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Jörg Steinleitner wollte seinem Sohn eigentlich nur eine Spielidee gegen die Langeweile und an der frischen Luft geben. Was Leonhard (10) daraus machte, war ein bisschen erschreckend. Eine Kolumne.

Ein Vater sollte sich genau überlegen, welche Spielideen er seinen Kindern empfiehlt

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Spielideen für Kinder Steinleitners Woche Kolumne

Seit wir die drei ??? für uns entdeckt haben, löste unsere Familie viele Fälle

Als Vater sollte man sich genau überlegen, was man seinen Kindern für Beschäftigungsvorschläge macht. Irgendwann im Sommer kam mein zehnjähriger Sohn Leonhard zu mir und erklärte, dass er just ein Detektivbüro eröffnet habe. Viele Eltern würde eine derartige Erklärung ihres Sprösslings womöglich in Erstaunen versetzen. Nicht so meine Frau Helena und mich. Denn seit wir vor zwei Jahren auf einer langen Autofahrt nach Danzig und Kaliningrad die drei ??? für uns entdeckt haben, hat unsere Familie zahllose Fälle gelöst.

Zunächst betätigten wir uns nur als Assistenten von Bob, Peter und Justus

Ja, uns kann man nichts mehr vormachen: Wir spüren es sofort und intuitiv, wenn Zeugen lügen; und wir haben auch keine Angst vor Gespenstern, Geistern, Monstern oder Bösewichten. Allerdings haben wir bislang stets als Assistenten von Bob Andrews, Peter Shaw und Justus Jonas gearbeitet – und eben auch eher im Hintergrund, als Hörbuch-Hörer nämlich.

Jüngst startete mein Sohn Leonhard ein eigens Detektivbüro

Dennoch war es nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand aus unserer Familie als Detektiv selbständig machen würde. Dass sich mit Leonhard unser Jüngster in dieses Start-up-Abenteuer wagt, macht mich natürlich stolz. Vielerorts wird beklagt, dass es in Deutschland an Gründergeist mangle. Hier, Bürger von Deutschland, in dieser Familie aus diesem pittoresken Dorf am See, hier ist er zuhause, der Gründergeist.

Das Start-up meines Sohns ist umso beachtlicher als er bereits einmal Pleite ging

Leonhards Unternehmensgründung ist umso beachtenswerter, als er bereits mit einem Reinigungsdienst gescheitert ist. Leonhard und drei seiner Freunde hatten seinerzeit die Firma Putz Blitz Blank ins Leben gerufen und auch bereits erste Aufträge erfolgreich erledigt: Zum Beispiel hatten sie den sogenannten „Saufwagen“ der älteren Geschwister einzelner Putz-Blitz-Blank-Partner gereinigt.

Der Kinder-Reinigungsdienst Putz Blitz Blank sah vielversprechend aus

Saufwägen dienen in unserem, was den öffentlichen Nahverkehr angeht, etwas abseits gelegenen Dorf, als Kneipenersatz. Jugendliche ab sechzehn Jahren nehmen dort alkoholische Getränke zu sich und konsumieren Tabakwaren. Das Putzen steht beim Betrieb eines Saufwagens nicht im Vordergrund. Entsprechend sah der Saufwagen bei Dienstantritt aus; und der Reinigungsdienst Putz Blitz Blank hatte mehrere Stunden zu tun. Die Putzkräfte um Leonhard berichteten hinterher von Ekel erregenden Zuständen. Dennoch war man mit dem Auftrag insgesamt zufrieden. Es lagen auch bereits weitere Anfragen vor – die Mund-zu-Mund-Propaganda ist gerade für Start-ups das effektivste Marketing-Tool. Bei Putz Blitz Blank knallten die Fanta-Korken, ein florierendes Geschäft deutete sich an.

