ISBN 978-3-492-05895-7

288 Seiten

€ 22,00

Das wichtigste Sachbuch der Frankfurter Buchmesse 2018! In „Die Neuerfindung der Diktatur“ erklärt Kai Strittmatter (Süddeutsche Zeitung) wie totale digitale Überwachung in China funktioniert und was sie für uns bedeutet.

Kai Strittmatters „Die Neuerfindung der Diktatur“

Kai Strittmatter

© Kai Strittmatter

SZ-Korrespondent Kai Strittmatter im Interview über „Die Neuerfindung der Diktatur“


Herr Strittmatter, im Vorwort von „Die Neuerfindung der Diktatur – Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert“ (Piper Verlag) deuten Sie an, dass Sie das Buch auch deshalb geschrieben haben, weil Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Könnten Sie das bitte erklären?

In den Tagen nach der Wahl hatte ich einige schlaflose Nächte. Es war ein Gefühl der unmittelbaren Bedrohung, tief unten im Bauch: Jetzt haben wir ein Problem. Wir Europäer. Wir Demokraten. Trumps Lügen, die Fake News, die „alternativen Fakten“, mir war das alles mehr als vertraut. Ich habe all das 20 Jahre lang erlebt und gelebt, in China, aber auch in der Türkei. Und am meisten verblüffte mich die Tatsache, dass erstens viele meiner Freunde zuhause in Deutschland anfangs Trump nicht ernst nehmen wollten, und dass sie zweitens über ihn und sein Tun ehrlich verblüfft waren. Als sei das etwas völlig Neues, als hätte es das bei uns nicht auch schon einmal gegeben. Manche nennen Trump noch heute einen „pathologischen Lügner“. Das ist leider Unsinn: Trump lügt nicht pathologisch – er tut das, was alle Autokraten und Möchtegern-Autokraten seit jeher tun: Er lügt systematisch und strategisch. Die Lüge und die Sprache sind ihm ein Machtinstrument.

Sie hatten also das Bedürfnis, den Leuten zu erklären, was hier passiert?

Ich wollte ein Buch schreiben über die Mechanismen der Autokratie, darüber wie Diktaturen funktionieren. Und zwar am Beispiel Chinas. Weil ich China am besten kenne, aber auch, weil in China eine der größten Herausforderungen für unsere Zukunft heranwächst. In China erfindet sich die Diktatur digital neu, gleichzeitig marschiert Chinas KP nun hinaus in die Welt. Und wir Demokraten, wir Europäer erleben gerade den perfekten Sturm: Wir werden in die Zange genommen auf der einen Seite von Trump und den Rechtspopulisten in unserer Mitte, und auf der anderen Seite von Russland und von China. Ich hatte das Gefühl: Alle reden über Trump und über Russland – aber kaum einer spricht über China. Dabei wird China für uns die viel größere Herausforderung sein als Russland. China ist wirtschaftlich viel stärker, hat global die größeren Ambitionen und seine Einflussoperationen im Westen sind klüger angelegt und laufen auf einer viel breiteren Front als die russischen.

Für die Experimente, die in China im Bereich der totalen Kontrolle der Bürger momentan durchgeführt werden, finden Sie erschütternde Worte. Was wächst hier heran?

In China entsteht gerade etwas, was die Welt so noch nicht gesehen hat. Einerseits ist Xi Jinping ein knallharter Leninist und geht mit einem Bein direkt zurück in das China der 1950er Jahre: Zensur und Repression sind unter ihm so scharf wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Freiheiten, an die sich die Chinesen schon gewöhnt hatten, werden ihnen wieder genommen. Personenkult und Ideologie erleben ein Comeback wie seit Mao Zedong nicht mehr. Das ist das Eine.

Und das andere?

