Der Hipster von der traurigen Gestalt

ISBN 978-3-95614-562-9

191 Seiten

€ 20,00

eBook: € 15,99

„Der Hipster von der traurigen Gestalt“ zieht aufs Land, um die Dörfler zur Wokeness zu erziehen. Am Ende ist Daniel Gascóns Held Bürgermeister und auch sonst verwandelt.

Daniel Gascóns kleiner Roman „Der Hipster von der traurigen Gestalt“ ist unglaublich lustig und leider auch sehr wahr

Ttitelbild Der Hipster von der traurigen Gestalt

Eine heitere und intelligente Satire über die Blindheit und Arroganz mancher Städter

„Der Hipster von der traurigen Gestalt“ ist ein lustiger und intelligenter Roman, der sehr gut widerspiegelt, wie unterschiedlich Menschen auf dem Land und in der Stadt handeln und denken; wie überheblich viele Städter der Landbevölkerung mitunter entgegentreten und wie blind sie für die Errungenschaften der Dörfler oftmals sind. Im Mittelpunkt steht ein Hipster, der aus der Metropole in ein 200-Seelen-Dorf zieht, um seine Bewohner zu dem – in seinen Augen – richtigen Leben zu bekehren.

Der Hipster sieht seinen Umzug als Projekt, es geht um die Bekehrung der Dörfler

„Endlich hat mich der Bürgermeister empfangen“, heißt es auf einer der ersten Seiten. „Ich habe ihm in groben Zügen unser Projekt erläutert. Die Idee, etwas zu tun, das man im neoliberalen Jargon ein Start-up nennen könnten, aber mit dem Ziel, den organischen Zusammenhalt und die tiefe Verbundenheit aller Lebewesen untereinander sowie mit ihrer Umgebung zu stärken, ausgehend vom Respekt zwischen den Geschlechtern und Arten und einer auf kollaborativer Horizontalität gegründeten, nachhaltigen Entwicklung, die eine dynamische Wechselbeziehung zwischen Althergebrachtem und Modernem abseits der tyrannischen Triebkräfte des Spätkapitalismus, dessen operative Logik sich verheerend auf den Planeten und die Menschheit auswirke, ermöglichen könnte.“

Keine Quinoa im Dorfladen und Melken als eine Form sexueller Belästigung

So geht das in Daniel Gascóns liebenswert bösem Roman munter weiter. Der Hipster leidet, weil er im Dorfladen keine Quinoa findet und keinen Hola Coffee. Als er aus Verzweiflung bei Amazon Kaffee bestellt und dieser per Drohne geliefert wird, holen einige Dorfbewohner das unbekannte Fluggerät vom Himmel, wodurch ein Gebäude in Brand gesetzt wird. Er mag keine Schafmilch mehr trinken, weil er Melken als „eine Form sexueller Belästigung“ empfindet. Er lädt die Dorfbewohner ein zum „didaktisch-lebenspraktischen Workshop zur neuen Männlichkeit aus genderkritischer Sicht“, bei dem die Teilnehmer u.a. „die Textur männlicher Subjektivität unter Berücksichtigung der Frage der Macht als strukturierender Faktor von Männlichkeit genauer“ kennenlernen sollen. Zur ersten Sitzung kommen vier Frauen. Es ist wirklich sehr witzig.

Der Hipster durchlebt eine erstaunliche Verwandlung und wird Bürgermeister

Der Autor bedient sich ausgiebig am Vokabular der akademisch geprägten Hipster-Klasse und er ermöglicht uns herrliche Blicke durch die Brille seines tragischen Helden. Dabei wechselt Daniel Gascón immer wieder seine Art zu erzählen: Anfangs hält er sich an den Tagebuchstil, später erzählt er auch aus den Perspektiven anderer. Und er lässt seinen Helden eine Verwandlung durchlaufen, denn immer mehr versteht der Hipster, dass es gute Gründe dafür gibt, dass die Menschen auf dem Dorf so leben wie sie leben. Sein Lernprozess mündet in einem kleinen Wunder: Die Dörfler wählen den Hipster zu ihrem Bürgermeister.

Im Dorf findest du die ganze Welt im Kleinen, stellt Daniel Gascóns Held fest

„Bürgermeister einer kleinen Gemeinde zu sein, ist doch eine aufregende Sache“, stellt der Hipster fest. „In einigen wenigen Häusern, einigen wenigen Familien spiegeln sich die großen Probleme unserer Zeit. Ein Dorf ist ein Mikrokosmos. In ihm findest du das große Ganze wieder.“ Seist du Bürgermeister eines 200-Seelenn-Dorfs, verfügtest du nicht über die Mittel, die Ländern, autonomen Gemeinschaften oder großen Städten zu Gebote stehen, um von heiklen Dingen abzulenken: „eine Olympiabewerbung, ein Flüchtlingsboot, Gibraltar, ein illegales Unabhängigkeitsreferendum. Wenn es nur von dir abhängt, ein Problem zu lösen, musst du den Verhältnissen die Stirn bieten. Musst dir die Hände schmutzig machen, wie Sartre sagte, dich der wahren Politik stellen, mit ihrer ganzen Bandbreite an Grautönen, von denen in einer Fernsehansprache oder im Leitartikel einer Tageszeitung niemals die Rede sein wird.“

„Der Hipster von der traurigen Gestalt“ begegnet Greta Thunberg und wird “anders” woke

Wie der Hipster seine neue Aufgabe bewältigt, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: Er wird in dieser heiteren Satire noch allerlei Abenteuer durchstehen müssen – inklusive einer Begegnung mit Greta Thunberg und der Entführung eines Skeletts – bis er seine ganz eigene und völlig neue Art von Wokeness entwickelt haben wird. Dass solche Geschichten tatsächlich passieren, dafür ist der Verfasser dieser Zeilen nicht das abwegigste Beispiel, zog er doch selbst vor einigen Jahren von der Metropole aufs Land, um heute als Bürgermeister eines etwas größeren Dorfs ganz reale Probleme zu lösen. Als solcher möchte er die Wahrheit folgender These des literarischen Hipsters beschwören: „Es macht schon Sinn, dass es so ist, wie es ist. Du kannst nicht irgendwohin kommen und verlangen, dass alles bitte schön so zu laufen hat, wie du es dir vorstellst oder wie es sich ein Philosoph 1977 in Paris vorgestellt hat. Auch der Philosoph ist das Produkt eines bestimmten Umfelds, eines Geflechts von interagierenden Einflüssen […].“ Oder einfacher formuliert: Wer woanders hinkommt, sollte erst einmal zuhören, zusehen und Respekt zeigen, ehe er alles ändern will, was seit Jahrhunderten leidlich funktioniert.

ISBN 978-3-95614-562-9

191 Seiten

€ 20,00

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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