Eine übermotivierte Kinderschützerin bereitete dem Spiel ein fieses Ende

Doch dann kam der Rückschlag: Eine überambitionierte Kinderschützerin vernichtete das Geschäftsmodell. Die Dame, die nicht aus unserem Dorf stammt, erblickte das Angebotsschild der Firma Putz Blitz Blank in unserem Kramerladen und drohte der völlig unbeteiligten Kramersfrau an, Anzeige zu erstatten. Denn schließlich sei das Kinderarbeit. Leonhard und seine Geschäftspartner waren empört. Aber Putz Blitz Blank ist nicht VW und hat von daher nicht die Substanz für jahrelange Rechtsstreitigkeiten.

Aber wahre Gründer lassen sich nicht unterkriegen

Das war im Frühling. Mein Sohn sortierte sich, und im Sommer ging es endlich weiter: Leonhard gründete, zusammen mit zwei vielversprechenden Kollegen, das bereits erwähnte Detektivbüro. Die drei Detektive haben eine Zentrale, deren Standort ich geheim halten muss, sie haben Funkgeräte, einen ausrangierten Laptop und mehrere Geheimsprachen, die sie selbst entwickelt haben. Als alles fertig war, standen sie vor einem Riesenproblem: „Papi“, sagte Leonhard betrübten Blicks, „wir haben ein super Detektivbüro.“ Ich nickte und wartete, was da wohl kommen würde. „Aber wir haben keinen Fall und Auftrag.“

Das Problem der drei Detektive ließ sich nicht von der Hand weisen

Mir leuchtete sofort ein, dass ein Detektivbüro ohne Fall und Auftrag nicht gut funktionieren kann. „Ihr braucht also einen Fall oder Auftrag“, murmelte ich nachdenklich. „Am besten sollte es einer sein, bei dem wir Geld verdienen“, fügte Leonhard noch an. Auch das verstand ich. Da erinnerte ich mich daran, wie ich kürzlich ein Bußgeld hatte bezahlen müssen, weil ich meinen TÜV-Termin verschlafen hatte. Also sagte ich: „Ihr könntet mal losziehen und im ganzen Dorf die TÜV-Plaketten der Autos überprüfen. Wenn ihr ein Auto findet, bei dem der TÜV abgelaufen ist, dann könnt ihr den Halter ansprechen und ihn fragen, ob er sich Geld sparen will, indem er euch bezahlt. Und ihr macht euer Angebot dann einfach billiger als das Bußgeld.“

Mit meinem Vorschlag an die Kinder-Detektive trat ich eine Lawine los

Als ich dies sagte, ahnte ich nicht, was ich mit dieser Idee lostreten würde – es ist ein bisschen erschreckend: Leonhards Detektivbüro hat seit Sommer sämtliche Kraftfahrzeuge, die es in unserem Dorf gibt, samt Nummernschildern, Haltern und Adressen in eine Kartei aufgenommen. Das Archiv wird immer präziser. Mittlerweile versuchen die drei Detektive sogar die Schuhgrößen der Fahrzeughalter herauszufinden. Das Gute an der Sache ist: Den Kindern war es seither nicht mehr langweilig, denn sie sind jede freie Minute draußen und sammeln Daten.

Dennoch versichere ich Ihnen: Die drei Detektive übernehmen jeden Fall

Das Schlechte: Die Idee, Fahrzeughalter, die von den Detektiven vor einem Bußgeld wegen eines abgelaufenen TÜVs bewahrt werden, könnten die Detektive mit einem angemessenen Honorar belohnen, hat sich als Irrweg erwiesen. Ja, es ist sogar noch schlimmer: Die Detektive wurden mitunter beschimpft, wenn sie einen Fahrzeughalter auf den abgelaufenen TÜV hinwiesen. Aber das ficht Leonhard und seine Partner nicht an. Das Detektivbüro steht. Falls also Sie, liebe Leserinnen und Leser, ein Problem in Ihrem Leben haben sollten: Die drei Dorf-Detektive übernehmen jeden Fall. 

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Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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