ISBN 978-3-8392-2610-0

309 Seiten

€ 12,00

Was ist eine Anthologie? Wie genau entstand die Krimi-Anthologie „Mords-Töwerland“? Herausgeberin Angela Esser verrät Spannendes über die Zusammenarbeit mit Gisa Pauly und anderen Autor*innen.

Angela Esser war als Stipendiatin auf Juist und verliebte sich in die Insel

Titelbild Mords-Töwerland

©Stefan Bernsmann shutterstock-ID 1065529883

Das SYNDIKATs-Mitglied Angela Esser verrät, wie ihre aktuelle Krimi-Anthologie MORDS-TÖWERLAND entstanden ist

„Ich habe eine Anthologie herausgegeben.“

„Antho … was?“

„Eine Anthologie.“

„Was ist das denn?“

Na, dann gehen wir doch einmal gemeinsam auf Spurensuche!

Wo Schiller draufsteht, ist auch Schiller drin …

Bei einem Roman oder Sachbuch ist die Sachlage schnell nachvollziehbar. Der Name eines Autors oder einer Autorin – manchmal auch eines Autorenduos/-trios – steht auf dem Cover, die Urheberschaft des Textes ist somit auf den ersten Blick ersichtlich.

Bei einer Anthologie hingegen ist es ein bisschen anders.

Hier handelt es sich um eine Sammlung ausgewählter Texte

  • (in der Regel von) verschiedener AutorInnen

  • zu einem bestimmten Thema,

  • die von einem Herausgeber oder einer Herausgeberin zusammengestellt und verantwortet werden.

Doch woher stammt eigentlich das Wort Anthologie und was bedeutet es?

Das Wort ‚Anthologie’ hat seinen Ursprung in dem griechischen Wort ἀνθολογία (anthología, anthos = Blume/legein = lesen, sammeln, sprechen) und wurde in Deutschland erstmals von Friedrich Schiller für seinen 1781 erschienenen Gedichtband verwendet. Anthologie wird demnach mit ‘Sammlung von Blumen’ oder auch ‘Blütenlese’ übersetzt, um die als hochwertig oder musterhaft eingeschätzte Textauswahl zum Ausdruck zu bringen.

Eine ‘Sammlung von Blumen’

Eine ‘Sammlung von Blumen’, das ist sie in meinen Augen wirklich, die Krimi-Anthologie „Mords-Töwerland“, die im April 2020 beim Gmeiner Verlag erschienen ist. Jede einzelne Geschichte ist eine phantasievolle Blume, die sich mit den anderen zu einem einzigartigen kriminell-guten Strauß vereint.

Von unheimlich über humorvoll bis tragisch. Alles ist dabei, … und der Tatort ist immer die traumhafte Insel Juist, die von den Einheimischen liebevoll und nicht umsonst Töwerland – Zauberland – genannt wird. Doch zurück. Wie fing denn alles an?

Bei Anruf Mord

Ende 2018 rief ich beim Gmeiner Verlag an, um dies und das zu besprechen und im Laufe des Gesprächs redeten wir auch über mein Krimistipendium auf Juist. Spaßeshalber machte ich irgendwann die Bemerkung, dass eine Juist-Anthologie doch auch mal eine spannende Sache wäre. Viel weiter kam ich nicht, denn dann war ich schon mit der Cheflektorin verbunden und nach weiteren zehn Minuten hatten wir gemeinsam das Projekt nicht nur besprochen, sondern auch ‘eingetütet’. Der Titel „Mords-Töwerland“ stand schnell fest, ebenso der Abgabe- und Erscheinungstermin, sowie die Voraussetzung für die Auswahl der Autor*innen. Es sollten alle ehemalige Juister Krimistipendiaten gewesen sein, da sie somit die Insel genau kannten.

Die ‘Auftrags-KillerInnen’

Als Herausgeberin habe ich die ausgewählten AutorInnen angefragt, ob sie einen Kurzkrimi für „Mords-Töwerland“ schreiben würden und … fast ausnahmslos Zusagen erhalten. Denn nicht nur ich habe mich in meiner Zeit auf Juist in die Insel verliebt, sondern auch die angesprochenen Autor*innen. Die wenigen, die mir aus Termingründen absagen mussten, haben es sehr bedauert, nicht mit dabei sein zu können. Jetzt hieß es warten, denn die Geschichten mussten ja erst einmal im Kopf enstehen, um dann auf Papier gebracht zu werden. Und wie sie enstehen, da lasse ich einfach am besten ein paar der Autor*innen der Anthologie zu Wort kommen.

Nadine Buranaseda

Ich bin am Menschen interessiert. Die Idee zu „Jenny ist live“ lag daher irgendwie auf der Hand, denn ich sehe den Umgang mit den sozialen Medien als Phänomen unserer Zeit kritisch. In der Geschichte geht es um Einsamkeit, Erfahrungen aus zweiter Hand und den Versuch, der eigenen Bedeutungslosigkeit zu entfliehen. Dazu habe ich mich bemüht, die passende Form zu wählen – einen YouTube-Livestream. Trotz aller Ernsthaftigkeit des Themas haben mir als Autorin und Lektorin die Schreibfehler in den Chatkommentaren am meisten Spaß gemacht.

