dann ein Erlebnis aus ihrem Leben an das nächste und man fragt sich zwischen den Zeilen, wozu dieses Buch eigentlich gedacht ist, wenn es die intimsten Gedanken der Autorin enthält, die authentisch, nahbar und ergreifend sind, aber zu keinem klaren Ziel führen. Dann aber ist wieder völlig klar, warum Frauen und Mädchen, aber auch Männer das Buch lesen sollten: Alle sind daran beteiligt, wie man miteinander umgeht und die Ab- und Aufwertung des Gegenübers beeinflusst das Handeln und Verhalten der Beteiligten.

Sophie Passmann formuliert in „Pick me Girls“ problematische Aussagen

Einige Aussagen aus „Pick me Girls“ sind durchaus fragwürdig und problematisch. So erzählt die Autorin von ihrem 20-jährigen Ich, etwa wie sie und ihre Freundinnen in Clubs die „Aufmerksamkeit von Männern“ erregt hätten. Nun ist es aber so, dass Sophie Passmann behauptet, weniger als die anderen jungen Frauen belästigt worden zu sein und dies nimmt sie als Indikator dafür, nicht schön genug zu sein: „Ich wurde nicht sexuell belästigt und es sorgte mich.“ Schließlich habe sie sich Schönheitsoperationen unterzogen – um im Nachhinein festzustellen, dass sie nun nicht mehr sie selbst war. Ihr sei bewusst geworden, wie abhängig sie sich von männlichen Blicken gemacht hatte und ihr ganzes Leben darauf fokussiert gewesen sei, die Aufmerksamkeit von Männern zu bekommen, egal von welchen.

Sophie Passmanns Buch fehlt eine ganz entscheidende Aussage

Sophie Passmann relativiert derlei Aussagen nicht, obwohl das in genau diesem Zusammenhang wichtig wäre. Sie schreibt in ihrem Vorwort, dass sie ein Buch wie „Pick me Girls“ in ihren Teenagerjahren gebraucht hätte und immer wieder erklärt sie auch, dass „anders sein“ nichts Schlechtes ist, sondern etwas, worauf man auch stolz sein sollte. Doch trotzdem hat sie, wie es scheint, die Abhängigkeit von der Anerkennung durch das männliche Geschlecht nie aufgegeben; und so fehlen in diesem Buch schlicht die aufmunternden Worte, die Sophie Passmann an junge, zweifelnde Teenager richten sollte. Worte, die eine Aussage deutlich formulieren: dass sie doch eigentlich genug sind und sich nicht verändern sollen.

ISBN 978-3-462-00420-5

224 Seiten

€ 22

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/johanna-wimmer/" target="_self">Johanna Wimmer</a>

Johanna Wimmer

Geboren 2005 in Starnberg, interessiert sich Johanna Wimmer für Literatur und internationale Politik. 2020 veröffentlichte sie eine Kurzgeschichte in der Anthologie „Das wird man jawohl noch sagen dürfen“. In ihrem Literaturkanon müssten Brantenbergs „Die Töchter Egalias“ und Süßkinds „Der Kontrabaß“ zu finden sein.

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