Frau Klinski, im Herzen Ihres Fantasy-Romans „Die Pläne der Trickster“ steht ein 13-jähriges Mädchen. Zoe verfügt über magische Fähigkeiten. Sie kann das Fatum lesen, das Schicksalsnetz, dass alles in unserer Welt miteinander verbindet, Ursache und Wirkung, Zukunft und Vergangenheit. Was hat Sie zu dieser Hauptfigur inspiriert?
Schon in der zweiten Klasse verlor meine Tochter Anna die Freude am Lernen, was ich unheimlich schade fand. Lernen ist ein wertvoller Teil meines Lebens. Es macht mir Spaß, Wissen zu entdecken und weiterzuentwickeln. Also hatte ich die Idee, ihr eine Geschichte zu erzählen, die zeigt, wie schön und wichtig es ist, zu lernen.
Zoe leidet unter Schulstress. Das ist relativ untypisch für einen Fantasy-Roman. Haben Sie bei diesem Charakterzug Ihrer Hauptfigur auch ganz konkret an Erlebnisse Ihrer eigenen Tochter gedacht?
Beim Schreiben hatte ich immer meine Tochter vor Augen. Annas Aussehen und viele ihrer Charakterzüge spiegeln sich in Zoe wider. Da Anna und ich uns in der Ausprägung unserer ADS ähneln, ist einiges eher autobiografisch. Das Verhalten des fiesen Neidhard zum Beispiel beruht sowohl auf Annas Mobbingerfahrungen, als auch auf meinen Erlebnissen mit gewalttätigen Mitschülern. Auch umherschweifende Gedanken während des Unterrichts haben uns beiden viel Extraarbeit eingebracht, um das Versäumte nachzuholen. Es gibt aber auch Unterschiede: Zoe zeichnet sich durch eine sensible Beobachtungsgabe und durch überlegtes Handeln aus, Eigenschaften, die ich an Anna immer bewundert habe. Ich persönlich finde mich eher in Zoes sachlichem und impulsivem Freund Felix wieder.
Zoe empfindet mehr, genau wie Ihre Tochter Anna, die wegen ihrer ADS zum Beispiel sehr sensibel auf Geräusche reagiert …
Die Wahrnehmung von Menschen mit ADS ist stark aufgefächert. Viele Eindrücke fluten das Bewusstsein und es fällt oft schwer, sie zu filtern oder zu ordnen. Auf der anderen Seite nehmen wir dadurch auch vieles wahr, was anderen entgeht, die einen stärkeren Fokus haben. Das kann lästig sein, kann aber auch bereichern. Als Zoe seltsame Dinge sieht, zweifelt sie erst einmal an sich selbst. So geht es oft auch ADS-Betroffenen, die zum Beispiel unter aufdringlichen Geräuschen leiden, während andere damit spielend zurechtkommen. Ich denke, es ist generell gut, sich selbst zu kennen und zu verstehen, warum manche Situationen übermäßig anstrengend sind – bei einer ADS ist das besonders wichtig. Zoe wird im Laufe der Geschichte an den Rand ihrer Kräfte getrieben. Ihr Körper verändert sich immer mehr, plötzlich kann sie mit den Händen hören und mit der Haut schmecken. Erst als sie die Zusammenhänge versteht, fühlt sie sich ihrem Schicksal nicht mehr hilflos ausgeliefert.
Das Außergewöhnliche an Zoe ist, dass sie diese besonderen Wahrnehmungsfähigkeiten positiv für sich nutzen kann. Ihre Tochter Anna ist eine erfolgreiche Influencerin. Kann man sagen, dass Anna – wie Zoe – Ihr ADS auch in etwas Positives verwandeln konnte?
Stärken, die mit ADS verbunden sind, wie zum Beispiel Kreativität und Offenheit für neue und unkonventionelle Ideen sind Eigenschaften, die Anna viel Freude bereiten und die ihre Arbeit als Influencerin sicherlich erleichtern. Auch kann sie sehr hartnäckig an einer Sache dranbleiben, wenn sie dafür brennt. Andere Eigenschaften, wie zum Beispiel ihre eiserne Disziplin, haben nichts mit ADS zu tun.
In „Die Pläne der Trickster“ versuchen mächtige Götter, einen wertvollen Bernstein an sich zu bringen. Warum sind alle hinter dem Aitialith her?
Die alten Götter sind nicht allmächtig. Sie besitzen nur einige wenige Kräfte. So wie der Dämon Nexus, der einst den Lauf der Dinge im Fatum festschrieb, einem Gewebe, unsichtbar für das menschliche Auge. Eines Tages stahlen Nexus’ Gehilfen, die Moiren, ein Stück des Fatums, und ihr Meister fiel in einen tiefen Schlaf. Fortan ließen sie die Götter glauben, sie selbst spinnen das Schicksal. Das Stück Fatum überdauerte die Zeit, eingebettet in einem Bernstein, dem Aitialith. In der Hoffnung Allwissenheit und somit unendliche Macht zu erlangen, versuchen die alten Götter mit allen Mitteln, den Aitialith an sich zu bringen.
