Im Mittelpunkt von Malin Stehns Roman stehen zwei befreundete Familien
Die Familien Brandt und Nihlzen sind gut befreundet. Mats und Annika haben zwei Kinder, Erik und Emily. Krister und Gittan von den Nihlzens haben einen Sohn: William. Die Söhne der Familien sind beste Freunde, gehen gemeinsam aus und spielen zusammen Fußball. Aber auch die Eltern verstehen sich prima und verbringen regelmäßig Zeit zusammen. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, der das Leben aller Beteiligten grundlegend verändert und zu einem harschen Bruch zwischen den beiden Familien führt.
Ein Autounfall mit ungeklärten Hintergründen und schrecklichen Folgen
William und Erik fahren nach einer Party betrunken Auto und bauen dabei einen schweren Unfall. Während William recht glimpflich davonkommt, bleibt Erik querschnittgelähmt. Erik schweigt zu den genauen Umständen und kommt mit seinem Schicksal nicht klar. William hingegen hat eine Amnesie bezüglich des Unfallhergangs. Eriks Mutter Annika setzt alles daran, den genauen Unfallhergang zu klären und verstrickt sich in Schuldzuweisungen und Verschwörungsphantasien, was nicht nur zu einer Zerrüttung des Verhältnisses zu den Nihlzens und zu vielen anderen Freunden führt, sondern letztlich auch zur Scheidung von Mats. Annika kann mit dem Schicksalsschlag nicht umgehen, verfällt dem Alkohol und auch der Kontakt zu Emily wird immer weniger.
Eine Hochzeit, ein Todesfall und ein wiedergefundenes Gedächtnis
Als acht Jahre später die beiden Kinder William und Emily heiraten, treffen die Familien erneut aufeinander. Sie hatten die ganze Zeit über praktisch keinen Kontakt. Da sich auch die Presse angekündigt hat, lädt Emily ihre Mutter und ihren Bruder ein; dies, obwohl sie mit den beiden komplett gebrochen hat. Widerwillig folgend die beiden der Einladung und Erik deutet immer wieder Geheimnisse bezüglich des damaligen Autounfalls an. Er sagt, dass er mit der Schuld nicht mehr leben wolle. Am selben Abend ist er tot. War es ein Selbstmord oder wollte ihn jemand zum Schweigen bringen? Für letzteres spricht, dass William sein Gedächtnis zurückerlangt hat und auch die Väter Krister und Mats mehr wissen, als sie offiziell zugeben. Oder hat doch jemand ganz anderes die Finger im Spiel?
Der Roman „Nur eine Lüge“ erzeugt nervenzerreißende Spannung
Malin Stehns „Nur eine Lüge“ überzeugt durch nervenzerreißende Spannung, schockierende Familiengeheimnisse, die erst nach und nach ein rundes Ganzes ergeben sowie undurchschaubare Beziehungsgeflechte. Beim Lesen hat man stets das Gefühl, der Lösung zum Greifen nahe zu sein, nur damit eine unerwartete Wendung erneut alles verschleiert. Das hält die Spannung konstant hoch, oftmals ist sie schier nervenzerreißend, weshalb man diesen Pageturner beinahe in einem Rutsch durchlesen muss. Besonders gelungen ist der Aufbau. Hier wechseln sich Kapitel aus der Sicht einzelner Familienmitglieder sowie zeitliche Sprünge zwischen dem Autounfall und der Hochzeit ab. Dies erhöht die Spannung enorm, ermöglicht schier unaushaltbare Cliffhanger und gewährt Einblicke in die seelischen Abgründe und Psyche so manches Protagonisten.
Malin Stehns Figur der Annika ist unglaublich authentisch
Die Hauptfiguren sind authentisch und gut gezeichnet, während die Nebenfiguren blass erscheinen. Dies hängt damit zusammen, dass die gesamte Spannungskurve mit den Hauptfiguren der beiden Familien zusammenhängt und der Fokus stark auf die undurchsichtigen Beziehungen der Beteiligten untereinander gerichtet ist. Vor allem die Figur der Annika überzeugt mich. Von der Wandlung der liebenden Mutter und guten Freundin über die Suche nach dem Schuldigen bis hin zu dem nervlichen Wrack, das an der Schuldfrage beinahe zerbricht ist, unglaublich gelungen und authentisch beschrieben. Beim Lesen der ihr zugeschriebenen Kapitel hatte ich oftmals Gänsehaut und war versucht, beinahe selbst ihren paranoiden Gedankengängen zu verfallen.