Frau Bluhm liest „Selbstmordhunde“: 3 von 5 Blu(h)men
Was, wenn die Realität plötzlich unglaublicher wird als die Fiktion?
Was passiert, wenn die Realität plötzlich unglaublicher wird, als die Fiktion? Im München der Siebzigerjahre arbeitet Heinrich als Sprecher einer beliebten Jugend-Hörspielreihe, als seine Kollegin Renate von einem Tag auf den anderen spurlos verschwindet. Zeit für die „3 Schnüffler“, auch in der realen Welt aktiv zu werden.
Drei Hörspiel-Sprecher landen in einem echten Kriminalfall
Die „3 Schnüffler“ Harold, Richard und Jeff lösen, ähnlich wie die „Fünf Freunde“ von Enid Blyton, regelmäßig knifflige Hörspiel-Fälle, bei denen die Polizei nicht weiterkommt. Im echten Leben sind die Schnüffler keineswegs kriminalistisch ambitionierte Jugendliche aus Neu-England, sondern Männer mittleren Alters aus der Münchner Innenstadt. Als aber ihre Kollegin Renate – die ein Verhältnis mit Heinrich hat – spurlos verschwindet, reißt es die Herren aus ihrem Alltag. Endlich können sie ihr Wissen aus etlichen Folgen Hörspiel auch einmal in der Realität anwenden.
Das Cover und der Klappentext von „Selbstmordhunde“ sprechen mich an
Ich hatte anfangs beim Lesen große Probleme mich im Setting von Florian Scherzers Roman „Selbstmordhunde“ zurecht zu finden. Angelockt von Cover und Klappentext des Buches, erwartete ich einen spannenden Jugend-Krimi, keinen sozial-dramatischen Science-Fiction-Roman. Der Autor versäumt hier, meiner Meinung nach, das Alter der Protagonisten früh genug bekannt zu geben. Sehr interessant und witzig hingegen finde ich den Einfall mit dem als QR-Code verfügbaren Hörspiel im Buch. Die Idee, die Hörspielreihe mit einem Roman zu verknüpfen ist innovativ.
Das, was wir für wahr halten wollen, muss nicht wahr sein
Die Story selbst ist durchaus spannend und interessant. Heinrich begibt sich auf die Suche nach Renate, wobei die Grenzen zwischen Fiktion und Realität immer mehr zu verschwimmen scheinen. Florian Scherzer zeichnet hier ein spannendes Bild davon, wie zielgerichtete Wahrnehmung funktioniert. Das, was man für wahr halten möchte, muss noch lange nicht wahr sein. Heinrich erfährt diese leider auf die harte Tour.
Florian Scherzer schafft sich mit „Selbstmordhunde“ sein eigenes Genre
Alles in allem ist „Selbstmordhunde“ ein ziemlich gewöhnungsbedürftiges Exemplar seiner Gattung, die grundsätzlich schwer zu definieren ist. Man könnte soweit gehen zu sagen, dass dieses Buch sich sein eigenes Genre schafft, was ich schon wieder beeindruckend finde.
Ein außergewöhnlicher Roman, der anders ist als erwartet
Es ist keine Frage, dass dieser Roman außergewöhnlich, interessant und dank seiner kurzen Kapitel leicht zu lesen ist. Die Frage, ob „außergewöhnlich“ gleichzusetzen ist mit „merkwürdig“, das darf sich jeder beim Lesen selbst beantworten. „Anders als erwartet“, ist wohl das Label, das ich selbst dem Buch verpassen würde: Anders als erwartet, aber durchaus lesenswert.