Wer sind die „Moiren“ und welche Hoffnung setzen Zoe und Felix in sie?
Die Moiren sind die griechischen Schicksalsgöttinnen. Zoe und Felix glauben an ihre Macht und ihre guten Absichten. Die beiden hoffen auf Erkenntnisse über die vielen magischen und gefährlichen Ereignisse, die sie erleben. Zunächst sehen Zoe und Felix in ihnen weise Gestalten, was sich im Laufe der Geschichte als gefährlicher Irrtum herausstellt, denn die Moiren wollen verhindern, dass Zoe den Aitialith findet und das fehlende Stück wieder ins Fatum einfügt. Dazu infizieren sie Zoe mit einer lebensgefährlichen Krankheit, erreichen dadurch aber das Gegenteil. Zoe und Felix decken ein Geheimnis nach dem anderen auf. Bis zum Schluss glauben die beiden an die Macht der Moiren und hoffen, sie könnten Zoe helfen, werden aber bitter enttäuscht.
Warum heißen die „Trickster“ so?
In der Mythologie vieler Kulturen gibt es listenreiche Tölpel, die weder gut noch böse sind, die Trickster. Sie bringen mit Hilfe von Tricks die Ordnung der Welt durcheinander. In Zoes und Felix‘ Abenteuer spielen die Trickster eine große Rolle, denn ihr chaotisches, nicht besonders gut durchdachtes Handeln gibt Zoe und Felix den Raum ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
Ihr Roman weist viele mythologische und philosophische Bezüge auf. Was fasziniert Sie an diesem alten Wissen?
Vorweg sollte ich gestehen: Ich glaube an die Wissenschaft. Es ist unsere einzige Möglichkeit gesichertes Wissen zu erschaffen. Aber die Wissenschaft hat Grenzen. Es gibt vieles, das wir noch nicht wissen und einiges, das wir vielleicht nie ganz verstehen werden. Diese offenen Fragen müssen wir mit plausiblen Erklärungen beantworten, die wir aber nicht beweisen können. Für mich füllt vor allem die Philosophie die Lücke zur Wissenschaft. An der Mythologie fasziniert mich die Vorstellung, es könnte real sein, und die Frage, wie sich das mit den Naturgesetzen in Einklang bringen ließe.
Würden Sie dem zustimmen, dass „Die Pläne der Trickster“ bei aller Action auch ein Roman über Freiheit und Freundschaft ist?
In Zoe und Felix‘ Abenteuer geht es vor allem um die Kraft der Freundschaft. Nur mit Felix‘ unerschütterlichem Beistand hält sich Zoe aufrecht. Und es geht um die Freiheit, unser Leben selbst bestimmen zu können. Es ist wichtig, dass wir daran glauben, unabhängig davon, was die Wissenschaft oder der Glaube sagen. „Wie einen Raum“, sagt Zoe vor sich hin. „So stell ich mir den freien Willen vor. Darin kann ich mich frei bewegen. Je mehr ich lerne oder verstehe oder über die Dinge nachdenke, umso größer wird er, bis ich die Wände nicht mehr sehe.“
Wollen Sie Ihre Leser*innen zum Nachdenken bringen?
Wenn ich mir etwas wünschen könnte, was ich jungen Menschen mitgeben dürfte, dann wäre es: „Hört niemals auf zu fragen!“
Was sind Ihre nächsten Pläne? Werden Sie vielleicht mal einen Roman gemeinsam mit Ihrer Tochter schreiben?
Es wäre ein wundervolles Projekt zusammen mit meiner Tochter einen Roman zu schreiben. Allerdings ist sie noch mitten im Studium und auch sonst sehr eingespannt. Über Ideen haben wir aber schon das eine oder andere Mal gesprochen. Das Buch zu verfassen, hat mir sehr viel Spaß gemacht, es existiert bereits ein Konzept für einen zweiten Teil des Fantasy-Romans.
Über „Die Pläne der Trickster“:
Zoe verfügt über faszinierende magische Kräfte: Die Dreizehnjährige kann mit den Händen hören und mit der Haut schmecken. Sie sieht Seifenblasen durch Glasscheiben fliegen und Menschen, die sich in Vögel verwandeln. Doch ringt Zoe mit nächtlichen Albträumen und einer schweren Krankheit. Außerdem bringt sie der Schulstress an den Rand ihrer Kräfte. Und dann warten noch andere Herausforderungen auf sie und Felix. Mehr über „Die Pläne der Trickster“ erfahren