Das andere Bein streckt Xi Jinping weit in die Zukunft, er geht damit an einen Ort, an dem noch kein Autokrat je war: Xi und die Partei empfinden die Informationstechnologien des 21. Jahrhunderts nicht als Bedrohung, sondern als Gottesgeschenk, als Zauberwaffen. Mithilfe von Big Data und Künstlicher Intelligenz wollen sie ihren eigentlich hoffnungslos anachronistischen leninistischen Apparat in die Zukunft katapultieren. Und so stürzt sich China mit einer Leidenschaft und mit einer Wucht in die Digitalisierung aller Lebensbereiche wie im Moment kein zweites Land auf der Welt. Die Partei betreibt dieses Unterfangen aus mehreren Gründen: Sie verspricht sich einen Innovations- und Modernisierungsschub für die Wirtschaft. Gleichzeitig erhofft sie sich vor allem von der Künstlichen Intelligenz Krisensteuerungsmechanismen, die nicht nur Finanzwelt und Wirtschaft, sondern auch den politischen Apparat widerstandsfähig machen sollen gegen alle Arten von Herausforderungen.

Davon, die Untertanen lückenlos und total überwachen zu können, träumten die Autokraten der Welt schon lange …

… und die KP glaubt diesen Traum nun verwirklichen zu können. Schon jetzt hat die KP das Land mit dem „Himmelsnetz“ überzogen: einem fast lückenlosen Netz von KI-basierten Überwachungskameras. Das Parteiblatt „Volkszeitung“ schrieb vor ein paar Monaten, das System sei jetzt schon in der Lage, jeden der 1,4 Milliarden Chinesen „innerhalb von einer Sekunde“ zu erkennen. Und das ist erst der Anfang. Wenn die Hi-Tech- Pläne der KP nun Wirklichkeit werden, dann sehen wir in China die Rückkehr des Totalitarismus im digitalen Gewande: Jeder Schritt, jeder Atemzug und jeder Gedanke eines jeden Untertanen wird einfließen in die Datensammelsysteme des Apparats. Alles wird in Echtzeit aufgezeichnet, ausgewertet und sanktioniert. Ein Pekinger Minister jubelte schon, mit Hilfe von KI und Big Data könne die Partei endlich „im Voraus wissen, wer ein Terrorist sein und wer Böses im Schild führen könnte“. Natürlich weiß die Partei das schon lange, bevor es der Betreffende selbst weiß.

Müssen wir angesichts dieser Entwicklungen nicht auch bei uns wesentlich rigider gegen jegliches Datensammeln – ganz gleich, ob es unter kommerziellem oder sicherheitspolitischem Vorwand stattfindet – vorgehen? Was schlagen Sie hier für Deutschland, für Europa vor?

Tatsächlich kann es heilsam sein, nach China zu schauen. Dort gilt: Alles, was möglich ist, wird auch gemacht. Ohne jede Debatte über Privatsphäre, Datenschutz oder gesellschaftliche Konsequenzen. Ich habe einige KI-Start-Ups dort besucht. Einer der Manager sagte mir, die USA seien technologisch in vielem China noch überlegen – aber China sei bei der praktischen Umsetzung der Überwachungstechnologien den USA um Meilen voraus, „weil die Regierung uns unterstützt, weil es hier keine Schranken gibt“. Ein anderer sagte, er fühle sich wie im „Wilden Westen“, er sagte das voller Begeisterung. Seine Firma – iFlyTek – stellt Sprach- und Stimmerkennungs-Software her, mithilfe derer die Provinz Anhui zum Beispiel schon flächendeckend das Telefonnetz überwacht. Das System schaltet automatisch die Polizei ein, wenn es „kriminelle Aktivitäten“ oder die Stimm-Muster gesuchter Personen zu entdecken glaubt. Auf ihrer Webseite wirbt die Firma damit, ihre Algorithmen seien besonders gut in der Analyse des Uigurischen und Tibetischen. Gleichzeitig betreibt sie ein gemeinsames Labor mit dem Polizeiministerium. Aber Kunden ihrer Software sind auch internationale Autokonzerne wie Toyota, VW, BMW und Daimler.


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Wie ist es bei uns im Westen?

