Mutterliebe

ISBN 978-3-365-00268-1

432 Seiten

€ 13

eBook: € 9,99

Mal schreibt er allein, mal mit Co-Autorin. Sören Prescher, Autor von „Der Nachträcher schlägt zu“, verrät Spannendes über die Arbeit des Krimiautors.

Sören Prescher erzählt im Werkstattbericht faszinierend von seiner Arbeit an mehreren Krimis gleichzeitig

Titelbild Mutterliebe

Zu zweit einen Krimi zu schrieben, ist kompliziert

Einen Krimi zu schreiben, ist keine leichte Aufgabe. Anders als bei anderen Literaturgattungen kann man hier (selbst wenn man wollte) nicht einfach so darauf losschreiben, sondern muss die Handlung im Vorfeld festlegen und sich zudem überlegen, wo man welche Spur und welche falsche Fährte legt. Das allein ist schon alles andere als einfach. Vor allem weil auf dem Weg zum Ziel (= die Überführung des Täters) viel passieren kann, das man vorab so nicht auf dem Schirm hat. Da verhalten sich Figuren anders als geplant, neue Personen kommen hinzu oder als Autor fallen einem gewisse Ungereimtheiten auf, an die man zu Beginn nicht eine Sekunde gedacht hat. Dennoch sollte bei einem Kriminalroman zumindest die grobe Richtung von Anfang an feststehen, ebenso wie die Fragen, um welches Verbrechen es sich handelt und wie es aufgeklärt werden soll. Der Rest findet sich während des Schreibens der Geschichte.

Für einen Autor alleine funktioniert das relativ gut (abgesehen von all den ungeplanten externen Zwischenfällen, die einen vom Schreiben abhalten können – doch das ist ein völlig anderes Thema) – schließlich ist man sein eigener Chef und weiß selbst am besten, was man erzählen will. Komplizierter wird das Ganze, wenn man mit einem Co-Autor beziehungsweise wie in meinem Fall einer Co-Autorin schreibt. Auf einmal kümmern sich zwei kreative Köpfe um eine Story und jeder hat seine ganz eigene Vorstellung davon, wie es weitergehen soll.

Wie Silke Porath und Sören Prescher ihre Zusammenarbeit organisieren

Kennengelernt habe ich meine Co-Autorin Silke Porath vor vielen Jahren im Online-Forum der 42erAutoren. Während einer unserer zahllosen Gespräche kamen wir auf den Punkt Zusammenarbeit zu sprechen. Wir beide hatten Lust darauf und Silke zufälligerweise ein Krimi-Projekt am Start, für das sie einen Co-Autor suchte. Daraus entstand die Kurzkrimi-Sammlung „Wer mordet schon zwischen Alb- und Donau?“. Diesem Band folgten später zwei weitere; einer über die Oberlausitz und einer über die „Mörderische Sächsische Schweiz“, bevor wir uns auf die gemeinsame Romanarbeit konzentrierten.

Die Vorgehensweise dabei ist normalerweise immer die gleiche: Zunächst erstellen wir gemeinsam ein Handlungskonzept, das den Verlagen vorgelegt wird. Nachdem diese ihr grünes Licht gegeben haben, beginnt der Schreibprozess. Das ist ein bisschen wie Ping-Pong spielen. Einer von uns beiden fängt mit einer Geschichte an, schreibt ein gewisses Pensum an Seiten und schickt es dann an den anderen. Der (oder die) liest sich das Ganze durch, ändert das ab, was er (oder sie) gerne abändern würde, und setzt den Text fort. So geht das immer wieder hin und her, bis der Roman fertig ist.

Das Unvorhersehbare ist auch ein großer Nachteil dieser Arbeitsweise

Der Vorteil an seiner solchen Zusammenarbeit ist ganz einfach: Wenn ich an einem Solo-Roman arbeite, bin ich von Anfang bis Ende alleine dafür verantwortlich. Ich muss mir den Kopf zerbrechen, was die Leute sagen, warum sie von A nach B gehen und wie ich alles auflöse. Bei einer Team-Arbeit gibt es da immer noch eine zweite Person, die einen dabei unterstützt. Und die einen auf völlig neue Sichtweisen bringt. Schon sehr oft hat Silke unsere Geschichten während des Schreibens in völlig andere Richtungen gelenkt oder Aspekte einfließen lassen, die ich überhaupt nicht vorausgesehen hatte. Von solchen Dingen können die Storys nur profitieren. Außerdem bleibt das Schreiben so interessant, abwechslungsreich und bereitet gleich noch mehr Spaß.

Das Unvorhergesehene ist gleichzeitig auch ein großer Nachteil. Du denkst dir, du hast genau im Blick, was als Nächstes passiert, und dann – zack! – kommt die Co-Autorin mit einer völlig anderen Wendung daher. Dann sitzt du erst mal da und überlegst, ob du das A) gutfindest und B) wie um alles in der Welt es nun weitergehen soll. In den meisten Fällen sind die unerwarteten Wendungen tatsächlich gut und fordern dich als Autor neu heraus. Ich mag das. Schwierig wird es nur, wenn du dadurch auf einmal komplett auf dem Schlauch stehst und dir beim besten Willen keine plausible Fortsetzung einfällt. Ein, zwei Mal hatten Silke und ich dieses Problem bereits. In der Regel genügt dann ein kurzes Nachhaken beim jeweils anderen, welcher tiefere Sinn dahintersteckt und/oder wieso es überhaupt in diese Richtung ging. Bis jetzt haben wir im gemeinsamen Gespräch immer eine Lösung gefunden, mit der beide Seiten zufrieden sind. Ich sage nicht, dass es jedes Mal leicht ist, aber auch das macht den Reiz einer solchen Zusammenarbeit aus.

Manchmal muss man aufpassen, dass man nicht durcheinander kommt

Ein weiterer markanter Punkt des gemeinsamen Schreibens ist, dass es immer wieder mal Leerzeiten gibt. Also Phasen, in denen die Geschichte beim Co-Autor liegt und du darauf wartest, dass du das neue Material zugeschickt bekommst. Silke und ich schreiben meist im wöchentlichen Wechsel: Eine Woche sie, dann wieder eine Woche lang ich. Manchmal kommt es vor, dass längere Zeiten verstreichen – wegen Krankheit, Urlaub oder irgendwelcher unvorhergesehener Ereignisse. Nachhaken und Drängeln bringen da in der Regel nicht viel – außer wenn die Deadline näher rückt. Aber diesbezüglich hatten wir bislang keine Probleme.

Ich betrachte diese Zwangspause vielmehr als Gelegenheit, mich um andere Projekte zu kümmern. Beispielsweise um das Schreiben und Konzipieren von Solo-Romanen, denn trotz aller Gemeinschaftsarbeit bin ich auch froh, parallel dazu an Sachen zu arbeiten, bei denen ausschließlich ich den Ton angebe (na gut, Verlage, Lektorat und den Markt im Allgemeinen mal außer Acht gelassen). Es ist allerdings gar nicht so einfach, mit dem Kopf gleichzeitig in mehreren Geschichten verankert zu sein. Mittlerweile habe ich darin zwar eine gewisse Übung, doch selbst nach etlichen gemeinsamen Romanen kommt es noch vor, dass ich mich erst einmal wieder in die andere Handlung hineinlesen muss, um nicht völlig durcheinander zu kommen.

Der Boxerrüde Horst und die Reihe „Auf den Hund gekommen“

Wer jetzt denkt, das wäre es gewesen und man könnte den Schwierigkeitsgrad nicht erhöhen, der irrt. Noch komplizierter wird es, wenn man gleichzeitig an zwei Reihen mit relativ ähnlichem Setting schreibt. So ist es mir jahrelang ergangen (respektive geht es noch). Zuerst haben Silke und ich an der Handlung für einen humorvollen Krimi auf einem Campingplatz getüftelt und überlegt, wer von den Urlaubern am besten für die Mordermittlungen geeignet sein könnte. Wir wollten einen gutmütigen Jedermann. Jemanden wie Schrödinger, der in einem Getränkemarkt arbeitet und ständig in die unmöglichsten Situationen gerät. Für so jemanden braucht es natürlich ein passendes Gegenstück. Daraus wurde der immerhungrige Boxerrüde Horst, der Fälle wie den auf dem Campingplatz meist früher durchschaut und sein Herrchen in die richtige Richtung zu lotsen versucht. Was gar nicht so einfach ist. Dieses Konzept war ein voller Erfolg und dem „Mord mit Seeblick“ sind bisher vier weitere Bände gefolgt. Der aktuelle heißt „Mord mit Ostseebrise“ und ist im Herbst 2022 exklusiv bei Weltbild erschienen.

Einziger Augenzeuge des Mords ist ein Hund namens Felix

Kurz nach der Veröffentlichung des ersten Schrödinger-Bandes fragte mich die Hamburger Edel Verlagsgruppe, ob ich nicht für sie eine Krimi-Reihe schreiben möchte. Einzige Bedingung: Ich sollte die Rolle des im ersten Buch vorkommenden Hundes ausbauen. Ursprünglich war der Vierbeiner nämlich bloß als eine … nun ja … Randerscheinung gedacht gewesen. Als Schriftsteller freut man sich natürlich, wenn ein Verlag mit einem zusammenarbeiten möchte. Ich sagte sofort zu und versicherte, dass es keinerlei Problem wäre, die Rolle des Bundes auszuweiten. Immerhin hatte ich ja durch den gefräßigen Boxer Horst schon einige Erfahrung damit.

