In einer Kleinstadt verschwindet ein Jugendlicher
Nach dem tragischen Tod seiner Eltern kommt der jugendliche Richard in die Kleinstadt Ballantyne zu Verwandten. In dem Ort passiert nichts Spannendes und so langweilt sich Richard oft. Wegen seiner schroffen und verletzenden Art findet er kaum Anschluss, schafft es aber andere Außenseiter für seine Zwecke zu manipulieren und instrumentalisieren. So auch Tom. Am Ende eines Tages, an dem die beiden Jugendlichen viel Blödsinn machen, kehrt Richard allein zurück nach Hause. Schnell steht er im Verdacht Tom getötet zu haben oder einen tragischen Unfall zu vertuschen.
Richards Version von Toms Verschwinden ist unglaubwürdig
Richard besteht aber auf seine Unschuld und erzählt eine wirre und unglaubwürdige Geschichte über Toms Verschwinden und den Täter, der in einem abgelegenen Haus im Wald, genannt das Nachthaus, lebe. Niemand glaubt ihm und Richards Leben in der Kleinstadt wird immer ungemütlicher und schwieriger, da ihn wirklich jeder verdächtigt, hinter Toms vermeintlichem Tod zu stecken.
Jo Nesbø überrascht mit einem außergewöhnlichen Twist
Einzig seine Schulkameradin Karen scheint Richard zu glauben und sie machen sich gemeinsam auf die Suche nach den wahren Hintergründen zu Toms Verschwinden. Richard gelingt es, einen weiteren Klassenkameraden dazu zu überreden, ihn zur Suche nach Tom zum Nachthaus zu begleiten, aber auch dieser Jugendliche kommt abends nicht mehr nach Hause zurück. Wieder wird Tom verdächtigt für das Verschwinden des Jugendlichen verantwortlich zu sein. Er kommt daraufhin in eine Besserungsanstalt, versucht aber weiterhin alles um den wahren Täter und dessen Motive zu finden. Doch dann überrascht uns Jo Nesbø mit einem unerwarteten Twist – und plötzlich scheint alles ganz anders als ursprünglich vermutet zu sein.
„Das Nachthaus“ spielt mit mystischen Elementen
Wer die Reihe rund um Harry Hole wie „Messer“ oder „Blutmond“ oder andere Krimis wie „Ihr Königreich“ von Jo Nesbø kennt, wird von „Das Nachthaus“ komplett überrascht. Die Geschichte ist mystisch, surreal und stellenweise hat man das Gefühl einen Stephen-King-Roman zu lesen. Ich bin begeistert, wie stimmig der Roman aufgebaut ist. Es handelt sich um drei Teile, die allesamt beinahe eigenständige Handlungsstränge darstellen. Erst am Ende ergeben sie ein rundes Ganzes, welches die vorherigen mystischen Elemente doch ganz logisch und glaubwürdig auflösen.
Ich musste diesen Thriller einfach binnen weniger Tage fertig lesen
Jo Nesbøs Roman ist von Anfang an unglaublich fesselnd und mitreißend, auch dank der stilistischen Mittel. Dem Autor gelingt es, jeden der drei Teile von „Das Nachthaus“ individuell zu gestalten. Während der erste Teil wie ein Jugendbuch mit mystischen Elementen aufgebaut ist, wird im zweiten Teil mit den Unterschieden zwischen den subjektiven und objektiven (Selbst-)wahrnehmungen gespielt. Im letzten Teil überwiegen dann rationale Gespräche und traumatische Erlebnisse aus der Kindheit sowie deren prägende Wirkung auf das restliche Leben. Jeder Teil für sich ist unglaublich gelungen und extrem fesselnd und ergibt zusammen ein spannendes Gesamtwerk. Man muss den Thriller einfach binnen weniger Tage fertig lesen. Besonders gut gefällt mir, dass die scheinbar mystischen und seltsamen Erlebnisse am Ende eine rationale und glaubwürdige Auflösung erhalten.
Warum „Das Nachthaus“ eingefleischte Jo-Nesbø-Fans irritieren könnte
Ich bin ein großer Jo-Nesbø-Fan, aber irgendwie hat mir bei seinen letzten Krimis das gewisse Etwas gefehlt. Das ist in „Das Nachthaus“ absolut vorhanden und mir persönlich gefällt es sehr gut, wie Jo Nesbø neue Pfade beschreitet. Wer allerdings kein Fan von mystischen Horrorbüchern à la Stephen King ist und bei Jo Nesbø sonst die Krimielemente besonders schätzt, wird mit diesem Thriller vermutlich wenig Freude haben. Absolut nichts in diesem Kriminalroman erinnert an seine anderen Werke und wird daher den einen oder anderen eingefleischten Fan vermutlich etwas irritieren.