Wolf

ISBN 978-3-551-65204-1

192 Seiten

€ 14,00

eBook: € 9,99

Saša Stanišićs junger Held Kemi muss ins Ferienlager, obwohl er keine Lust hat. Dort warten der Außenseiter Jörg, die Mobbing-Gang von Marko und ein „Wolf“.

Mit „Wolf“ versucht sich der vielfach ausgezeichnete Saša Stanišić als Kinderbuchautor

Wolf-Bestseller-Check

Mutter lässt nicht mit sich diskutieren: Kemi muss ins Ferienlager

Sätze, die seine Mutter ohne Not mit „übrigens“ beginnt, enden nicht gut für ihn, das weiß Kemi. Dieser Satz endet damit, dass seine Mutter ankündigt, er müsse für eine Woche ins Ferienlager. Motto: „Abenteuer Wald – Abenteuer Mensch“. Aber Kemi mag die Natur nicht. Er findet Bäume als Schrank super. Doch Mutter lässt nicht mit sich diskutieren.

Die Betreuer sind eine Dreadlocks-Frau, ein Rentner und ein Ziegenbart

Am Bus finden sich zur Abfahrt ein: „die Netten, die Zocker, die Sportler, die Einser, die Pferdemädchen“, also eigentlich fast alle, auch Jörg. Der wird noch eine wichtige Rolle spielen. Als Betreuer kommen mit: eine junge Frau mit Dreadlocks, ein junger Mann mit Ziegenbart, ein Rentner, eine Bella, eine tätowierte Zora und ein Piet, der eigentlich Pietritsch heißt.

Neben dem Ich-Erzähler ist der nerdige Jörg die Hauptfigur

Kemi landet mit Jörg im Zimmer, der ein noch krasserer Außenseiter ist als er selbst. Oder wie Saša Stanišićs Erzähler es formuliert: „Jörg ist wie alle eigen und wie alle anders, er wird aber von den anderen noch mal andersiger gemacht, verstehst du? Man kann jemanden nämlich absichtlich verandern. Sorry, mir fallen nur erfundene Wörter ein.“ Jörg legt seine T-Shirts akribisch zusammen, sogar die gebrauchten, er hat riesige Ohren und einen Wanderrucksack seines Großvaters dabei, er liebt Wandern und ist am liebsten allein.

Marko und seine Jungs versuchen Jörg zu mobben

Vermutlich ist es das, was Marko und seine Jungs triggert. Die sind immer nur im Rudel anzutreffen. „Dass da also einer allein sein kann und zufrieden ist – das lassen die nicht zu. Der soll allein sein, aber nicht zufrieden.“ So fahren Marko und seine Jungs immer wieder Attacken gegen Jörgs Zufriedenheit. Und wie das bei Mobbingopfern ist, entscheidet sich Jörg dazu, den Betreuern nichts davon zu sagen, weil er fürchtet, das Ganze könnte dadurch noch schlimmer werden.

Kemi könnte dem anderen Außenseiter helfen, aber er hat Angst

Kemi bekommt das Mobbing mit, hilft Jörg aber nicht, weil er Angst hat, selbst in den Fokus der Gang zu geraten. Auch versucht er alles, um an den Gruppenaktivitäten nicht teilnehmen zu müssen. Bei einer dieser Gelegenheiten freundet er sich mit dem riesenhaften Ferienlager-Koch an, der zu seinem geheimen Verbündeten wird.

Der Wolf ist ein poetisches Motiv, das Saša Stanišić in die Geschichte einführt

Und dann sitzt eines Abends plötzlich ein Wolf vor dem Fenster der Hütte. „Der Wolf ist groß, der Wolf ist schlank, der Wolf ist grau. Der Wolf leckt sich über die Schnauze. Guckt aus gelben Augen. Der Wolf atmet über eine Atemraspel.“ Fortan taucht der Wolf immer wieder auf. Zunächst wirkt es so, als könnte ihn nur Kemi sehen. Doch irgendwann stellt er fest, dass auch Jörg das wilde Tier kennt. Da ist das Ferienlager aber schon fast vorbei.

Verspielter Humor, treffsichere Beobachtungen, starke Illustrationen

Es ist schön, dass der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Saša Stanišić sich mit „Wolf“ auch mal eine Geschichte für Jugendliche ausgedacht hat. Und dabei ist ihm vieles gelungen: An etlichen Stellen blitzt ein verspielter, mitunter zweideutiger Humor auf. Oftmals treffen die von ihm beschriebenen Situationen ins Herz dessen, was Teenager denken und fühlen. Auch behandelt Saša Stanišić wichtige Themen wie Mobbing, Angst, Gruppendruck und Umweltschutz. Die Illustrationen von Regina Kehn sind von schlichter Schönheit, kommen mitunter mit einem Augenzwinkern daher und treffen genau die Mitte zwischen klassisch und modern.

Eine Frage muss sich Saša Stanišićs Roman „Wolf“ gefallen lassen

Einzig zweifelhaft bleibt, ob das laut Antolin für Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse empfohlene Buch wirklich auf die Altersgruppe passt. Denn von ihrem Abenteuer- und Spannungsfaktor her dürfte die Geschichte eher für jüngere Leserinnen und Leser geeignet sein – es handelt sich um eine doch größtenteils brave, weitestgehend actionfreie und harmlose Story, die ein cooler 12-Jähriger womöglich belächelt. Allerdings sind die Beobachtungen und Reflexionen des Ich-Erzählers mitunter derart anspruchsvoll, dass man sich fragt, ob sie nicht über die Köpfe jüngerer Leser hinweggeschrieben sind. „Wolf“ ist aber ganz sicher ein Buch, das so geschrieben ist, wie Eltern sich Bücher vorstellen, die ihre elfjährigen Kinder lesen sollten. Vielleicht lesen dieses Buch am besten die Eltern mit ihren Kindern gemeinsam?

ISBN 978-3-551-65204-1

192 Seiten

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/annika-von-schnabel/" target="_self">Annika von Schnabel</a>

Annika von Schnabel

Nach einem Studium der Anglistik und Kunstgeschichte und einem Volontariat in der Kulturredaktion, machte sich Annika von Schnabel als Journalistin selbständig. Besonders gerne schreibt sie über Kinderbücher, Gesundheitsbücher und Romane. Die Mutter zweier Kinder ist verheiratet und mag Katzen.

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