ISBN 978-3-407-86414-7

432 Seiten

€ 17,99

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Depression ist nicht genetisch und basiert nicht auf der Gehirnchemie, sagt Psychiaterin Dr. Kelly Brogan. Und nennt neue, milde Mittel gegen Depression.

Psychiaterin Dr. Kelly Brogan spricht über Depression

Dieses Interview wird das Leben vieler depressiver Menschen verändern. Denn Psychiaterin Dr. Kelly Brogan verweist die Vermutung, Depression sei genetisch bedingt und basiere auf chemischen Ungleichgewichten im Gehirn, ins Reich der Fabel. Brogan fordert eine vehemente Kehrwende in der Depressionsbehandlung und ein Ende des medikamentösen Chemieeinsatzes. Alternativ gibt sie konkrete Tipps, welche wesentlich milderen Mittel bei Depressionen helfen können.

Frau Dr. Brogan, Sie sagen: „Depression ist eine Chance.“ Könnten Sie diese Behauptung bitte erklären?

Man hat uns Märchen über die Depression aufgetischt – dass sie wahrscheinlich genetisch bedingt ist und nur aufgrund chemischer Ungleichgewichte im Gehirn auftritt, die für den Rest unseres Lebens eine medikamentöse Behandlung mit Produkten chemischen Ursprungs erfordern, um sie in den Griff zu bekommen. Die Wahrheit sieht anders aus als das, was man uns weismachen will, vor allem seitens der Pharmaindustrie, die Einfluss auf die Ausbildung der Ärzte nimmt und Milliarden ausgibt, um mit einer direkt an den Endverbraucher gerichteten Medikamentenwerbung ihre Botschaften zu verbreiten. Das ist das Ammenmärchen, an das ich während meiner gesamten beruflichen Laufbahn als Vertreterin der konventionellen Psychiatrie geglaubt habe.

Was stimmt stattdessen?

Fakt ist, dass in den letzten sechs Jahrzehnten keine hieb- und stichfesten Beweise für ein chemisches Ungleichgewicht als primäre Ursache einer Depression vorgelegt werden konnten. Das überrascht wohl kaum, denn bei genauerer Betrachtung wird offensichtlich, dass die Depression keine Primärerkrankung ist. Sie ist vielmehr ein Hinweis auf ein bestehendes Ungleichgewicht. Das ist ähnlich, als würde Ihr Zeh wehtun – die Schmerzen könnten auf eine Nagelbettentzündung oder einen zu fest zugebundenen Schnürsenkel zurückzuführen sein, oder Ihnen ist ein Hammer auf den Zeh gefallen. Auch hier ist der Schmerz lediglich eine Aufforderung, genauer hinzuschauen, um die bestmögliche Problemlösung zu finden.

Sie fordern, das wir uns von der Theorie des chemischen Ungleichgewichts zu verabschieden und den Weg, den die Wissenschaft einschlagen sollte, aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Genau. Der menschliche Körper besitzt eine tief verwurzelte ureigene Intelligenz, die das Fundament der Interaktionen mit seiner Umwelt bildet. Der Körper erzeugt aus einem ganz bestimmten Grund Krankheitssymptome. Die Depression weist nachhaltig auf eine biologische Fehlanpassung an unsere heutige Lebensweise hin – schlechte Ernährung, zu viel Stress, mangelnde körperliche Bewegung, zu wenig natürliches Sonnenlicht, massiver Kontakt mit Umwelttoxinen und zu viele Medikamente. Die Entzündung ist ein Ausdruck, dessen sich der Körper bedient, um auf ein Ungleichgewicht aufmerksam zu machen und eine nachhaltige Veränderung herbeizuführen. Normalerweise unterdrücken wir diese Symptome mit Arzneimitteln, aber das ist so, als würde man den Rauchmelder ausschalten, wenn es brennt.

Sie wollen darauf hinaus, dass viele Psychopharmaka an falscher Stelle ansetzen?