Vieles von dem, was China tut, findet bei uns auch statt, wenn auch dort ins Extrem getrieben ist, was bei uns oft erst in Ansätzen existiert. Ein Beispiel ist die ständige Bewertung unseres Handelns online: China exerziert das auf viel umfassendere Weise in einem Sozialkreditsystem durch, welches am Ende sämtliches soziales, moralisches und ökonomisches Handeln eines jeden Bürgers in Echtzeit erfassen, bewerten und belohnen oder bestrafen soll. Nicht wenige im Westen kriegen vor Neid feuchte Augen, wenn sie sehen, was in China möglich ist. Bei uns sind das gerne die Vertreter der Hi-Tech und Internetunternehmen. Sie argumentieren gerne, wir müssten es China dringend gleichtun, sonst würden wir hoffnungslos abgehängt. Ich rate jedem: Einfach nur hinschauen und erkennen, wohin solch schrankenloses Treiben führt. Nämlich am Ende in den totalitären Staat. Das beste Beispiel dafür ist im Moment die Uigurenprovinz Xinjiang, da wurden nicht nur im Verlauf des letzten Jahres rund eine Million Muslime in Umerziehungslager gesteckt, die Provinz ist gleichzeitig das Hi-Tech-Labor Chinas für Überwachungstechnik.

Sie zeichnen ein Schreckensszenario.

Ich will nicht die neuen Technologien verteufeln. Im Gegenteil. Ich finde, von der Leidenschaft und der Wucht, mit der China sich ins digitale Zeitalter stürzt, können wir uns einiges abschauen. Sollten wir sogar. Wenn aber China der Diktatur ein digitales Update verpasst, dann liegt es an uns, die Demokratie digital neu zu erfinden.

Was sollten wir Bürger ganz konkret tun?

Erst einmal: Hinschauen. Erkennen, was dort geschieht, und begreifen, dass es großen Einfluss auf unsere Zukunft haben wird. Dann: den Arsch hochkriegen. Aufwachen aus all der Verschlafenheit und Gemütlichkeit, in der viele Europäer noch vor sich hindämmern. Eintreten für unsere Werte, offensiv, selbstbewusst, stolz. Zu Verzagtheit ist kein Anlass. Möglich, dass es bessere Systeme gibt als das unsere. Das chinesische, das russische oder das Trumpsche sind es definitiv nicht.

Zurück zu China: Was war die Ursache für den brutalen Politikwechsel seit dem Regierungsantritt von Staatspräsident Xi Jinping 2013 – es entwickelte sich doch eigentlich alles prima, auch für die Kommunistische Partei Chinas?

Nicht wirklich. Ich kam im Sommer 2012 zurück nach China, ein paar Monate vor Xi Jinpings Machtübernahme. Das China, das ich vorfand, war ein Land, in dem die Wirtschaft zwar weiter boomte, Volk und Gesellschaft aber von einer tiefen Verunsicherung erfasst waren. Die Korruption war explodiert, das angeblich doch sozialistische China war zu einer der ungerechtesten Gesellschaften der Erde geworden, Luft und Essen waren voller Gift. Die Partei war ideologisch orientierungslos und zeigte Zerfallserscheinungen. Und vielleicht das Wichtigste: All das hatten die Bürger vier Jahre lang frei debattieren dürfen – weil die KP zwischen 2009 und 2012 die Zensur der sozialen Medien verschlafen hatte. Die Stimmung 2012 hatte etwas von Fin de Siècle. Verunsicherung und Misstrauen waren total, auch Misstrauen gegenüber der KP. Fast alles, was Xi Jinping nach seinem Amtsantritt tat, war auch eine Reaktion auf dieses China, das er vorgefunden hatte. Seine Mission ist klar: Die Rettung der ewigen Herrschaft der KP. Die Rückeroberung der Kontrolle über alles: Internet, Medien, Gesellschaft, Wirtschaft. Bezeichnend, dass sich Xi Jinping einen alten Mao-Slogan als Richtschnur genommen hat: „Die Partei herrscht über Ost und West, sie herrscht über Nord und Süd und sie herrscht über das Zentrum.“ Xi Jinpings Partei ist wie Gott: allmächtig, allwissend und allgegenwärtig.

