Paddy Clarke Ha Ha Ha-Roddy Doyle

ISBN 978-3-8337-4843-1

320 Seiten

€ 24,00

eBook: € 19,99

Selten schlüpfte ein Schriftsteller so perfekt in die Haut eines Zehnjährigen. Roddy Doyles „Paddy Clarke Ha Ha Ha“ ist ein Meisterwerk über einen Jungen im Dublin der 60er.

Roddy Doyles Roman „Paddy Clarke Ha Ha Ha“ gewann ganz zurecht den renommierten Booker Prize

Paddy Clarke Ha Ha Ha buchtipp

„Paddy Clarke Ha Ha Ha“ spielt im Dublin der 1960er Jahre

Mit seinem großartigen, mit dem Booker Prize ausgezeichneten Roman „Paddy Clarke Ha Ha Ha“, entführt uns Roddy Doyle in das Dublin der 60er Jahre. Dort, in dem fiktiven Vorort Barrytown, lebt der zehnjährige Patrick Clarke, den alle „Paddy“ nennen. Wenn Paddy nicht gerade in der Schule sitzt, macht er das, was Zehnjährige so tun: Er streift mit seinen Freunden und dem kleinen Bruder durch die Straßen und über die Felder. Er erkundet Baustellen, und natürlich machen die Jungs Unfug wie zündeln, klauen und prügeln. Sie spielen Fußball und versuchen – so gut es geht – sich die Zeit zu vertreiben. Barrytown hat nicht viel zu bieten.

Der zehnjährige Paddy hat einen faszinierend eigenen Blick auf die Welt

Dafür verfügt Paddy über ein außergewöhnliches Talent: Seine Auffassungsgabe ist geradezu unheimlich. Er beobachtet alles um sich herum sehr genau und zieht daraus kluge Schlüsse. Roddy Doyle erzählt die Geschichte aus Paddys Sicht, das ist literarisch interessant und reizvoll. Betrachten wir die Welt durch die Augen des Zehnjährigen, merken wir schnell, dass bei ihm zu Hause nicht alles rund läuft: Die Eltern streiten sich immer häufiger – und so baut sich allmählich eine beklemmende Stimmung auf. Diese steht in deutlichem Kontrast zu dem sorglosen Kinderleben, das Paddy durchaus auch hat.

Roddy Doyles junger Held erlebt Gewalt und Grenzüberschreitung

Es ist Paddys Vater, der für die Konflikte sorgt. Er ist den Kindern gegenüber gewalttätig – wie es damals in diesem Milieu wohl normal war. Aber er schlägt auch die Mutter. Paddy merkt intuitiv, dass dies eine Art Grenzüberschreitung bedeutet und bemüht sich, die Situation zu verbessern: Er bleibt im Raum, wenn es Streit gibt; er bemüht sich Konflikte zu verhindern; und er versteht gar nicht, wieso die Eltern überhaupt streiten. In seinen Augen sind beide tolle Menschen: Wieso streiten sie? Gegen Ende von „Paddy Clarke Ha Ha Ha“ möchte er sogar weglaufen, aber so weit kommt es nicht. Entwicklungen in der Familie führen dazu, dass Paddy erwachsen werden muss.

Betroffen und hingerissen folgen wir dem Jungen auf seinen Wegen

Es ist in der Tat ein großes Geschenk an alle, die gute Literatur lieben, dass der GOYA Verlag diesen fulminanten Roman, der in den 90er Jahren erstmals erschien, noch einmal neu übersetzen ließ. Fasziniert beobachten wir durch Paddys kindlich-weisen Blick, wie sich der Vorort immer mehr verändert. Betroffen, aber auch hingerissen, nehmen wir Teil an seinem Alltag und seiner Familiengeschichte.

Roddy Doyles Sprache ist klar, schnörkellos und ein wenig lakonisch

Dabei spielt Roddy Doyle seine klare, schnörkellose Sprache aus, die fast schon lakonisch anmutet, und in der eine große Kraft steckt. Es ist erstaunlich, wie es Roddy Doyle gelingt, mit so wenigen Worten so viel auszudrücken. Diese Kunstfertigkeit, die Roddy Doyle schon öfter bewiesen hat – etwa in „Love“ oder „Lächeln“, macht sich in diesem Roman besonders bemerkbar, weil der Erzähler den Blickwinkel eines Kindes einnimmt.

Die Dialoge von „Paddy Clarke Ha Ha Ha“ sind faszinierend organisch

Gleichzeitig überrascht es, dass das Kindsein in den 60ern zwar anders war als heute, dass es aber auch viele Parallelen zur Gegenwart gibt. Immer wieder geraten wir in Situationen, die wir selbst als Kind genau so erlebt oder gefühlt haben. So bekommt der Roman eine mitreißende Zeitlosigkeit. Andererseits sind auch die düsteren Themen leider sehr aktuell – Gewalt in der Familie wird heute von Kindern wohl kaum anders erlebt. Roddy Doyle schildert die Grausamkeiten, die Kinder einander antun können, ehrlich und ungekünstelt. Er fängt feine zwischenmenschliche Nuancen ein und brilliert mit gekonnten Dialogen. Allein, was dieser Schriftsteller zwischen den Zeilen erzählt, ist eine ganze Geschichte.

In der Hörbuchfassung zeigt Sprecher Stephan Schad grandioses Einfühlungsvermögen

Dass das Ganze auch als Hörbuch erscheint, ist ein mutiges Unterfangen. Denn natürlich muss die Frage im Raum stehen, ob ein Text, der die Perspektive eines Kindes einnimmt, von einem erwachsenen Sprecher interpretiert werden kann. Wir müssen festhalten: Stephan Schad löst die Aufgabe mit Bravour. Natürlich hat er keine Kinderstimme. Aber er schlüpft mit seiner Erzählstimme so geschickt in die kindliche Gedankenwelt, dass es durchwegs harmonisch klingt. Er trägt mit seiner andeutungsweise angerauten Stimme genau die Tiefe ans Ohr, die auch Roddy Doyles Text auszeichnet. Das hätte nicht jeder Sprecher so hinbekommen.

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ISBN 978-3-8337-4843-1

320 Seiten

€ 24,00

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ISBN 978-3-8337-4860-8

€ 20,00

480 Min

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/simone-lilienthal/" target="_self">Simone Lilienthal</a>

Simone Lilienthal

Geboren und aufgewachsen in München, studierte Simone Lilienthal, Jahrgang 1984, in Frankfurt Deutsch und Französisch aufs Lehramt. Nach dem Referendariat entschloss sie sich aber für die Freiheit und ein Leben als Autorin. Simone Lilienthal schreibt für verschiedene Magazine und arbeitet im Café.

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