Was wäre denn, wenn es sich bei der Depression in Wirklichkeit um eine Fehlfunktion der Schilddrüse handelt? Um eine Blutzuckerinstabilität? Um eine Lebensmittelunverträglichkeit oder um die Nebenwirkung eines Medikaments? Es macht wenig Sinn, eine dieser therapierbaren Störungen mit Psychopharmaka zu bekämpfen, aber man landet schnell in der Falle ärztlicher Patentlösungen, vor allem als Frau. Die Wahrscheinlichkeit, ein Medikament verordnet zu bekommen, wenn Sie ihrem Arzt Beschwerden wie Niedergeschlagenheit, Bewusstseinstrübungen, Konzentrationsstörungen, Antriebsmangel und das Gefühl der Überforderung schildern, ist groß.

Worin genau steckt nun die Chance, die in der Depression steckt?

Sie führt uns vor Augen, dass wir innehalten und herausfinden sollten, was unser Ungleichgewicht verursacht haben könnte, statt die Symptome zu verschleiern, zu unterdrücken oder umzulenken. Sie bietet uns die Möglichkeit, ein neues Kapitel der Geschichte aufzuschlagen, einen radikalen Wandel in die Wege zu leiten und Ja zu einer anders gearteten Lebenserfahrung zu sagen.

In Ihrem Buch geht es explizit um die weibliche Depression. Wie unterscheidet sich die Depression bei Männern und Frauen?

Frauen, die davon betroffen sind, verordnet man doppelt so häufig Antidepressiva wie ihren männlichen Entsprechungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit ihren Beschwerden, die auf ein komplexes Krankheitsbild hindeuten, an einen Psychiater verwiesen werden statt den eigentlichen Ursachen der Symptome auf den Grund zu gehen, ist deutlich höher. Dazu kommt, dass sie im klinischen Sinne anfälliger für die Verhaltenssymptome von Entzündungsprozessen im Körper sind. Ich bin überzeugt, dass die Depression Frauen heute eine einzigartige Chance bietet, ihren inneren Kompass wieder in Besitz zu nehmen, den sie einem unpersönlichen und auf Unterdrückung gepolten medizinischen System überlassen haben. Es ist eine Chance, wieder die Aufmerksamkeit auf die Botschaften von Körper, Geist und Seele zu richten. Unsere Welt braucht starke Frauen, die Kontakt zu ihrer Seele haben, um das Ruder herumzureißen und den Kurs der Zerstörung zu beenden, der im Verlauf des jahrhundertelangen Patriarchats festgeschrieben wurde.

Als Psychiaterin mit eigener Praxis propagieren Sie die sogenannte „Lebensstilmedizin“ statt pharmazeutische Produkte zu verordnen. Was genau versteht man darunter?

Das Konzept der „evolutionären Fehlanpassung“ wird in der Literatur häufig in Bezug auf die Umweltbedingungen verwendet, die sich in den vergangenen 150 Jahren radikal gewandelt haben und mit chronischen und degenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Die Lebensstilmedizin konzentriert sich auf die Prävention und Therapie dieser sogenannten „Zivilisations- und Wohlstandserkrankungen“ durch eine gezielte Veränderung der Lebensweise und eine bessere Anpassung von Körper, Geist und Seele an die Ergebnisse von mehreren Millionen Jahren der Evolution. Wir müssen in Betracht ziehen, dass die Depression früher einmal eine Anpassungsreaktion an die Umwelt war. Sie hat vermutlich irgendwann einmal im Verlauf der Evolution ihren Zweck erfüllt, doch die Beschaffenheit und Intensität der Auslöser in unseren heutigen Zeit könnten dazu beigetragen haben, sie in stärkerem Maß zu verbreiten als zweckdienlich erscheint. Bis zu 41 Prozent der Frauen sind davon betroffen!

Was konkret können Betroffene tun?

Eine grundlegende Veränderung der Lebensweise unterstützt die wirkungsmächtigen Selbstheilungsmechanismen des Körpers und ist imstande, die Depression zu beenden: Ernährungsumstellung (mehr gesunde Fette und weniger Zucker, Milchprodukte und Gluten); natürliche Nahrungsergänzungsmittel wie B-Vitamine und Probiotika, die nicht nur rezeptfrei, sondern auch in bestimmten Lebensmitteln vorhanden sind; weitmögliche  Verringerung oder Vermeidung von Toxinen, die biologische Prozesse beeinträchtigen, beispielsweise Fluoride im Leitungswasser, Chemikalien in weit verbreiteten Medikamenten wie Paracetamol, Statine und Duftstoffe in Kosmetikprodukten; ausreichend Schlaf und körperliche Bewegung; und Verhaltenstechniken, die darauf abzielen, Entspannungsreaktionen zu fördern.  Ich habe beobachtet, wie Frauen allein auf diesem Weg innerhalb eines einzigen Monats grundlegende Verbesserungen ihres Gesundheitszustands und allgemeinen Befindens erzielen konnten.