Sie schildern in die chinesische Gesellschaft in „Die Neuerfindung der Diktatur“ als von Lügen und Opportunismus durchdrungen und von Idealen verlassen. Sehen Sie auch Licht am Ende des Tunnels?

Es ist das Schicksal von Gesellschaften, die der autokratischen Herrschaft unterworfen sind, dass sie keine gesunden sind. Der Autokrat zwingt den Untertanen das Leben in Lüge und ewigem Misstrauen auch gegeneinander auf. Eine jede Diktatur korrumpiert die Gesellschaft und vergiftet die Beziehungen der Menschen zueinander. Am liebsten sind ihr die Untertanen, die blind und taub und gefühllos sind. Sie fürchtet die Solidarität der Menschen miteinander, sie fürchtet die Wahrheit und den Idealismus. Idealisten und Menschen, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen, haben es schwer in solchen Gesellschaften. Und doch gibt es sie, natürlich auch in China. Ich habe viele von ihnen getroffen, und ich bewundere sie. Ich habe immer das Gefühl: Die tollen Menschen in China sind eigentlich doppelt toll, weil ihre Umgebung ihnen unendlich viel mehr abverlangt. Und wer weiß, vielleicht hatte Vaclav Havel ja recht, als er einst schrieb, wenn der Zeitpunkt gekommen sei, dann genüge ein einziger Mensch, der ausruft, dass der Kaiser nackt ist – und schon zerfällt der Schleier der Lüge, der soeben noch für die Ewigkeit gewebt schien. Bei Mao war das der eine Funke, der genügt, einen Steppenbrand auszulösen.

Sie liefern viele Beispiele dafür, was mit Menschen geschah, die sich dem Sprech- und Kritikverbot nicht unterwarfen. Welches ist für Sie das furchterregendste Exempel?

Ach, den Schrecken gibt es abertausendfach, und ein jeder löscht für sich eine Welt aus, da möchte ich keine Hierarchie aufbauen. Mir persönlich ein besonders inspirierendes und trauriges Beispiel war der Fall des Liu Xiaobo, des Schriftstellers, Essayisten und späteren Nobelpreisträgers. Liu starb im Sommer letzten Jahres als Gefangener, nachdem die Behörden ihm die Behandlung seiner Krebserkrankung im Ausland verwehrt hatten. Er ist der erste Friedensnobelpreisträger, der im Gewahrsam eines Staates starb seit Carl von Ossietzky unter den Nazis 1938. Seine Witwe Liu Xia, die vom Sicherheitsapparat fast ein Jahrzehnt lang ohne Anklage zur Gefangenen in ihrer eigenen Wohnung gemacht wurde, durfte unlängst nach Deutschland ausreisen, auch weil sich die deutsche Bundesregierung und Diplomatie lange für sie eingesetzt hatten.

Deutlich kritische Worte finden Sie auch für die Wirtschaft und Politik des Westens gegenüber China.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat da keine schlechte Balance gefunden. Sie hat die Handelsbeziehungen ausgebaut und gleichzeitig stets Rückgrat gezeigt, wenn es um Bürgerrechte ging. Ich rechne ihr das hoch an, zumal sie eine der letzten Politikerinnen ist, die in Peking auch dann Flagge zeigt, wenn es um unsere Werte geht. Die meisten anderen ducken sich weg oder reden der KP gar nach dem Mund.

Und was ist mit den Vertretern der deutschen Wirtschaft?

