Frau Bluhm liest „Das Café der kleinen Wunder“: 4 von 5 Blu(h)men
Es gibt kein Leben im Konjunktiv, zu diesem Fazit kommt Nicolas Barreau in „Das Café der kleinen Wunder“
Nelly liebt es zu träumen. Meistens findet sie es sogar wesentlich schöner von etwas zu träumen, als das unnötige Risiko einzugehen etwas zu erleben. Die schönste Fantasie gilt ihrem Chef und heimlichen Traummann Jean. Doch dann wird Nelly eines Tages ziemlich unsanft aus ihrem Wolkenkuckucksheim ins regnerische Paris zurückgeholt. Die junge Frau beschließt: Die Zeit des HÄTTE ist vorbei. Tatsachen müssen her. Und so kauft sie sich kurzerhand eine viel zu teure rote Handtasche und ein Ticket nach Venedig.
Wir begleiten Nelly auf ihrer Reise nach Venedig und letztendlich auch zu sich selbst. Denn bald versteht die 25-jährige Traumtänzerin, dass sich auszumalen etwas zu tun, und es tatsächlich durchzuziehen, zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe sind.
Hätte ich mutiger sein sollen? Den ersten Schritt wagen sollen?
Mit Nelly hat uns Nicolas Barreau, der wie Nelly aus Paris kommt, eine sehr menschliche und liebenswerte Protagonistin vor die Nase gesetzt. Wer kann nicht Nellys innere Seelenqual nachvollziehen, als ihr angeblicher Seelengefährte sich plötzlich als Gegenstück einer anderen entpuppt? Das Karussell im Kopf, das nie stillsteht und all die blöden, lästigen Fragen ausspuckt: Hätte ich mutiger sein sollen? Hätte ich den ersten Schritt wagen sollen? Wäre es besser gewesen, wenn …? Doch bald erfährt Nelly: Es gibt kein Leben im Konjunktiv! Und so zieht sie los, um auf den Spuren ihrer Großmutter eigene Erinnerungen zu schaffen. Nur gut, dass sie im smarten Valentino unverhofft so einen engagierten und dabei noch schnuckeligen Fremdenführer zur Seite bekommt …
Dieser Roman wärmt einem das Herz
Es hat mir große Freunde gemacht von Nelly und ihren Irrungen und Wirrungen in Venedig zu lesen. Nicolas Barreau hat die Stadt gleichsam als wunderschöne dritte Protagonistin in die Geschichte eingewebt. Aber auch die menschlichen Exemplare sind allesamt sympathisch gezeichnet.
Für die dunkleren und kälteren Tage, die diesen Herbst noch vor uns liegen, ist dieser Roman eine willkommene Unterbrechung. Gut zu lesen an einem schummerigen Abend mit einer Tasse Tee. Oder mit einem Stück der Birnentarte von Nellys Cousine. Das Rezept dafür ist praktischerweise gleich im Buch mit abgedruckt. Denn hauptsächlich ist dieses Buch eine kleine Urlaubsreise für in die Tasche. Einmal Paris – Venedig und zurück. Und das für nur 10 Euro!