Zwei Spieler füllen die Hauptrollen in María Dueñas‘ Roman „Wenn ich jetzt nicht gehe“ aus. Der eine ist ein wohlhabender Geschäftsmann. Die andere eine so schöne wie intelligente Weingutsbesitzerin. Beide geraten in eine Abhängigkeit voneinander – nicht nur finanziell, sondern auch sonst. Mit dieser süffig erzählten Geschichte stellt María Dueñas einmal mehr unter Beweis, dass sie in einer Liga spielt mit Größen wie Isabel Allende.
Und so steht er eines Nachts am Billardtisch und spielt um sein Leben
Der verwitwete Geschäftsmann Mauro Larrea hat alles, worauf man im Mexiko des 19. Jahrhunderts stolz sein kann – ein palastartiges Anwesen in der Stadt und eine Hazienda auf dem Land. Außerdem vielversprechende Kinder, für die bereits die Einheiratung in die feinsten Kreise angebahnt ist. Obwohl als einfacher Bergmann gestartet, zählt Mauro Larrea zur Hautevolee. Doch eines Tages ereilt ihn die Katastrophe: Eine Investition in eine Kohlemine, für die er sein komplettes Hab und Gut eingesetzt hat, fällt dem Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten zum Opfer. Aus dem gemachten Mann wird über Nacht ein Bankrotteur. Plötzlich steht alles auf der Kippe, sogar die Heirat seiner geliebten Tochter. Doch Mauro beschließt, sich gegen den drohenden Absturz zu wehren. Noch ehe man in Mexiko-Stadt von seiner Pleite erfährt und gegen den entschiedenen Rat seines Buchhalters Elías Andrade verlässt er mit seinen letzten Barschaften das Land, um in Havanna sein Glück zu machen. Dort angekommen, nimmt er sofort Witterung auf. Ihm ist klar: Nur ein sehr großes Geschäft wird ihn retten. Große Geschäfte aber sind riskant. Und so steht Mauro eines Nachts an einem Billardtisch und spielt mit einem anderen Hasardeur um sein Leben.
María Dueñas verbindet erotische Spannung mit einer Geschichte von Niedergang und Aufstieg
Der Ausgang dieser Partie sei hier nicht verraten. Nur so viel: Er katapultiert Mauro von Havanna in den Süden Spaniens und an die Seite einer Frau, die so intelligent wie schön ist. Auch Soledad Montalvo, Nachfahrin einer einst wohlhabenden Familie von Weingutsbesitzern, hat alles verloren – und auch sie ist nicht bereit, sich dem Niedergang zu fügen. Mauro und Sol nehmen einander sofort als ebenbürtig wahr. Aber lassen sich ihre konträren ökonomischen Interessen auf einen Nenner bringen? Wird ihr gefährliches Spiel auffliegen? Und welche Rolle spielt Soledads britischer Ehemann?
María Dueñas gelingt es mit einer Lust am farbenprächtigen Erzählen, die an Isabel Allende erinnert, und mit seltenem Gespür für überraschende Wendungen, die Spannung bis zur letzten Seite hochzuhalten. Dabei sorgen nicht nur Mauros und Sols waghalsige Geschäfte für Spannung, sondern auch die Träume des Bergmanns: „Alles hätte er dafür gegeben, diese Nacht an Sol Montalvos Leib geschmiegt zu verbringen. Sie zu liebkosen, sich um ihre Beine zu schlingen und sich umarmen zu lassen.“ Mit Wenn ich jetzt nicht gehe kann man gut ein paar schlaflose Nächte verbringen.