Da darf man sich regelmäßig richtig schön fremdschämen. Wenn etwa Siemens-Chef Joe Kaeser sich über Chinas globales Projekt der „Neuen Seidenstraße“ (One Belt, one Road) äußert und dabei klingt wie der Leitartikler der Pekinger „Volkszeitung“, während gleichzeitig die versammelten EU-Botschafter das Projekt ungewöhnlich deutlich kritisieren. Oder wenn die PR-Abteilung von Daimler Erklärungen über den Dalai Lama versendet, die klingen als seien sie Wort für Wort von der KP-Propaganda diktiert. Da führt die Gier Feder und Zunge.
Es ist nicht ohne Ironie: Einst hieß es, der Westen werde China verändern, der Kapitalismus werde schleichend das sozialistische System unterwandern. „Wandel durch Handel“ nannten das oft dieselben Wirtschaftsvertreter. Heute reibt man sich die Augen: Wer verändert hier nochmal wen? Nicht selten sieht es mittlerweile so aus, als unterwandere China den Kapitalismus.

Immerhin ist die Republik China auf Taiwan für Sie ein Lichtblick. Weshalb?

Kaum einer kennt Taiwan. Das ist schade, denn das Beispiel Taiwan ist unheimlich spannend. Es ist das andere China. Das demokratische, das freie. Taiwan war nach dem Ende des chinesischen Bürgerkriegs 1949 auch lange eine Diktatur, eine faschistische. Und hat sich dann über die letzten drei Jahrzehnte hinweg in die lebendigste Demokratie Asiens verwandelt. Taiwan ist heute das lebendige Gegenmodell zur Autokratie auf dem Festland; es ist das letzte, was zwischen Chinas KP und ihrer Behauptung steht, Chinesen seien quasi genetisch nicht gebaut für die Demokratie. Auch deshalb ist Taiwan der KP Chinas ein Dorn im Auge. Überhaupt sollte jeder, der sich ein Urteil erlauben möchte über „die Chinesen“, einmal für ein paar Wochen oder Monate nach Taiwan fahren, um dort auch auf der ganz menschlichen Ebene zu erleben, wie Chinesen sich verhalten, wie sie miteinander umgehen, wenn sie in einer demokratischen, freien Gesellschaft aufwachsen. Wenn sie Verantwortung für sich selbst übernehmen. Wenn sie nicht von ewiger Angst und ewigem Misstrauen umgeben sind.

Sie haben fast Ihr gesamtes Erwachsenenleben in China verbracht. Wofür lieben Sie das Land?

Für seine herzlichen Menschen, die vor allem Ausländern gegenüber um einiges lustiger und offener sind als zum Beispiel die bärbeißigen Deutschen. Dafür, dass es kein Land ist, sondern ein Universum. Geografisch, historisch, kulturell. Ein Universum an Geschichten dazu: absurde, atemberaubende, lustige und tragische. In China brauchst du kein Romancier zu sein, da bist du schon als nüchterner Journalist der Chronist des oft Fantastischen und Surrealen. Für die unglaubliche Vielfalt, die das Land auszeichnet und die sich gegen alle Versuche der KP sträubt, die alles „vereinheitlichen“ möchte. Für all die Abenteuer, die es einem schenkt, und für die es reicht, dass man morgens zum Gemüsehändler spaziert. Vor allem: für die Youpo mian, die „in Öl geschwenkten handgeschlagenen Nudeln“. Fingerdicke Nudeln in Knoblauch, Sojasoße und ein wenig Essig, auf die man ein Häuflein getrockneter Chiliflocken schaufelt, welche man dann mit einem Löffel siedendheißen Öls in die Nudeln brennt …

Wie geht es mit Ihnen und China nun weiter nach „Die Neuerfindung der Diktatur“? Die chinesischen Machthaber sind bekannt dafür, mit Kritikern nicht zimperlich umzugehen: Werden Sie je wieder in dieses wunderbare Land reisen können?

Wer weiß, ich bin ja nur ein kleines Licht. Und die KP Chinas ist in ihrer Gnade oft wunderlich. Und wenn nicht …

Würde Sie das nicht in tiefe Verzweiflung werfen?

Die Nudeln! Ach.


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Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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