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Sie kommt aus dem gefährlichsten Land der Welt. Sie studierte in den USA und lernte Lesezirkel kennen. Die Geschichte einer jungen Frau, die in Afghanistan mit Büchern ein kleines bisschen die Welt rettet.

Inmitten des zerstörten Afghanistans verbessert eine junge Frau mit Büchern und Lesen die Welt

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Kolumne Steinleitners Woche Lesezirkel

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Vom Smartphone-Gespräch im Zug ins zerbombte Afghanistan

Je nach Rangliste ist Afghanistan das gefährlichste oder zweitgefährlichste Land der Welt. Man sollte meinen, dass in einer derartigen Umgebung das Lesen von Büchern zu den Beschäftigungen zählt, auf die man als letztes käme. Unsereins hat womöglich Schwierigkeiten, sich auf seine Lektüre zu konzentrieren, wenn im Großraumabteil ein Mann mit seiner Gattin am Smartphone den nächsten Bali-Urlaub konfiguriert.

Ein Ort, an dem Lesen die unwahrscheinlichste Tätigkeit darstellt

Wie mag es um die Konzentration auf einen Text bestellt sein, wenn einem Bomben um die Ohren fliegen? Wenn man nicht weiß, wo am nächsten Tag das Trinkwasser oder eine Handvoll Essen herkommen werden? Und wer kann denn überhaupt lesen in Afghanistan? Die Alphabetisierungsquote der Frauen des Landes liegt in manchen Regionen unter zwei Prozent. Aber auch an Orten, in denen Lesen die unwahrscheinlichste, vorstellbare Tätigkeit darstellt, gibt es Inseln der Hoffnung, wie ich in der Süddeutschen Zeitung vor einigen Wochen las. Eine ihrer Trägerinnen ist Mahsheed Mahjor, eine junge Afghanin, die in Amerika studiert hat.

Sie studierte in den USA und nahm die Idee des Bücherzirkels mit

Wer Mahsheed googelt, findet einen Eintrag, der an eine von ihr gehaltene Rede am Muhlenberg College erinnert. Der Blogger Habib Siddiqui schreibt darin, dass er „schlicht beeindruckt“ war von der Art und Weise, wie Mahsheed „über Elend und Ungerechtigkeit, die Bedeutung von Staatsbürgerschaft und den Wert von Ausbildung“ sprach. Das war 2017. Zwei Jahre später ist Mahsheed zurück in ihrem zerbombten Heimatland und lädt regelmäßig Mädchen und Jungen zu einem Lesezirkel ein.

Lesen gibt die Möglichkeit, sich selbst und andere zu reflektieren

Die gemeinsame Beschäftigung mit Büchern ist für die Kinder und Jugendliche die einzige Möglichkeit, mit dem anderen Geschlecht in Kontakt zu treten. Mahsheed hält dies für ein gutes Mittel, um die Wahrscheinlichkeiten sexueller Übergriffe zu verringern. Jungen, die streng getrennt von Mädchen aufwachsen, hinterfragen ihre Männlichkeit nicht und tendieren dazu, das andere Geschlecht zu mystifizieren. In einem der Bücher, das Mahsheed im Bücherzirkel liest, geht es um zwei Schwestern, die die Hausarbeit ganz alleine machen müssen – der Vater hilft nicht. In der Diskussion über die gelesene Geschichte reflektieren die Kinder die Situation und hinterfragen, woher es kommt, dass Männer vieler Kulturen nicht im Haushalt helfen. Und ob dies richtig ist.

Und was soll das Ganze mit dem Lesezirkel nun konkret?

Die Idee, sich regelmäßig zu treffen und gemeinsam zu lesen, habe sie durch ihr Stipendium in den USA kennengelernt, sagt Mahsheed. Was können wir daraus lernen? Dass wir jede Möglichkeit nutzen sollten, jungen Menschen aus anderen Ländern eine Ausbildung bei uns zu ermöglichen. Dass wir dafür möglichst viel Geld bereitstellen sollten. Dass wir unsere Ängste vor fremden Menschen, die in unser Land kommen, abbauen und den Aufenthalt dieser Menschen bei uns lieber als Chance für die Welt sehen sollten: Wenn wir ihnen die Vorzüge unserer freien Gesellschaft vorleben, werden sie bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat einige Ideen mit nach Hause tragen. Und vielleicht sogar Lesezirkel gründen. Bücher können die Welt verändern.

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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