
Seine beißende Ironie und sein Humor sind einzigartig
Er ist einer der großen Publizisten der Weimarer Republik und betätigte sich als gesellschaftskritischer Journalist, Schriftsteller, Lyriker, Satiriker, Liedtexter und Kritiker. Kurt Tucholsky erkannte die Bedrohung durch den Nationalsozialismus und das Erstarken der politischen Rechten früher als viele andere. Dies und die Tatsache, dass er ein vehementer Kriegsgegner war, machen ihn für unsere Gegenwart interessant. Doch auch seine beißende Ironie und sein hintersinniger Humor sind einzigartig und aktueller denn je.
„Auf tausend Straßen“ erscheint pünktlich zum 135. Geburtstag
In diesem Jahr jährt sich Kurt Tucholskys 135. Geburtstag – ein Anlass, sein Werk mit dieser von Stefanie Harjes brillant illustrierten Ausgabe neu zu entdecken. „Auf tausend Straßen“ ist eine von feiner Hand getroffene Auswahl von Prosatexten und Gedichten, die die Vielseitigkeit des Künstlers widerspiegeln. Sogar ein Auszug seines Romans „Schloss Gripsholm“ bereichert die Sammlung.
Kurt Tucholskys Alltagsbeobachtungen sind zeitlos gültig
Mal zeigt sich Kurt Tucholsky in diesen Texten heiter, mal gefühlvoll, mal pointiert und mal melancholisch. Erstaunlich ist, wie zeitlos gültig seine Alltagsbeobachtungen sind. So verliert sich im „Gebet des Zeitungslesers“ der Protagonist in der Flut der Nachrichten und aktuellen Themen – ein Zustand, den wir heute – überrollt von E-Mails, Fernsehen, Facebook, Instagram und Whatsapp – nur allzu gut nachvollziehen können.
Umwerfende Situationskomik und die Flüchtigkeit der Großstadt
Einige Texte handeln von Eltern und davon, was man seinen Kindern beibringt; wie man alles besser machen möchte als die eigenen Eltern und dabei womöglich scheitert. Mitunter wird es richtig lustig, etwa wenn Kurt Tucholsky ein Ehepaar einen Witz erzählen lässt oder andere Situationskomik gekonnt einfängt. Noch heute zutreffend sind seine Beobachtungen des „modernen“ Großstadtlebens mit seiner Flüchtigkeit, Hast und Unverbindlichkeit.
Seine Antikriegs-Texte sind leider aktueller denn je
Verstörend eindrucksvoll sind Kurt Tucholskys Antikriegs-Texte. Sie stellen unter Beweis, dass der Schriftsteller ein früher Pazifist war. Und dass Krieg vor 100 Jahren genauso schrecklich und sinnlos war wie heute. Die Länge der Texte variiert, manche füllen eine halbe Seite, manche sechs Seiten. Diese gelungene Sammlung „Auf tausend Straßen“ bietet einen beeindruckenden Überblick über Kurt Tucholskys Schaffen. Sowohl erfahrene Tucholsky-Fans, als auch Neuentdecker werden Freude an diesem Buch haben.
Die Illustratorin Stefanie Harjes lässt uns staunen
Dazu trägt nicht zuletzt auch die herausragende Illustratorin Stefanie Harjes bei. Man spürt, dass sie dieses Projekt mit Herzblut umsetzte und Kurt Tucholsky durch und durch versteht. Ihr leicht „verrückter“ Stil passt fantastisch zu Tucholsky: Sie spielt mit unterschiedlichsten Stilen und Techniken. Sie malt und fertigt Collagen, sie verarbeitet Natur- und andere Materialien. Mal ist sie beinahe karikaturesk, mal wird sie surreal, mal erstrecken sich ihre Kunstwerke über zwei Seiten, mal sind sie kleiner. Stets aber spiegeln sie die schillernde Vielseitigkeit, die raffinierte Schlichtheit und die komplexen, poetischen Formen, die wir auch an Kurt Tucholskys Texten so bestaunen.
Peter Franke, Robert Missler und Karl Menrad bringen auch „das zwischen den Zeilen“ zum Klingen
Die Hörbuchfassung von „Auf tausend Straßen“ interpretieren mit Peter Franke, Robert Missler und Karl Menrad drei Größen der Sprechkunst. Es ist eine Freude, ihnen zuzuhören, denn sie holen wirklich alles heraus, was in Kurt Tucholskys Gedichten und Prosa steckt. Sogar das, was sich zwischen den Zeilen verbirgt.