„Ein spannendes Buch, wunderbar trocken, bisweilen lakonisch erzählt.“ Volker Klüpfel
Die eine Hälfte des Kluftinger-Erfinder-Duos – Volker Klüpfel – hat im Urlaub mit großem Vergnügen „Das Buch der Spiegel“ gelesen. Er sei auf das Buch durch „Kritikergott Denis Scheck“ aufmerksam geworden, verrät Volker Klüpfel. Es sei ein spannendes Buch, wunderbar trocken, bisweilen lakonisch erzählt, „wie ich es mich nie getrauen würde, und – bevor das jemand einwendet: wohl auch nicht könnte.“ Auch wenn Volker Klüpfel nicht ganz mit Denis Scheck übereinstimmt, dass es sich um eine Geschichte über die Verlässlichkeit von Erinnerungen handelt. Natürlich schildere jeder der Protagonisten/Verdächtigen die Tatnacht anders. Denn letztlich, wie in jedem Krimi, gehe es um Lügen und ob man dabei erwischt werde oder nicht. „Auch wenn also die philosophische Dimension meiner Meinung nach fehlt, tut das dem Leseerlebnis keinen Abbruch. Und, mal ehrlich, wer die Prämisse ‚Lektor findet halbfertiges Manuskript über einen realen Mord, das aber kurz vor der Enthüllung des Mörders abbricht‘ nicht spannend findet, wird sich mit Krimis insgesamt eher schwer tun.“
„Ich kenne keinen anderen, der in jedem Buch einen Finger in eine gesellschaftliche Wunde legt.“ Tobias O. Meißner
Der virtuose Fantasy-Autor Tobias O. Meißner, der u.a. die Horror-Reihe „Hiobs Spiel“ und die Fantasy-Serie „Sieben Heere“ verfasst, liest gerade mit großer Begeisterung den „Dengler“-Zyklus von Wolfgang Schorlau. Dabei will Tobias O. Meißner die Schwächen des Kollegen gar nicht verhehlen: „Der Stil könnte ruhig noch etwas origineller sein, die stellenweise absurden Zufälle irritieren, und dass der Protagonist jeden Tag dieselbe Musik hört, lässt ihn etwas stumpfsinnig wirken, auch wenn es sich um gute Musik handelt.“ Aber egal, findet Tobias O. Meißner: Er kenne keinen anderen Krimi-Autor im Gegenwartsdeutschland, der so radikal in jedem einzelnen Buch einen Finger in eine gesellschaftliche Wunde lege.
„Schorlau mistet mit seinem ‚Dengler-Zyklus‘ Deutschland aus.“ Tobias O. Meißner
Band 1 („Die blaue Liste“) bringe drei bekannte Fälle aus der jüngeren Geschichte zusammen, zwischen denen man gar keinen Zusammenhang vermutet hätte. Nach Band 3 („Fremde Wasser“) betrachte man sein Leitungswasser mit anderen Augen. Band 4 („Brennende Kälte“) werfe einen ins Gruselige überhöhten, extrem kritischen Blick auf Auslandseinsätze der Bundeswehr. Und so geht es weiter, bislang acht Bände lang. Alles wichtige Themen, wichtige Fragen. „Der ‚Dengler‘-Zyklus wirkt, als würde jemand die zwölf Aufgaben des Herkules abarbeiten, und alle zwölf bestehen daraus, den Augiasstall namens Deutschland auszumisten.“
„Wahrscheinlich das Buch des Jahrzehnts.“ Tobias O. Meißner
Aber Tobias O. Meißner hat noch einen zweiten Tipp: Was den Schreibstil angehe, könne niemand Alan Moore etwas vormachen. Sein 2016 erschienenes Monumentalwerk „Jerusalem“ ist für Tobias O. Meißner „wahrscheinlich das Buch des Jahrzehnts, wenn nicht sogar noch mehr.“ Leider ist es nur auf Englisch erhältlich, aber es handle sich um so ein herausragend tolles Englisch, dass man sich diesen Genuss unmöglich entgehen lassen könne. Das Buch spiele mit dem Gedanken, erklärt Tobias O. Meißner, dass jeder Ort der Mittelpunkt des Universums sein könne, und dass Wahnsinn eine Gabe sei. „Überlebensgroß. Man merkt auf jeder Seite, dass da zehn Jahre Arbeit reingeflossen sind.“
„Einen stille, sehr berührende Geschichte mit entschleunigender Wirkung.“ Judith W. Taschler
Judith W. Taschler, deren neuer Roman „David“ just erschienen ist, empfiehlt Elisabeth Tova Baileys „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“. Es sei eine eher stille Geschichte, jedoch eine sehr berührende, findet die Erfolgsschriftstellerin. „Und das Großartige daran war meiner Meinung nach diese ‚entschleunigende‘ Wirkung, die es auf den Leser ausübt: Eine schwerkranke Frau, die ans Bett gefesselt ist und sich absolut nicht bewegen kann, bekommt eine Topfpflanze samt Schnecke geschenkt und verliert sich in Beobachtungen. „Je vertrauter mir die Welt der Schnecke wurde, desto fremder wurde mir die Menschenwelt; meine eigene Spezies war so groß, so gehetzt, so verwirrend.“ Die Kranke sei fasziniert von der Welt dieses kleinen, unterschätzten Tieres, beschäftige sich immer mehr damit und entdecke, so Judith W. Taschler, Erstaunliches.
Und wem das alles nicht reicht – Judith W. Taschler verrät noch neun weitere Lieblingsbücher
Obendrein empfiehlt die Autorin auch noch: Milan Kunderas „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, „Die Unsterblichkeit“, „Der Abschiedswalzer; außerdem John Irvings „Gottes Werk und Teufels Beitrag“, Vladimir Nabokovs „Lolita“, Alice Munros „Zu viel Glück“, Doris Knechts „Besser“, Leon de Winters „Leo Kaplan“ und Robert Seethalers „Ein ganzes Leben“.