Frau Bluhm liest „Weil niemand sie sah”: 5 von 5 Blu(h)men
Eine 15-Jährige verschwindet spurlos – wirklich eine Entführung?
Die 15-jährige Ellie Mack verschwindet kurz vor ihren Abschlussprüfungen. Polizei und Medien gehen davon aus, dass das Mädchen von zuhause ausgerissen ist. Ihre beiden Geschwister und ihre Eltern Paul und Laurel glauben an eine Entführung und noch bevor Jahre später Ellies Überreste gefunden werden, zerbricht die bis dahin glückliche Familie an ihrer Trauer.
Floyds Tochter ähnelt der Verschwundenen auf unheimliche Weise
Als Laurel nach zehn Jahren endlich mit dem Verschwinden ihrer Tochter abschließen kann, beginnt die 55-Jährige sich langsam wieder für die Zukunft und das Leben zu öffnen – und als der attraktive Floyd auf der Bildfläche erscheint, erlaubt sie sich endlich wieder glücklich zu werden. Doch dann begegnet sie zum ersten Mal Floyds neunjähriger Tochter Poppy, und diese weist eine fast schon unheimliche Ähnlichkeit mit Ellie auf.
Lisa Jewell gelingt eine komplexe, hochspannende Erzählung
Schon früh während der Lektüre von Lisa Jewells Roman „Weil niemand sie sah“ wird klar, dass die Bezeichnung „Thriller“ eigentlich besser passen würde. Von der ersten Seite an baut die Autorin Spannung auf, die sie noch zusätzlich durch verschiedene Perspektivwechsel innerhalb der Erzählung verstärkt. So ahnt man tatsächlich schon bald, was in etwa mit Ellie passiert ist, die Hauptfigur Laurel tappt aber fast bis zum Ende der Geschichte im Dunkeln. Immer wieder werden uns Andeutungen hingeworfen, die wir uns zunächst nicht erklären können, die aber allesamt während der Handlung aufgeschlüsselt und deren Hintergründe zum bestmöglichsten Zeitpunkt offenbart werden. Daraus entsteht eine komplexe Erzählung, die einerseits gut zu verstehen, andererseits aber doch spannend ist.
„Weil niemand sie sah“ ist ein Thriller, wie ich ihn noch nie gelesen habe
Das beste Prädikat, das man einem Thriller geben kann, ist meiner Meinung nach, dass er einen an keinen anderen Thriller, den man bisher gelesen hat, erinnert. Im Fall von Lisa Jewells „Weil niemand sie sah“ trifft dies aus meiner Sicht zu. Schon beim Lesen des Klappentextes kann man sich denken, dass Laurels späterer Freund Floyd wohl irgendwie in die Ereignisse von vor zehn Jahren verwickelt sein muss. Die Art und Weise wie diese Verwicklung sich dann aber gestaltet, haut einen echt aus den Socken.
Ein Juwel der Thrillerwelt und gleichzeitig ein Sozialdrama
Lisa Jewell hat hier ein kleines Juwel der Thrillerwelt geschaffen. Durchsetzt mit vielen Aspekten eines Sozialdramas, entwickelt sie eine spannende, logisch durchdachte und sprachlich ansprechende Storyline, deren Lektüre ich von Herzen empfehle.