Was ist Scham eigentlich genau und welche Bedeutung hat sie für uns?
Wir alle kennen das Gefühl, denn es lässt sich manchmal nicht vermeiden. Aber wir mögen es nicht: Scham ist das quälende Gefühl, nicht liebenswert oder „verkehrt“ zu sein. Über dieses Empfinden zu sprechen, fällt uns schwer. Wir schämen uns sogar dafür, dass wir uns schämen. Dabei wäre es so wichtig, uns mitzuteilen! Denn oftmals spielt Scham eine entscheidende Rolle, wenn wir uns einsam fühlen oder es uns nicht gut geht.
Wann Scham krank machen und welche Probleme es bringen kann
Scham kann eine gesunde Reaktion sein, wenn sie kurzzeitig auftritt und davor warnt, eine Grenze zu überschreiten. Wenn aber langfristig der innere Rückhalt fehlt und chronische Scham daraus erwächst, macht uns das krank. Häufig ist sie dann auch die Ursache für weitere Probleme wie ein geringes Selbstwertgefühl oder schnelle Erschöpfung in Gesellschaft anderer.
Gibt es etwas, wofür du dich schämst? Nicht jede(r) mag diese Frage
Für ihr Buch „Im Erdboden versinken?“ begab sich die Psychotherapeutin und studierte Theologin Ilse Sand auf die Suche. Sie nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um ihren Mitmenschen folgende Frage zu stellen: „Gibt es etwas, wofür du dich schämst?“ Viele nickten dann, wandten den Blick ab und antworteten: „Ich sage dir aber nicht, was es ist.“
Gibt es etwas an deinem Körper, das du nicht zeigen möchtest?
Andere seien durch ihre Frage zunächst verunsichert gewesen, schreibt Ilse Sand. Sie kam ihnen zu Hilfe und machte ihnen Vorschläge wie: „Gibt es etwas an deinem Körper, das du möglichst nicht zeigen möchtest? Vielleicht hast du etwas erlebt, von dem du nicht gern erzählst, oder du hast eine Eigenschaft, die du lieber verheimlichst? Eine Schwäche, von der du hoffst, dass niemand sie bemerkt?“ Daraufhin outeten sich welche. Einige reagierten auch verärgert.
Es kann befreiend wirken, die eigenen Gefühle mit anderen zu teilen
Aus ihrer Arbeitserfahrung als Pastorin aber wusste Ilse Sand, wie befreiend es sein kann, die eigenen Gefühle mit einem anderen Menschen zu teilen. So ist es auch mit der Scham: „Sobald man sie mit jemandem teilt, vollzieht sich eine überraschende und wunderbare Wandlung: Die betreffende Person atmet freier, ihr Gesicht und ihr Körper verlieren den gequälten Ausdruck und entspannen sich.“
Ilse Sands „Im Erdboden versinken?“ durchbricht den Teufelskreis
In ihrem Buch „Im Erdboden versinken? – Den Teufelskreis aus Scham und Angst durchbrechen“ beschreibt Ilse Sand in einer klaren und empathischen Art, wie Scham entsteht, warum manche Menschen ein nicht angemessenes intensives Schamerleben entwickeln und wie übertriebene Scham reduziert werden kann. Sie gibt ganz konkrete Tipps und stellt Werkzeuge zur Verfügung, die wir nutzen können, um dem Schutzschild, den wir um uns gebaut haben, Risse beizubringen, sodass Licht hereinfallen und die Dunkelheit vertreiben kann. Womit wir mehr innere Freiheit und Selbstliebe gewinnen können.