In Ihrem Buch „Kapitalfehler“ prophezeien sie unserem Finanz- und Wirtschaftssystem den finalen Kollaps. Sie fordern eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, bezeichnen die Politik als machtlos und fordern die Rückkehr des ehrbaren Kaufmanns.
„Nie war es wichtiger, sich um sein Vermögen aktiv zu kümmern.“
Herr Friedrich, Herr Weik, in Ihren letzten beiden Bestsellern, „Der größte Raubzug der Geschichte“ und „Der Crash ist die Lösung“ haben Sie einen Zusammenbruch der Finanzmärkte prophezeit. Aber bislang scheint alles seinen gewohnten Gang zu nehmen. Haben Sie sich geirrt?
Marc Friedrich (MF): Seien Sie doch nicht so ungeduldig. Der Crash ist doch längst im vollen Gange, aber eben in Salamitaktik. Schauen Sie mal raus: Die Welt ist voller Warnsignale. Es gibt nicht nur die Flüchtlingskrise, sondern Griechenland ist immer noch bankrott, der Euro liegt auf dem Sterbebett, England tritt lieber aus der gescheiterten EU aus und die Deutsche Bank steht mit dem Rücken zur Wand. Übrigens genau diese Entwicklung haben wir in unserem aktuellen Bestseller „Kapitalfehler“ prognostiziert. Auch für den Sparer ist der Crash schon zu spüren, denn wir haben seit dem März dieses Jahres eine Nullzinspolitik. Das ist ein historisches Notenbank-Experiment par excellence. Wir Bürger werden jetzt dafür enteignet, um die Krisenkosten zu bezahlen. Die Krisenverursacher dagegen sind nach wie vor an der Macht. Seit 2008 wurden unter dem Deckmantel der Krise Gelder in Billionenhöhe in ein marodes Finanzsystem gepumpt. Der nächste Crash wird kommen, da die Notenbanken eine Finanzmarktblase nach der anderen kreieren müssen, damit der Ball am Laufen gehalten wird.
In Ihrem neuen Buch „Kapitalfehler“ holen Sie weit aus und erklären anschaulich und grundlegend, wie Kapitalismus funktioniert. Sie zeigen sich nicht als Feinde des Kapitalismus, aber Sie legen den Finger in Wunden. Welches sind die gravierendsten Fehlentwicklungen im Kapitalismus der Gegenwart?
Matthias Weik (MW): Vor allem, dass wir keinen Kapitalismus mehr haben, sondern Planwirtschaft, ausgelöst durch die Notenbanken. Im Buch zeigen wir auf, dass der destruktive und pervertierte Finanzkapitalismus den Kapitalismus im Zuge der Deregulierung der letzten Jahrzehnte gekapert hat und seitdem gnadenlos auf Kosten der Menschen und der Natur ausquetscht. Initiiert wurde die Kaperung von der mächtigen Finanzwelt und ausgeführt durch die Politik – vor allem von Clinton, aber auch von Rot-Grün in Deutschland sowie natürlich von Reagan und Thatcher.
Seither werden einige wenige immer reicher und viele ärmer.
MW: Die Allovation von Vermögen wird beschleunigt und die Großen gefördert und die die kleinen gefordert. Nachhaltig ist dieses System nicht. Dass es nicht funktioniert, sehen wir jetzt schon an allen Ecken und Enden.
Sie zeigen aktuelle Fehlentwicklungen auf, etwa …
MF: … wieso eine Finanzmarktblase nach der anderen generiert werden muss, um das ganze System noch am Leben zu erhalten und wir erklären, wie vernünftiger Kapitalismus funktionieren kann, wenn sich jetzt etwas ändert. Wir erklären, warum der Kapitalismus aber periodisch seine Fähigkeit zu Innovation, zur Mehrung von Wohlstand und sozialer Sicherheit verliert und zu einem System mutiert, in dem nur noch die Interessen von ein paar Dutzend globalen Konzernen, einer immer kleineren Zahl von Superreichen und einer von der Realwirtschaft fast vollständig abgeschotteten Finanzelite zählen. Des Weiteren entwirren wir die Fallstricke von Regulierungen, Lenkungen und Liberalisierungen verschiedener Märkte.
Was muss sich ändern?
MW: Wir haben auf zehn Seiten in unserem Buch die Lösungen klar und deutlich formuliert und hoffen, dass sie von der Politik in Brüssel und Berlin gelesen und verstanden werden. Für die Sparer und Bürger empfehlen wir: Raus aus Papier und rein in Sachwerte.
Und für das große Ganze?