Wichtig war mir, dass sich die zweite Krimi-Reihe mit Hund so weit wie möglich von der anderen unterscheidet. Bei „Auf den Hund gekommen“ ist der Name daher Programm. Hauptperson ist der recht bodenständige Kripo-Kommissar Mark Richter, der mit Dominik Waldmayer einen total chaotischen neuen Partner zugewiesen bekommt. Ihr erster gemeinsamer Fall führt sie zu einer Hochzeit, auf der ein Mord geschehen ist. Einziger Augenzeuge ist ein Hund namens Felix, dem jemand als Partygag eine Kamera am Halsband befestigt hat. Als Mark denkt, es kann nicht noch kurioser werden, stellt er fest, dass kaum jemand gut auf die Tote zu sprechen war und sich sein Partner und er vor Verdächtigen mit Motiv kaum retten können.

Schrödinger und Horst stehen – anders als Mark und Felix – für Chaos

Wegen dieser zwei parallel zueinander laufenden Serien werde ich oft gefragt, was beide Reihen voneinander unterscheidet. Im Grunde genommen ist es ganz einfach: Schrödinger und Horst stehen für Chaos, Hobbyermittlungen und kein ausgelassenes Fettnäpfchen. Das ist in der Regel Spaß pur.

Bei Mark und Felix geht es … geordneter zu. Zumindest ein bisschen und soweit es mit einem Partner wie Dominik möglich ist. Immerhin sind Mark und Dominik richtige Kripo-Beamte mit offiziellem Dienstauftrag. Was natürlich nicht heißt, dass alles streng nach Vorschrift läuft. Auch Dominik hat ein Händchen dafür, sich ständig in alle möglichen absurden Situationen zu bringen. So oder so, amüsant sind beide Reihen. Wer sich selbst davon ein Bild machen möchte: In Kürze erscheint der siebten Band „Der Nachträcher schlägt zu“.

Nach fünf Hundekrimis wagte sich Sören Prescher in andere Gefilde vor

Aber noch mal zurück zum Thema Schreiben im Team. Nach fünf erfolgreichen gemeinen Hundekrimis waren Silke und ich der Meinung, uns auch mal in andere Gefilde vorzuwagen. Daraufhin haben wir – abermals exklusiv für Weltbild – ein neues Ermittlerduo erschaffen. Nun ja fast. Es handelt sich um das Ehepaar Charlotte und Peter Wachmann. Sie ist eine smarte Kriminaloberkommissarin, der keiner etwas vormachen kann. Er ist ein Lehrer an der Berufsschule, der sich eigentlich auf den anstehenden Sommerurlaub mit seiner Gattin freut. Dann bekommt diese einen neuen kniffligen Mordfall zugeteilt und er beschließt, sie heimlich bei ihrer Tätersuche zu unterstützen. Nachdem er als Lehrer allerdings nicht viel Ahnung von echter Polizeiarbeit hat, dauert es nicht lang, bis er sich in die ersten Schwierigkeiten bringt. Der erste Band der Wachmanns wird voraussichtlich „Mordsgeschäfte“ heißen und im Herbst 2023 erscheinen.

Und weil man nicht immer nur lustig sein kann, haben meine werte Co-Autorin und ich uns gleich noch eine Krimi-Reihe ausgedacht. Diesmal deutlich ernsthafter und unter dem Pseudonym Kim Selvig.

In „Mutterliebe“ steht die Gerichtsreporterin Kiki Holland im Mittelpunkt

In „Mutterliebe“, der im April 2023 bei Harper Collins erscheint, geht es um die toughe Gerichtsreporterin Kiki Holland, die über einen brisanten Justizfall berichtet und bei den Hintergrundrecherchen deutlich mehr aufdeckt, als ihr (und etlichen anderen Leuten) lieb ist. Zum Glück mussten wir die Kiki-Story und die mit dem Ermittlerehepaar nicht parallel zueinander schreiben, sondern bekamen von den Verlagen die Möglichkeit, erst am einen, dann am anderen Manuskript zu werkeln. Das hat die Arbeit ungemein erleichtert. Ein Zuckerschlecken war es trotzdem nicht, weil der Zeitplan verständlicherweise recht eng gestrickt war. Das führte dazu, dass ich schon mit der Überarbeitung des Hartmanns-Roman begann, während Silke parallel dazu noch mit dem großen Finale beschäftigt war. Wir haben quasi am Anfang und Ende gleichzeitig gefeilt.

Nun sind wir erst mal froh, diese Schreibarbeiten abgeschlossen zu haben, kümmern uns um die anstehenden Lektorate und freuen uns darauf, unsere Helden demnächst hoffentlich bald in ihre jeweils nächsten Abenteuer schicken zu können. Die unsere Helden selbstverständlich getrennt voneinander erleben, obgleich Silke und ich die Geschichten zusammenschreiben. Eine gewisse Trennung muss schließlich sein.

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Der Nachträcher schlägt zu

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Syndikat

Das Syndikat ist der Verein der deutschsprachigen Kriminalschriftsteller*innen. Gegründet 1986 zählen zu seinen Mitgliedern berühmte Autoren wie Sebastian Fitzek und Ingrid Noll. Das Syndikat organisiert jedes Jahr die CRIMINALE und vergibt bei dieser Gelegenheit den Glauser-Preis für den besten Kriminalroman.

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