Dies sind viele Vorschläge. Wo sollte man anfangen?

Für mich steht die Ernährungsumstellung an erster Stelle, und ich lege meinen Patientinnen dringend nahe, diese „Verordnung“ sehr ernst zu nehmen. Es gilt, einen inneren Wandel herbeizuführen, indem sie der Ernährung allerhöchste Priorität einräumen. Wenn sie sich an meine Empfehlungen halten, wird ihnen bald klar, dass die Macht, persönliche Erfahrungen positiv zu verändern, schon immer in ihren eigenen Händen lag. Dazu bedarf es keiner Unterstützung durch einen Arzt oder Guru. Sie müssen sich lediglich wieder auf ihr grundlegendes intuitives Heilwissen besinnen und die eigenen Fähigkeiten anerkennen.

Auch Yoga halten Sie für sinnvoll?

Ich fordere meine Patientinnen auf, Kundalini-Yoga-Meditationen auszuprobieren, drei bis zwölf Minuten am Tag. Wir müssen unser Nerven- und Wahrnehmungssystem neu verdrahten und unsere Ängste loslassen. Nach meiner Erfahrung kann uns diese alt überlieferte Entspannungsmethode sehr schnell ans Ziel bringen, und darüber hinaus. Ich rate ihnen auch, sich mehr zu bewegen, in welcher Form auch immer. Dabei kann es sich um ein HVT-Intervalltraining mit hohem Trainingsumfang handeln, gefolgt von einer Regenerationsperiode, ein Ausdauertraining auf dem Crosstrainer, Ballett, Tanz oder Yoga; zwanzig Minuten pro Woche reichen dabei schon aus.
Wichtig ist auch, auf ausreichenden Schlaf zu achten und mit der Entgiftung im häuslichen Bereich zu beginnen – Produkte, Luft, Wasser und elektromagnetische Strahlung wären hier zu nennen.

Darüber hinaus arbeiten Sie mit Ihren Patientinnen auch an einer grundlegenden Einstellungsänderung.

Ja, im Zuge dieses Prozesses erinnern wir uns daran, was wir vergessen haben – dass der Körper seine Selbstheilungsmechanismen am besten aktiviert, wenn ihm niemand ins Handwerk pfuscht. Uns wird bewusst, dass wir die Verantwortung für uns selbst zurückgewinnen können, die wir in fremde Hände gelegt haben. Ein Behandlungsmodell, das auf der lebenslangen Einnahme von Pharmazeutika beruht, vermag nichts dergleichen zu bieten. Wir haben immer das Gefühl, das etwas fehlt, selbst wenn unsere Symptome „unter Kontrolle“ gebracht wurden. Es liegt in unserer Macht, uns ein Herz zu fassen und die Verantwortung für unsere eigene Gesundheit zu übernehmen. Damit ist alles möglich, einschließlich der Aussicht, von einer jahrzehntelangen Medikation zu befreien. Halten Sie sich vor Augen, dass Sie diesen Weg aus einem ganz bestimmten Grund gehen und auf Selbstvorwürfe verzichten sollten.

Es heißt, die Depression beginnt im Kopf und nicht im Körper. Aber gibt es nicht verschiedene Gründe für diese Störung? Was ist mit den genetischen Ursachen?

Was wäre, wenn ich Ihnen sage, dass die Einnahme von Antidepressiva bei einer Depression in den meisten Fällen die gleiche Wirkung hat, als würden Sie sich bei einem Glassplitter im Fuß darauf beschränken, eine Schmerztablette zu nehmen? Wäre es nicht besser, die Ursache des Problems zu beseitigen? Sie wissen vielleicht nicht einmal, dass diese Möglichkeit besteht, wenn Sie der Überzeugung sind, dass Depression eine Erbkrankheit ist, mit der Sie bis an Ihr Lebensende zu kämpfen haben.
Die Depression ist (genau wie Panikattacken, Zwangsneurosen und ADHS …) ein Anzeichen für eine Fehlanpassung, oft körperlicher Art. Der physische Heilungsprozess kann der erste und wichtigste Schritt zur Umkehr der Diagnose und zur Veränderung von Erfahrungen wie ständig wiederkehrende Stimmungstiefs, das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, erhöhte Reizbarkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche und Erschöpfung sein.

Sie kritisieren die herkömmliche Psychiatrie. Warum?

Die Psychiatrie stützt sich im Gegensatz zu anderen Medizinbereichen auf ein hochgradig subjektives Diagnosesystem. Im Wesentlichen sitzt die Patientin im Sprechzimmer eines Arztes und erhält eine zusammenfassende Beurteilung der Erkrankung auf der Grundlage der von ihr beschriebenen Symptome. Es werden keine Tests durchgeführt. Sie wird nicht aufgefordert, eine Urinprobe abzugeben oder eine Blutuntersuchung durchführen zu lassen, um eine Substanz zu ermitteln, die definitiv auf das „Vorhandensein einer Depression“ hinweist, ähnlich wie eine Blutuntersuchung Aufschluss über eine Diabetes-Erkrankung oder Anämie geben kann. Deshalb ist es umso wichtiger, die umkehrbaren Ursachen der Störung zu erforschen, die wir als Depression bezeichnen.

Könnten Sie uns einige Aspekte nennen, die Sie in  Betracht ziehen würden, ehe Sie zu Medikamenten greifen würden?

Gerne. Beginnen wir mit dem Stichwort „Schilddrüsenentzündungen“: Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen mit der Hashimoto Thyreoiditis habe ich gelernt, dass chronische Autoimmunerkrankungen einer psychiatrischen Störung gleichen können, aber ebenfalls reversibel sind. Ich bin der lebende Beweis! Schilddrüsenstörungen können Panikattacken, Depressionen, Bewusstseinstrübungen, Gewichtszunahme, Konzentrationsschwäche, Erkältungen, Belastungsintoleranz, trockene Haut und Haarausfall verursachen. Man trägt Socken im Bett, hat nur einmal in der Woche Stuhlgang und muss sich die Augenbrauen nachziehen. Der Postpartum-Thyreoiditis, die einige Monate nach Beendigung einer Schwangerschaft auftreten kann, geht in der Regel eine zeitweilige Schilddrüsenüberfunktion voraus: Die Frauen leiden unter Nervosität, Schlafstörungen, Durchfall, Panikattacken und einem rapiden (ungewollten) Gewichtsverlust. In der Mehrzahl sind die Betroffenen Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes blitzschnell wieder in Topform und neun Monate später fix und fertig sind. Wenn die Diagnose bereits gestellt und ein synthetisches Thyroxin-T4-Präparat wie Levothyroxin (Synthroid) verordnet wurde, ist unter Umständen eine Umstellung auf synthetische Kombinationshormone erforderlich. Es kann ja wohl kaum im Interesse der Frauen sein, bei einer therapierbaren Schilddrüsenstörung einen selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Zoloft einzunehmen, oder?

Auch dem Zucker haben Sie den Kampf angesagt.

Fall Sie sich vorstellen können, wie einige Kleinnager bei Tierversuchen eher von Zucker- als von Kokain abhängig werden, hat der Zucker Ihr Leben voll im Griff. Sie leiden ständig unter Heißhungerattacken und sind reizbar und nervös, wenn Sie nicht sofort etwas zu essen bekommen. Zucker findet man in fast allen abgepackten Lebensmitteln. Im Ernst. Schauen Sie auf das Etikett und Sie werden fündig! Oft versteckt er sich hinter verschiedenen Bezeichnungen – Rohrzucker, kristalliner Fruchtzucker, fructosereicher Maissirup – aber alles ist Zucker. Diese „Droge“, die Entzündungsprozesse und Nervensystem aufputscht, wurde als Auslöser vieler sogenannter „psychiatrischer Störungen“ entlarvt, Panikattacken, Bewusstseinstrübungen, Erschöpfung und Depression eingeschlossen. Eine Blutzuckerinstabilität kann beispielsweise in Form von Insulinunverträglichkeit, Diabetes und reaktiver Hypoglykämie (Unterzuckerung) in Erscheinung treten. Die gute Nachricht ist, dass sie sich binnen weniger Wochen mit Hilfe einer entsprechenden Ernährungsumstellung beseitigen lässt!

Es gibt tatsächlich Nahrungsmittel, die bewirken, dass unser Gehirn ausrastet?

Zwei Produkte, die in besonders hohem Maß industriell verarbeitet werden, sind Weizen und Milch. Sie befinden sich nahezu in jedem Bissen, den wir zu uns nehmen. Immer mehr Studien belegen, dass sie Symptome auslösen können, die sich negativ auf die Stimmung und das kognitive System auswirken, die Depression eingeschlossen. Gluten, Soja und Mais wurden als allergene Nahrungsbestandteile ermittelt; Experten vermuten, dass sich ihr Allergien auslösendes Potenzial auf die industrielle Verarbeitung, Hybridisierung, Genmodifikation und Behandlung mit Schädlingsbekämpfungsmitteln zurückführen lässt, die sie für unser Immunsystem nicht mehr erkennbar machen und eine Immunreaktion herbeiführen. Gluten (und industriell verarbeitete Milchprodukte) fördert im Zuge des Verdauungsprozesses die Entstehung von Peptiden, Moleküle, die unser Gehirn und Immunsystem auf unvorhersehbare Weise beeinflussen, sobald sie die Darmbarriere durchbrechen. Wir beginnen gerade erst zu verstehen, warum solche Nahrungsmittel derart süchtig machen und warum sich eine Entgiftung lohnt!

Sie plädieren für Vitamine anstatt Psychopharmaka.

Einer der bemerkenswertesten Berichte in der psychiatrischen Literatur beschreibt den Fall einer 57 Jahre alten Patientin, die mehrere Monate lang sowohl mit Antipsychotika als auch mit Antidepressiva behandelt wurde und zwei Runden Elektrokrampftherapie über sich ergehen lassen musste, bevor jemand auf die Idee kam, ihren Vitamin-12-Spiegel zu überprüfen. Ihre Symptome traten bereits seit Jahren auf, unter anderem das Gefühl abgrundtiefer Verzweiflung und Traurigkeit, Panikattacken, Bewegungsanomalien, Verstopfung, Antriebslosigkeit und schließlich Wahrnehmungsstörungen (Stimmen, die ihren Namen riefen) und Katatonie – psychomotorische Störungen, ein besonders schweres Krankheitsbild in der psychiatrischen Pathologie. Trotz stationärer Behandlung blieb sie suizidgefährdet, depressiv und lethargisch. Innerhalb von zwei Monaten nach Feststellung der Mangelerscheinung und der darauffolgenden Behandlung mit Vitamin B 12 erreichte sie wieder die Ausgangswerte, die vierzehn Jahre zuvor bestimmt worden waren. Ihr Zustand blieb stabil, auch ohne zusätzliche Therapie.

Wenn das kein Weckruf für Psychiater der alten Schule ist …

… sie sind viel zu schnell mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bei der Hand. Viele Hypothesen über Erkrankungen, die einem „Mangel“ an Serotonin und Dopamin zugeschrieben werden, erweisen sich als unhaltbar, wenn man sie aus der Perspektive eines medizinischen Ansatzes durchleuchtet, der in höherem Maß personalisiert und bestrebt ist, Ungleichgewichte im Hormonhaushalt, in der Ernährung und im Immunsystem des einzelnen Patienten aufzuspüren, die wie psychiatrische Störungen „aussehen“ können.

Was also ist Ihr grundsätzliches Fazit?

Wir müssen die Wurzel des Übels bekämpfen. Bevor Sie die Einnahme von Psychopharmaka in Betracht ziehen, die Ihnen ein Psychiater verordnet hat, sollten Sie einen Blick auf andere Medikamente werfen, die Sie vielleicht einnehmen, beispielsweise die Antibabypille, Statine, um den Cholesterinspiegel zu senken, Schmerzmittel wie Paracetamol oder Antibiotika.

ISBN 978-3-407-86414-7

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Tina Rausch

Geboren 1970, studierte Tina Rausch in München Neuere Deutsche Literatur und Erziehungswissenschaften. Seither ist sie freiberufliche Redakteurin, Lektorin und Literaturvermittlerin – unter anderem mit dem Ziel, (junge) Menschen für Literatur zu begeistern.

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