Das Liebesleben menschlicher Männchen und Weibchen wechselt – darüber herrscht in der Wissenschaft Einigkeit – etwa ab dem siebenunddreißigeinhalbten Lebensjahr in eine niedrigere Frequenz. Qualitativ berichten manche Studien dagegen von einem Zugewinn, doch dies nur nebenbei. Interessanter ist der Hintergrund der abnehmenden Frequenz: Müdigkeit!
Die Wissenschaft hat festgestellt, dass menschliche Weibchen und Männchen gegen 21 Uhr (wenn die Menschenwelpen endlich die Klappe halten, weil der Schlaf sie übermannt hat) schläfrig werden. Dieses Phänomen sei dem menschlichen Liebesleben, so die Forscher, abträglich. Bei vielen Versuchsmenschen sei beobachtet worden, dass menschliche Männchen – erschöpft von Excel-Tabellen oder Meetings mit anderen Menschen – einschliefen, ehe es zu einer körperlichen Annäherung kommen konnte. Auch Weibchen zeigen diese Tendenz zunehmend, hier lassen sich die Auswirkungen der Gleichberechtigung direkt erkennen. Mit der Folge, dass in unserem Land immer weniger Menschenwelpen zur Welt gebracht werden.
Das Aussterben des Menschen steht bevor. Ein Thema, das keinen kalt lassen kann. Weshalb ich umso erleichterter bin, dass ich heute Früh bei der Lektüre der Süddeutschen Zeitung auf die Lösung für das Dilemma des menschlichen Liebeslebens stieß: Sie verbirgt sich im Buch und im Liebesleben der Grille.
Denn auch die Grille bekommt ihre Paarungszeit nicht geschenkt. Im Gegenteil: Steigt das Grillenmännchen zum Grillenweibchen ins Bett, so hat es stets eine glibberige, proteinreiche Kugel dabei, die es dem Weibchen kredenzt. Die Proteinkugel haftet an einer Art Spermienbehälter, den das Männchen bei der Paarung an die Geschlechtsöffnung des Weibchens klebt, so steht es in der Zeitung. Je größer das Geschenk ist, umso länger frisst das Weibchen und umso länger behält es die Spermien.
Nun ist es so, dass meinen Erfahrungen nach (Sie mögen diesbezüglich anderes erlebt haben) menschliche Weibchen nicht stimuliert darauf reagieren, wenn man ihnen glibberige, proteinreiche Kugeln an ihre Geschlechtsöffnungen klebt. Im Gegenteil reagieren sie auf derartige Liebeszuwendungen mit Ablehnung. Kein Wunder: Die Intelligenz eines Menschenweibchens ragt weit über die eines Grillenweibchens hinaus. Mit Eiweißgeschlabber braucht man denen nicht zu kommen! Sondern?
Man muss ihnen Bücher ans Bett bringen. Spannende Bücher, unterhaltsame Bücher, interessante Bücher!
Diese Bücher sorgen nicht nur für eine fröhlich-poetische Liebesstimmung und binden die Aufmerksamkeit der Weibchen, nein, sie halten sie auch wach. Denn – dies ist die Essenz des zweiten Berichts, von dem ich heute Kenntnis nahm: Ein fesselndes Buch ist laut einer repräsentativen Umfrage das beliebteste Mittel menschlicher Weibchen und Männchen, um sich abends am Einschlafen zu hindern. Wie nun kommt ein menschliches Männchen an fesselnde Bücher, die sein Weibchen am Einschlafen zu hindern? Eine von vielen Männchen genutzte Methode ist der Besuch einer Buchhandlung. Andere nehmen sogar die Strapazen weiter Reisen auf sich, um auf einer sogenannten „Buchmesse“ die allerneuesten Neuerscheinungen kennenzulernen. Was menschliche Männchen und Weibchen nicht alles für das Liebesleben tun!
P.S.: Derzeit findet wieder eine sogenannte „Buchmesse“ statt. Tausende Weibchen und Männchen finden sich dort zu dem ein und selben Zweck ein – der Entdeckung fesselnder Bücher. Was für ein wunderbares Schauspiel der Natur!