Su Turhan

„Juist sehen und sterben“ entstand dank eines Lächelns. Das der einzigen Inselpolizistin, die ich als Schauspielerin der Theatergruppe ‚Antjemöh’ bei Proben kennenlernen durfte. Nach dem Gespräch mit Tanja Krüger über ihre Arbeit auf Juist, wusste ich, dass sie die Heldin meiner Kurzgeschichte sein würde. Doch was erzählen? Ich komme bei Spaziergängen nicht auf Ideen. Dazu brauche ich meine Tastatur. Auf Juist war’s anders. Auf Juist spricht der Wind mit dir. Das Rotorengeräusch eines landenden Hubschraubers hat mich zum Showdown inspiriert. Doch mit einer Idee allein ist nichts erreicht. Lange nicht. Kurzgeschichten widme ich viel Zeit und Zuwendung.

Tatjana Kruse

Neben mir will man im Café nicht sitzen: Ich lausche nämlich! Meine Inselbesuche verbringe ich größtenteils ausnahmslos im Lütje Teehuus – nach dem Strand mein liebster Ort auf Juist –, trinke Ostfriesentee und esse mich durch die Karte – und genau dabei habe ich einmal zwei Herren zugehört, von denen einer sich mit seinen rekordreifen Eroberungen brüstete. Zack – stand mir der Plot vor Augen! Danke, unbekannter Frauenflüsterer!

Sandra Lüpkes

Auf Juist werde ich zur Mikrokosmonautin, bewege mich zwischen dem Gestern und dem Heute – also habe ich große Lust, mich auch mal mit dem, was da noch kommen mag, zu beschäftigen … 

Gunnar Kunz

Bevor ich nach Juist kam, wusste ich nicht mal, dass so etwas wie eine Windharfe überhaupt existiert, war aber sofort fasziniert davon. Der Klang hat etwas Unwirkliches, Jenseitiges, finde ich. Und nur diejenigen, die reinen Herzens sind, können den Gesang der Windharfe verstehen. Oder?

Gisa Pauly

Juist ist für mich Schiffchenteich, seit ich mit meinem Enkel auf der Insel war und dort viele Schiffchen vor dem Versenken rettete. Ein Mord konnte deshalb nur dort geschehen.

Christiane Franke

Als waschechte Friesendeern habe ich die Liebe zu den Ostfriesischen Inseln und insbesondere zum Töwerland Juist quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Bei einem meiner zahlreichen Aufenthalte auf der Insel erfuhr ich, dass es gar nicht so einfach ist, Wattführer zu werden und sofort war meine Neugierde geweckt. Herausgekommen aus den darauf folgenden Recherchen ist der heitere Kurzkrimi: „Zwei Fliegen mit einer Klappe“.

Susanne Kliem und Anja Feldhorst

Juist ist ein Sehnsuchtsort, nicht nur für Autor*innen. Auch die meisten Touristen sind Stammgäste, sie lieben die Weite, die Stille. In unserem Kurzkimi wollten wir die Reizunterflutung ein bisschen auf die Schippe nehmen. Mit einer blutjungen Kellnerin mit zu viel Phantasie, die sich fürchterlich langweilt auf der Insel – und überall das große Verbrechen wittert!

Peter Godazgar

Die Insel versprüht eine regelrechte Magie der Entschleunigung. Was sicher auch an der Abwesenheit von Autos liegt. Ich denke oft und gerne an die Tage auf der Insel und finde bis auf den heutigen Tag ab und zu ein Juister Sandkorn in meiner Tasche. Über die Geschichte für „Mords-Töwerland“ musste ich nicht lange nachdenken, die Sandkörner haben mir eine ganz unglaubliche Begebenheit auf Juist erzählt … wirklich unglaublich!

Über zwanzig Krimi-Anthologien sind seit 2000 mit mir als Herausgeberin entstanden, bei der jede ihren ganz eigenen Charakter, ihr Eigenleben hat. Immer wieder war ich wie ein Flitzebogen auf die Geschichten gespannt, die mir von den Autor*innen zugeschickt wurden und jedesmal überrascht, dass sie an das gestellte Thema mit genauso viel Euphorie und Liebe herangegangen sind wie ich. Und so war es auch bei „Mords-Töwerland“.

Dennoch wurden alle achtzehn Kurzkrimis auf Herz und Nieren geprüft. Wie ist die Personenzeichnung, die Logik, der Spannungsaufbau, die Wendungen, und in diesem Fall natürlich auch: wie ist der Juist-Bezug? Erst danach konnten sie ins Endlektorat an den Verlag geschickt werden.

… und nun liegt es nicht nur in den Buchhandlungen, vielmehr stand auch das Krimifestival ‚Tatort Töwerland’ zu unser aller Freude ganz im Zeichen der Anthologie. Organisiert wurde es von Thomas Koch, Buchhändler auf Juist und Ehrenglauser-Preisträger 2019.

Apropos Preis.

Dass Kurzkrimis nicht mal so eben nebenbei geschrieben werden, sondern eine Klasse für sich sind und den Autor*innen viel Können abverlangen, zeigt sich auch daran, dass das Syndikat jedes Jahr neben dem besten Roman, Debütroman, Kinder- und Jugendkrimi auch immer den besten Kurzkrimi des Jahres auszeichnet.

Von Angela Esser 

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Syndikat

Das Syndikat ist der Verein der deutschsprachigen Kriminalschriftsteller*innen. Gegründet 1986 zählen zu seinen Mitgliedern berühmte Autoren wie Sebastian Fitzek und Ingrid Noll. Das Syndikat organisiert jedes Jahr die CRIMINALE und vergibt bei dieser Gelegenheit den Glauser-Preis für den besten Kriminalroman.

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