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Wie sein Krimi „Zig Meier und die Grube von Walden“ entstand. Was ihm beim Schreiben wichtig ist und was er macht, wenn sein Tagespensum nicht stimmt. Aus der Schreibwerkstatt von Stephan Brüggenthies.

Stinknormales Exzentrikerleben – ein Bericht aus der Kriminalroman-Werkstatt von Stephan Brüggenthies

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Manchmal verschwindet alles in der Mülltonne

Ich bin ein Planer. Manche schreiben erfolgreich einfach drauflos und das Werk entsteht beim Schreiben, in progress. Das kann ich nicht. Beide Arbeitsweisen haben Vor- und Nachteile. Manchmal denke ich Monate, gar Jahre über eine Geschichte nach. Ich mache mir Notizen, sammle, sortiere, mache mir neue Notizen, durchdenke, wälze alles hin und her, bis ich das Gefühl habe, Geschichte und Figuren fühlen sich richtig an.

Manchmal verschwindet das alles auch in der Mülltonne, beziehungsweise heutzutage in den Tiefen der Festplatte. Der Vorteil dieser Arbeitsweise für mich ist aber, dass ich in dieser Phase überall arbeiten kann. Im Museum, im Park, im Zug, im Büro, es spielt keine Rolle. Ein Notizblock und ein Stift reichen mir als Arbeitsmittel. Besser noch ist es manchmal, wenn man sogar diese Hilfsmittel nicht hat. Es ist kein Klischee, dass die entscheidenden Lösungen für größere Problemkomplexe einer Geschichte, die wochenlang nicht zusammenpassen wollen, unter der Dusche kommen. Oder in der Sauna. Oder auf der Couch, wenn man eigentlich einen Mittagsschlaf halten will. Ich hasse Mittagsschlaf, zwinge mich aber aus diesem Grund manchmal dazu.

Jede nachträgliche Änderung ist gefährlich

Erst wenn ich das Gefühl habe, dass alles beisammen ist, fange ich mit dem wirklichen Schreibprozess an. Täglich, möglichst früh am Tag, oft um 8, und dann lasse ich alles aus dem Kopf heraus. Hierbei kommt es trotz aller Planung vor, dass sich Dinge im Lauf der Geschichte verändern, weil man bemerkt, dass es anders noch ein bisschen besser funktioniert. Manchmal stimmt das dann später, manchmal auch nicht. In jedem Fall ist es gefährlich, weil die Geschichte ein Feld aus Dominosteinen ist, jede Änderung kann sich woanders auswirken, da muss man höllisch aufpassen.

Die Musik ist für mein Schreiben wichtig

In der Schreibphase lese ich keine Texte von anderen Autoren. Ansonsten bewundere ich Hemingway, Salinger (vor allem die Kurzgeschichten), Jean-Philippe Toussaint, Pablo de Santis, Umberto Eco. Nein, fast wichtiger ist mir die Musik, ich spiele gern auf dem Klavier oder auf der Gitarre, Bach, Zbigniew Preisner, Radiohead, Steve Goodman, alles was gut ist. Schaue Fernsehserien, True Detective, Downton Abbey, Man in the high castle … Gehe raus, spazieren, Spazierengehen ist immer gut. Esse. Trinke.

Wenn mein Tagespensum nicht stimmt, werde ich unzufrieden

Wenn ich das Gefühl habe, mein Pensum am Tag nicht geschafft zu haben, werde ich unzufrieden. Dann arbeite ich, wie sonst nur vor Abgabeterminen, auch bis spät in die Nacht. Mit zunehmendem Lebensalter versuche ich das aber zu vermeiden.

Danach bin ich in eine einjährige Krise gefallen

Als Autor muss ich immer Geschichten in unterschiedlichen Stadien haben. Wie ein Gärtner: Samen, kleine Pflanzen, mittlere Pflanzen, fertige Pflanzen. Alles andere frustriert und führt früher oder später entweder zu Langeweile oder zu Überlastung, was ich beides schon erlebt habe. Ich habe einen Kurzfilm gemacht, der so erfolgreich war, dass ich mit ihm anderthalb Jahre durch die Welt getingelt bin. Danach bin ich in eine einjährige Daseinskrise gefallen, in ein Loch. Das ist nicht gut. „Normale“ Stagnationsphasen dagegen muss man einfach akzeptieren; es gibt immer bei den Projekten Phasen, wo es nicht weitergeht (mal liegt es an einem selbst, mal liegt es an anderen). Eigentlich müsste ich das alles inzwischen wissen, dennoch fällt es mir jedesmal schwer, damit umzugehen. Manchmal ist das Schicksal aber auch einfach brutal mit dem Timing, wenn zwei Projekte zur selben Zeit absterben. Oder wenn sich Deadlines verschieben: Einmal musste ich daraufhin parallel einen Roman und einen Tatort fertigstellen. Da war das Leben nicht lustig.

Ich führe ein stinknormales Exzentrikerleben in Köln

Es hilft alles nichts, durch das alles muss man durch, wenn man Geschichten erzählen will. Meine westfälische Oma hat immer gesagt „Von nix kommt nix“. Und in Köln, wo ich mitten im Altstadt-Brennpunkt ein stinknormales Exzentrikerleben führe, sagt man: „Et hätt noch emmer joot jejange“ (es ist noch immer gutgegangen). Am gesündesten ist es, wenn man sich irgendwo dazwischen aufhält.


Stephan Brüggenthies ist bekannt für seine Kriminalromane „Der geheimnislose Junge“ und „Die tote Schwester“. Mit „Zig Meier und die Grube von Walden“ legt der Kölner seinen dritten Kriminalroman um den Kommissar Zbigniew Meier vor.


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