Being human

ISBN 978‑3‑351‑03970‑7

396 Seiten

€ 26

eBook: € 19,99

In seinem historischen Sachbuch „Being Human“ zeigt Lewis Dartnell, wie Genetik, Pandemien, Drogen oder Sklavenhandel ganze Staaten umwälzten.

Lewis Dartnells „Being Human“ thematisiert den Einfluss des menschlichen Körpers auf die Welthistorie

Being human buchtipp

Eine genetische Mutation war Auslöser für eine Revolution

Mit „Being Human – Wie unser Körper Weltgeschichte schrieb“ lässt der britische Professor für Wissenschaftskommunikation Lewis Dartnell historische Ereignisse in einem anderen Licht erscheinen: von der Frage, wie die Genetik das Ende einer Dynastie heraufbeschwor, eine genetische Mutation Mitauslöser für eine Revolution war, bis hin zu Wahrnehmungsfehlern, die zu einer Kriegsniederlage führten. Der Titel liegt nun in deutscher Sprache (Übersetzung: Sebastian Vogel) vor.

Blutsverwandtschaft und Bluterkrankheit

Dass die Habsburger eine Heiratspolitik gegenüber Kriegen bevorzugten, ist bekannt. Dass ihnen diese Politik auch zum Verhängnis wurde, ist für Lewis Dartnell ausschlaggebend. Die Inzucht begünstigte nicht nur frühzeitige Tode und Infertilität, sondern führte auch zum Aussterben der von Philipp II. abstammenden spanischen Linie. Die Bluterkrankheit – eine genetische Mutation, die Königin Victorias Urenkel und Sohn von Nikolaus II. Alexei Romanow erbte – machte der Zarenfamilie den Garaus. Um medizinischen Rat bittend, stellte Alexeis Mutter den Wanderprediger Rasputin am Hof ein und schürte so beim Volk Unruhen – die Russische Revolution war geboren.

Lewis Dartnell erläutert die Pragmatik hinter Polyehen

Bei Lewis Dartnell werden zudem verschiedene Gründe für Polyehen durchdekliniert: Bedingt durch die Entstehung der Landwirtschaft und damit verbundener gesellschaftlicher Hierarchien seien Polyandrie und Polygynie nicht nur Statussymbol der Reichen, sondern auch eine Strategie, die Erbfolge durch Erstgeborene zu umgehen und Erbfolgekriege zu vermeiden.

Wie der Sklavenhandel zu mehr Gleichberechtigung führte

Wie hat die menschliche Bevölkerung unsere Geschichte geprägt, fragt Lewis Dartnell außerdem und nennt folgendes Beispiel: In den vom transatlantischen Sklavenhandel am stärksten betroffenen Regionen Afrikas, wo mehr Männer gefangengenommen wurden und sich alleinstehende Frauen durchschlagen mussten, gebe es bis heute weniger häusliche Gewalt und mehr Gleichberechtigung als im Osten des Kontinents.

Pandemien hatten direkten Einfluss auf die politischen Verhältnisse

Auch ergründet Lewis Dartnell durch Pandemien bedingte demographische Shifts während der spätmittelalterlichen Pestwellen, die am Untergang des Feudalsystems beteiligt waren und in der europäischen Wirtschaft markorientiertere Bedürfnisse aufkeimen ließen. Nicht zuletzt untersucht er auch das Gelbfieber, das Ende des 16. Jahrhunderts Schottlands Souveränität von Großbritannien untergrub.

Drogenprobleme schwächten Staaten und veränderten Machtstrukturen

Faszinierend ist, wie Lewis Dartnell historische Muster entlarvt. Opium z. B. richtete nicht erst mit der Opioidkrise in den USA gesundheitliche und ökonomische Schäden an. So verlor Chinas Außenhandel im 19. Jahrhundert während der Opiumkriege an Souveränität und geriet, u. a. durch den Verlust Hongkongs, in die Abhängigkeit von Großbritannien.

Warum beharren wir Menschen auf zum Scheitern verurteilten Projekten?

Weiters interessieren den Forscher fatale Konsequenzen von Erwartungshaltungen: Wer hätte geahnt, dass die Vorurteile britischer Soldaten den eigenen Sieg im Krimkrieg 1854 vereiteln würden? Warum beharren wir auf Projekten, von denen wir früh wissen, dass sie zum Scheitern verurteilt sind, wie im Falle des Flugzeugs Concorde oder des Vietnam- und Afghanistankriegs? Warum kamen Großbritannien und Irland im Streit um Nordirland zu einer Übereinkunft, nicht aber Israel und Palästina beim Gazastreifen?

Was gibt es an Lewis Dartnells „Being Human“ zu kritisieren?

Überzeugend argumentiert Lewis Dartnell, wie die Biologie kulturelle Entwicklungen förderte, aber auch, wie sich diese Entwicklungen in unsere Gene einschrieben, indem er einen interdisziplinären Ansatz anwendet. Somit werden unscheinbare geschichtliche Parallelen evident. Polemik kann sich der Autor von „Being Human – Wie unser Körper Weltgeschichte schrieb“ aber nicht ganz verkneifen: wenn er den Konsum von Fast Food und zuckerhaltigen Getränken als steinzeitliches Überbleibsel verunglimpft, Klimawandel-Pessimisten sowie Fleisch- und Milchkonsum anprangert oder erneuerbare und CO2-neutrale Alternativen im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen propagiert. Ansonsten erwartet einen eine fundierte Lektüre.

ISBN 978‑3‑351‑03970‑7

396 Seiten

€ 26

eBook: € 19,99

Das Produkt können Sie bei einem unserer Partner* erwerben:

<a href="https://buchszene.de/redakteur/christina-janousek-2/" target="_self">Christina Janousek</a>

Christina Janousek

Geboren und aufgewachsen in Wien, studiert Christina Janousek, Jahrgang 1993, Vergleichende Literaturwissenschaft. Nachdem sie praktische Erfahrungen in Verlagen, einem Literaturverein und in einer Zeitungsredaktion sammeln konnte, hat sie ihre Liebe für das Schreiben entdeckt, mitunter auch creative writing für englischsprachige Zeitschriften. Zu ihren Interessen zählen in Vergessenheit geratene Autoren sowie moderne Interpretationen von Texten und Filmen im Theater.

Das könnte Sie auch interessieren: