Ulla Mersmeyer hat das süßeste Erdmännchen-Kinderbuch der Welt gezeichnet. Im Interview verrät die Illustratorin wie sie auf ihre Ideen kommt, wie man ein Erdmännchen-Kinderbuch wie „Eselin Evelyn“ zeichnet und ob sie in der Schule gute Noten hatte.
Hallo Ulla, herzlichen Glückwunsch zum Erscheinen deines zweiten Eselin Evelyn-Bilderbuchs „Eselin Evelyn – Das beste Erdmännchen der Welt“! Du hast für dieses Buch ja nicht nur die Geschichte erfunden, sondern auch die Illustrationen selber gemalt. Was war zuerst in deinem Kopf: die Idee für die Geschichte oder ein paar schöne Bilder, die du unbedingt malen wolltest?
Normalerweise ist die Idee zuerst da. Sobald eine Idee Form annimmt und das Zeug für ein Bilderbuch hat, ploppen die Bilder in meinem Kopf auf.
In ihrem ersten Abenteuer „Eselin Evelyn entdeckt den Südpol“ ist deine Heldin mit dem Heißluftballon zum Südpol geflogen. Jetzt schickst du sie in einem Boot nach Afrika. Reist du selber auch gerne?
Seit ich denken kann, möchte ich eine Heißluftballonfahrt machen. Leider ist es bisher bei einem Wunsch geblieben. Jetzt fliegt eben Evelyn (vorerst!) stellvertretend für mich über Berg und Tal. Ja, ich reise auch gern, letztes Jahr war ich beispielsweise in New York, meinen Cousin und seine Familie besuchen. Das war ein Erlebnis! Die Stadt ist einfach überwältigend. Ich bin mit einem dicken Koffer inspirierender Eindrücke zurückgekommen, genug Stoff für viele weitere Geschichten …
So ganz absichtlich landet die Eselin Evelyn nicht auf dem Boot, das sie nach Afrika bringt. Vielmehr wird ihre Reise sehr stark von ihrer Liebe zu Boskop-Äpfeln beeinflusst. Magst du selber auch gerne Boskop-Äpfel? Sind die nicht ein bisschen sauer?
Stimmt, Boskop Äpfel esse ich lieber mit viel süßer Sahne in Form eines Apfelkuchens. Zu Eselin Evelyn passt es aber, sie mag das Extreme! Gut, dass sie so heiß auf Saures ist, denn sonst würde sie sich ja nie Hals über Kopf in neue Abenteuer stürzen.
Warum hast Du Dich ausgerechnet für eine Eselin als Hauptfigur entschieden?
Esel sind einfach wunderbare Tiere. Freundlich, gesellig und vor allem neugierig. Anders als Pferde bleiben Esel bei drohender Gefahr stehen und stellen sich der Herausforderung. Deshalb passte die Eselin als Hauptfigur besonders gut.
Bei meiner Recherche habe ich zwei Esel kennengelernt. Ich hätte gerne einen der beiden mit nach Hause genommen, so süß waren sie. Aber das Leben in einer Stadtwohnung wäre für einen Esel sicher kein Vergnügen. Auch wenn er oder sie von mir immer genug Boskop-Äpfel bekommen würde!
In Afrika trifft die Eselin Evelyn auf eine Schar lustiger Erdmännchen, die ihr zeigen, wie man Sandburgen baut und sogar, wie man den Sand wieder aus den Ohren bekommt. Aber dann schleicht sich plötzlich ein Löwe an – ganz schön gefährlich! Magst du eigentlich Löwen?
Löwen beeindrucken mich durch ihre Anmut und Stärke sehr. Der Gedanke liegt nahe, den Löwen als König der Tiere zu bezeichnen. Bei den Evelyn-Bilderbüchern geht es immer auch um Freundschaft. Evelyn und die Tiere, die sie auf ihren Reisen kennenlernt, haben immer eine Menge Spaß miteinander. Aber zu jedem richtigen Abenteuer gehört natürlich auch ein bisschen Gefahr. Wie richtige Freunde halten die Tiere zusammen und so gelingt es ihnen, den Löwen mit vereinten Kräften in die Flucht zu schlagen.
Du hast viele schöne und bunte Bilder für dieses Buch gemalt. Verrätst du uns, in welchen Arbeitsschritten so ein Bild entsteht?
Danke für die Blumen! Ich bringe meine Art zu denken auf Papier, deshalb steckt ganz viel Persönlichkeit in meinen Illustrationen. Meine Illustrationen werden immer wieder als sehr humorvoll bezeichnet, das ist ein großes Kompliment.
Jetzt aber zu Deinen Fragen: Zu allererst entwickle ich die einzelnen Charaktere. Bis eine Figur richtig lebendig wirkt, zeichne ich viele Skizzen. Erst wenn man einer Figur ihren Charakter ansehen kann, wird beim Betrachter die Neugierde geweckt. Dann geht es an den Bildaufbau. Anhand eines Storyboards zeichne ich skizzenhaft, was auf jeder Doppelseite zu sehen sein soll und welche Perspektive das Geschehen dynamisch macht.
Ist es dir wichtig, den Leser zu unterhalten?
Oh ja, abgesehen von einem interessanten Charakter (und natürlich einer spannenden Handlung) ist die Perspektive, von der ich eben gesprochen habe, eine gute Möglichkeit, den Leser in das Geschehen eintauchen zu lassen. Durch unterschiedliche Blickwinkel mache ich den Leser zu einem Teil der Geschichte. Das bedeutet, mal findet sich der Leser als Erdmännchen wieder, aus einer Art Froschperspektive, oder er sitzt neben Evelyn im Ballonkorb. Das macht Spaß und der Leser bleibt am Ball! Nachdem ich anhand zahlreicher Skizzen, den Bildaufbau festgelegt habe, lege ich mit der Vorzeichnung los. Die Vorzeichnungen zeigen alles, was später auf der fertigen Doppelseite zu sehen ist. Hier muss alles stimmen. Wie sehen die einzelnen Figuren und Gegenstände aus, stimmen die Proportionen, ist die räumliche Darstellung richtig? Sobald die Vorzeichnung fertig ist, fange ich an, mit Farbe herumzuexperimentieren. Ein gutes Gefühl für Farbkomposition ist dabei sehr wichtig.
Konntest du als Kind auch schon so gut malen?
Vermutlich bin ich mit einem Bleistift in der Hand zur Welt gekommen. Ich habe schon immer gezeichnet, kein Papier und sei es noch so klein, war vor mir sicher. Meine Eltern haben alles eingesammelt (darunter zahlreiche Einkaufszettel), beschriftet und in ein Büchlein geklebt. Wenn ich mir das Buch heute anschaue, muss ich noch immer über diese verrückte Bilderwelt schmunzeln. Ich bin froh, dass ich mir das bewahrt habe. Umso schöner ist es, daran anzuknüpfen, kreativ zu sein und mit meinen Illustrationen andere Menschen zu erfreuen und zum Lachen zu bringen.
Was muss man machen, wenn man so eine tolle Bilderbuch-Illustratorin werden will wie du?
Es ist am Anfang nicht leicht, sich auf dem Kinderbuchmarkt zu etablieren. Es ist sehr wichtig, regelmäßig die Buchmessen zu besuchen und Dich bei den Verlagen in Erinnerung zu rufen um zu zeigen, was Du kannst. Für mich gibt es keinen schöneren Beruf, auch wenn es als freiberufliche Illustratorin dazugehört, sich ständig zu behaupten und sich nicht entmutigen zu lassen. Mein Traum ist es, eigene Geschichten zu schreiben und diese mit humorvollen Bildern zum Leben zu erwecken. Am liebsten für alle großen und kleinen Kinder der Welt.
Hattest du gute Noten in der Schule?
Nur in Kunst, Deutsch und Sport.
Du malst ja nicht nur Erdmännchen-Bücher, sondern du hast auch die Illustrationen für unser gemeinsames Kinderbuch „Juni im Blauen Land“ gemalt. Bist du dabei, wenn meine Tochter Jona und ich uns ein neues Juni-Dorfabenteuer ausdenken?
Na klaro. Ich freue mich schon sehr auf neue Abenteuer aus dem Blauen Land. Als Illustratorin beschäftigst Du Dich zwangsläufig mit ganz unterschiedlichen und oft sehr interessanten Themen. An „Juni“ finde ich es toll, in das Leben auf dem Land einzutauchen. Als ewiger Stadtmensch mache ich mir ja keine Gedanken über Wurstschaukeln und Ponyhalfter-Diebe!
Über Ulla Mersmeyer