MF: Wir sind große Verfechter der freien Marktwirtschaft, aber die Vergangenheit zeigt eines überdeutlich: Dass eine Branche knallhart reguliert werden muss, weil sie zu Exzessen, Spekulationen und Krisen neigt – die Finanzbranche! Wir verlangen, dass die Finanzbranche unter eine permanente Kontrolle und Regulierung gestellt wird, die tagtäglich und antizyklisch durchzugreifen hat. Wertpapiere müssen amtlich zugelassen und vorab auf ihre Risiken geprüft werden. Auch dürften sie nur an öffentlichen Börsen gehandelt werden. Wir verlangen ein Verbot von voluminösen intransparenten Geschäft sowie den superschnellen Hochfrequenzhandel per Computer. Spekulationsgeschäfte müssen durch eine Transaktionssteuer abgebremst werden.
Noch etwas?
MW: Wir fordern ein Verbot, Aktien und Rentenpapiere leer zu handeln, also ohne sie tatsächlich zu besitzen. Wir sprechen uns für eine konsequente Trennung in Geschäfts- und Investmentbanken aus. Ferner sind wir Anhänger des Vollgeldsystems. Danach dürften die Notenbanken nicht länger den Kreditinstituten das Recht zur Geldschöpfung einräumen. Folglich würden nur so viele Kredite ausgegeben werden, wie es die Höhe der Einlagen eines Instituts erlauben.
Auch das Aufkaufprogramm der EZB halten Sie für irrsinnig.
MW: Deshalb fordern wir eine strukturierte und geordnete Auflösung des Euro, bevor er offiziell und chaotisch scheitert. Die Einführung von nationalen, souveränen Währungen nach einem neuen Bretton-Woods-Verfahren in einem neu gestrickten Geldsystem.
Sie wollen europaweit über die Zukunft der EU abstimmen lassen.
MF: Genau, und zwar, bevor weitere Länder die EU verlassen. Eine politische Union – ein Staat Europa – wird unserer Ansicht nach niemals funktionieren, dafür sind wir Europäer zu verschieden, und das ist auch gut so. Nicht in jedem Land müssen die gleichen Gesetze und Normen gelten. Wir sind starke Verfechter einer Wirtschaftsunion, aber nicht eines Staates Europa. Wir halten zudem eine Insolvenzordnung für Staaten für sinnvoll, denn auch Staaten müssen pleitegehen dürfen. Und eine weltweite Schuldenkonferenz. Nach einem Schuldenschnitt oder -erlass muss für die Krisenländer im Süden Europas ein Marshallplan implementiert werden, um die europäische Idee im Kern zu retten und den Krisenländern die Chance zu geben, eine wertschöpfende Industrie aufzubauen. Schließlich muss das Thema „Haftung der Manager“ wesentlich größer geschrieben werden. Und mit Haftung meinen wir persönliche Haftung.
Was passiert, wenn die von Ihnen geforderten Änderungen nicht eintreten?
MF: Die Ungleichheit wird weiter zunehmen bis irgendwann die Leute auf die Straße gehen. Dann wir es auf jeden Fall zum Crash kommen mit immens hohen Kollateralschaden – monetär und gesellschaftlich.
Sie schreiben sehr kritisch über Banken, Spekulanten und die anderen Spieler der Finanzwirtschaft. Was für Bankiers, Finanzmanager und Konzernlenker braucht unser Land?
MW: Wir benötigen wieder den ehrbaren Kaufmann und nicht bonigetriebene Manager dessen oberstes Gebot „maximize shareholder value“ ist. Alte, bewährte Verhaltensregeln müssen in die Finanzwelt wieder Einzug halten. Dies wären: Werte, Moral, Ethik und Anstand. Gerade weil diese für Profit und Gier über Bord geworfen wurden, war die Finanzkrise überhaupt erst möglich. Im Fokus der Finanzbranche muss der Kunde und das Wohl der Gesellschaft stehen. Denn wenn es dieser nicht gut geht, kann es langfristig auch den Finanzinstituten nicht gut gehen. Wir brauchen einander.
Wie interpretieren Sie die Rolle der Politik?
MF: Die Politik ist machtlos und hat im Zuge der Deregulierung das Monster Finanzkapitalismus von der Leine gelassen, was nicht mehr eingefangen werden kann. Alle Staaten der Welt haben Schulden und Geldgeber hierfür ist die Finanzbranche. Und wir alle wissen: Der Gläubiger bestimmt die Spielregeln und nicht der Schuldner. Solange wir diese ungesunde Abhängigkeit der Politik von der Finanzbranche nicht durchbrechen, wird sich niemals etwas ändern. Wundert sich denn niemand, dass die Finanzwelt die einzige Branche weltweit ist, die tun und lassen kann was sie will und wenn es schiefgeht, von Staaten und Steuerzahlern gerettet wird? In jeder Marktwirtschaft gehören Risiko und Haftung zusammen – das gilt jedoch nicht für die Finanzindustrie.
