Hanna Caspians Heldin hat scheinbar alle Möglichkeiten, aber frei ist sie nicht
Sie ist die Tochter eines Eisenbahn-Tycoons und hat damit im Berlin des Jahres 1888 zumindest finanziell scheinbar unendliche Möglichkeiten. Doch persönliche Freiheit hat Felicitas Louisburg nicht. Auf dem prachtvollen Sommerball in ihrem luxuriösen Palais in Berlin Mitte soll Felicitas sich nach einem geeigneten Heiratskandidaten umsehen – denkt sie. Denn ihr Vater hat längst einen für sie ausgesucht.
Der schwerreiche Vater bahnt eine Hochzeit an, doch Felicitas will nicht
Der Sohn des Grafen wurde ausgewählt, weil dessen Vater eine mächtige Position im Reicheisenbahnamt bekleidet und Felicitas‘ Vater sich aus dieser Verbindung einen üppig honorierten Auftrag für sein eigenes Unternehmen erhofft. Doch das Schicksal und speziell die Liebe richten sich nur selten nach den Finanzplänen von Geschäftsmännern, mögen sie auch noch so erfolgreich sein. Und so lernt Felicitas just zur selben Zeit Lorenz kennen, einen jungen Fabrikantensohn, der sich für Zweiräder begeistert und mit seiner Unbeschwertheit alles infrage stellt, was Felicitas bislang für unausweichlich hielt.
Felicitas wagt heimliche Ausbrüche ins trubelige Berlin – und sie verguckt sich in einen jungen Mann
Was bleibt einer selbstbewussten jungen Frau in dieser von Konventionen bestimmten Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts? Felicitas beantwortet für sich diese Frage, indem sie Ausbrüche aus dem streng geregelten Leben im Palais wagt. Dabei unterstützt sie ihre Zofe Minna, eine Farbige aus den Kolonien, die ebenfalls auf der Suche nach ihrer persönlichen Freiheit ist. Bei ihren heimlichen Streifzügen durch das ihr unbekannte Berlin festigt sich Felicitas‘ Wille, sich nichts mehr von niemandem vorschreiben zu lassen. Vor allem will sie selbst bestimmen, wen sie heiratet – und sei es ein Bürgerlicher wir Lorenz. Doch damit provoziert sie gewaltigen familiären Gegenwind. Ob die Liebe am Ende doch gewinnt?
„Im Takt der Freiheit“ ist auch die Geschichte einer emanzipierten Frau
Die von anderen historischen Romanen wie „Gut Greifenau – Sternenwende“ bekannte Autorin erzählt mit „Im Takt der Freiheit“ nicht nur die Geschichte einer emanzipierten Frau, sie fesselt unsere Aufmerksamkeit auch mit einem spannenden Kapitel der Technikgeschichte: Denn Felicitas lebt in einer Zeit, in der das Zweirad seinen Siegeszug antritt. Diese neue Form der Mobilität revolutioniert nicht nur ganz praktisch den Alltag – das Radfahren wird auch für viele Frauen zu einem Symbol ihrer persönlichen Freiheit: Wer mobil ist, lässt sich viel schwerer bevormunden und kontrollieren.
Gerade junge Frauen durften auf keinen Fall allein das Haus verlassen
In einem Interview erläutert Hanna Caspian dazu Erstaunliches: „Frauen, zumal bürgerlichen Frauen und auch viele Adelige, durften sich damals nur in sehr eng gesteckten Grenzen bewegen“. Wenn man sich bewegen musste, dann bewegte man sich am besten in einer Kutsche, oder eventuell noch auf einem Pferd. Sich zu dem armen Fußvolk zu gesellen galt nicht als angemessen. „Aber auch an anderen Stellen waren ihren Freiheiten Grenzen gesetzt, im Grunde genommen überall. Das fing tatsächlich schon bei der simplen Bewegungsfreiheit an. Junge Frauen wurden von einer Aufpasserin begleitet, sobald sie das Haus verließen. Sie brauchten eine Begleitung, die auf sie aufpasste.“
Das brandaktuelle Thema Mobilität stellt Hanna Caspian packend dar
Hanna Caspian gelingt es mit ihrem unterhaltsamen Roman auf geschmeidige Weise, diesen epochalen technischen und gesellschaftlichen Fortschritt, den das Zweirad bedeutete, organisch in die Geschichte einzubinden. Dieser Roman über eine starke und sympathische Frau und das brandaktuelle Thema Mobilität macht wirklich Freude.
Hörprobe aus dem dazugehörigen Hörbuch: