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Die erfolgreiche Malerin Alicia Berenson hat ihren Mann getötet
„Ich liebe Gabriel sehr. Er ist zweifelsohne die Liebe meines Lebens. Ich liebe ihn so unbedingt, so ganz und gar, dass es mich mitunter zu überwältigen droht.“ Ist es möglich, dass eine Frau, die solche Sätze in ihr Tagebuch schreibt, den Mann, von dem sie schreibt, tötet? Alicia Berenson ist eine erfolgreiche Malerin. Doch seit sieben Jahren lebt sie in der Psychiatrie. Seinerzeit hat man sie, besudelt mit Blut, neben der Leiche ihres Ehemanns gefunden. Fünfmal hat sie ihm mit einem Gewehr in den Kopf geschossen. Sie wurde verurteilt, weggesperrt und seitdem schweigt sie eisern.
Der forensische Psychiater Theo Faber will Alicia zum Sprechen bringen
Theo Faber ist die andere Hauptfigur in Alex Michaelides‘ Thriller „Die stumme Patientin“. Für ihn als forensischen Psychiater übt der Fall Alicia Berenson eine geradezu magische Anziehungskraft aus. Und Faber ist besessen von der Vorstellung, die Künstlerin wieder zum Sprechen bringen zu können. Um sich der stummen Patientin anzunähern, befasst er sich zunächst mit den Bildern, die sie malt. Eines unter ihnen sticht ihm besonders ins Auge. Alicia hat es mit „Alkestis“ betitelt. Es zeigt die Künstlerin selbst, wie sie nach der Tat aufgefunden worden ist: in einem weißen Kleid und voller Blut. In der griechischen Mythologie steht Alkestis für die Frau des Admetos. Ihn hat Artemis, die Göttin der Jagd und Hüterin der Frauen, zum Tod verdammt. In der Mythologie zeigen die Schicksalsgöttinnen jedoch einen Ausweg für Admetos: Sollte sich freiwillig jemand für ihn opfern, so dürfe er am Leben bleiben. Admetos Gattin Alkestis erklärt sich bereit und darf nach diesem Opfer sogar von den Toten zurückkehren.
Alex Michaelides wirft Widersprüche auf – dadurch entsteht Spannung
Erstaunlicherweise gelingt es dem Psychologen Faber mit der Zeit, Alicia zum Sprechen zu bringen. Sie erzählt ihm von der Nacht, in der ihr geliebter Mann Gabriel gestorben ist. Allerdings stimmt das, was sie erzählt, nicht hundertprozentig mit den Erkenntnissen der Ermittler überein. Durch seine Erzählweise, die aus einem Wechsel von Tagebucheinträgen und tatsächlich Erlebtem unterschiedlicher Figuren besteht, wirft Alex Michaelides Widersprüche auf. Das macht die Lektüre spannend, denn zunehmend fragt man sich, welcher Figur in diesem Psychothriller denn überhaupt zu trauen ist.
Fazit – was von „Die stumme Patientin“ zu halten ist
Die Auflösung am Ende dieses raffinierten Thrillers über Liebe und Eifersucht kommt ziemlich überraschend; sie ist ein wenig kompliziert, aber durchaus logisch und nachvollziehbar. Von seiner Machart her erinnert „Die stumme Patientin“ an die Werke Sebastian Fitzeks. Dass man dies über den ersten Roman eines literarischen Debütanten sagen kann, zeigt schon, welch überraschender Coup Alix Michaelides hier gelungen ist. Die Rechte an seinem Roman wurden bereits in 35 Länder verkauft; eine Oscar-prämierte Filmproduktion hat sich die Filmrechte gesichert.