Lassen Sie uns noch über die ganz praktischen Auswirkungen der von Ihnen angeprangerten Kapitalfehler auf die vielen Menschen kommen: Wie sollen wir in Zukunft unser Geld anlegen, damit uns davon noch etwas bleibt?
MW: Nach wie vor sind wir große Verfechter von Sachwerten. Das Motto lautet weiterhin: Keine Schulden zu machen, raus aus Papier- und rein in Sachwerte. Investieren Sie lediglich in Dinge die Sie anfassen können und verstehen. Die meisten Kunden die zu uns in die Beratung kommen, haben Sachen im Portfolio, wo sie weder den Namen aussprechen können, noch erklären können, was das Produkt ist. Und das ist suboptimal. Nie war es essentieller sich um sein Vermögen aktiv zu kümmern. Ansonsten wird man überproportional verlieren. Und nie vergessen: Wer Schulden hat, ist niemals frei. Diversifizieren Sie ihr Vermögen. Eine schuldenfreie Immobilie ist niemals verkehrt. Erwerben Sie im Tafelgeschäft (Gold, Silber und Diamanten). Aber auch Wald, Ackerland und Wiesen sind als langfristiges Investment eine gute Sache. Die wichtigsten Investments sind jedoch Bildung, sei es die eigene, die der Kinder oder Enkelkinder und Gesundheit.
Welchen Weg schlagen Sie für Deutschland und die EU vor?
MF: Die EU hat den Warnschuss des Brexit nicht verstanden und erwidert als Antwort nur mehr von dem, was de facto eigentlich gerade abgewählt wurde. Wir müssen die Menschen wieder in den demokratischen Entscheidungsprozess mit aufnehmen und sie teilhaben lassen. Momentan ist die EU für viele ein galaktisch weit entferntes Raumschiff und leider benehmen sich dessen Insassen oftmals auch so. Wir benötigen ein starkes Europa und zwar als Wirtschaftsunion und nicht als politische Union. Die EU ist für uns nicht Europa. Der Euro wird scheitern und auch die EU wird auf Dauer nicht bestehen. Aus diesem Grunde ist es ratsam den Irrsinn jetzt kontrolliert aufzulösen bevor es in Chaos versinkt mit immensen Schäden.
Was sagen Sie zum Brexit?
MW: Wir haben nichts anderes erwartet. Dies ist nur ein weiterer Beweis, dass wir uns in einer historischen Umbruchszeit befinden. Der Brexit ist der Anfang vom Ende der EU aber auch des Euros. Die Briten haben nicht Europa abgewählt sondern den Wasserkopf der EU. Das ist ein meilenweiter Unterscheid. Und entgegen aller Ängste, die gespürt wurden, ist nichts passiert. Weder ist die Insel im Meer versunken noch sind jetzt alle arbeitslos. Das war reine Panikmache und Stimmung zu machen. Langfristig werden die Briten vom Brexit profitieren. Wenn ich Brite wäre, hätte ich auch dafür gestimmt. Warum dürfen wir eigentlich nicht über den Verbleib in der EU oder über den Euro abstimmen?
Es gibt Pläne, das Bargeld abzuschaffen. Was halten Sie davon?
MF: Das ist leider eine reale Gefahr. Schon jetzt wird der 500-Euro-Schein einbehalten und klammheimlich wurde auch der 200-Euro-Schein eingezogen. Fakt ist: Der Krieg gegen das Bargeld wird immer heftiger mit vielen prominenten Befürwortern. Wir werden Negativzinsen sehen und spätestens dann wird es Barzahlungs- und Barabhebungsbeschränkungen geben, so wie jetzt schon in vielen Ländern um uns herum. Wir dürfen aber nie vergessen: Bargeld ist Freiheit!
Haben Sie eigentlich selbst Geld angelegt? Wie?
MW: Klar! Nach wie vor stehen wir zu unseren Empfehlungen aus unserem Strategiemix aus unseren Büchern und der Honorberatung und investieren in Sachwerte wie Gold, Silber, Wald, Diamanten etc. und bald in unseren eigenen Fonds, Deutschlands erster Sachwertfonds.
Über Matthias Weik und Marc Friedrich
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