ISBN 978-3-462-05086-8

208 Seiten

€ 19,00

Welches Familienmitglied hat den Behörden in Moskau verraten, dass Großvater Devisen schmuggelt. Um diese Frage kreist Maxim Billers für den Deutschen Buchpreis nominierter Roman „Sechs Koffer“.

In „Sechs Koffer“ erzählt Maxim Biller die dramatische Geschichte seiner eigenen Familie

Welches Familienmitglied hat den Behörden in Moskau verraten, dass Großvater Devisen schmuggelt. Um diese Frage kreist Maxim Billers für den Deutschen Buchpreis nominierter Roman „Sechs Koffer“.


Frau Bluhm liest „Sechs Koffer“: 5 von 5 Blu(h)men

5 Blumen Frau Bluhm liest


In „Sechs Koffer“ erzählt Maxim Biller seine eigene Familiengeschichte

Von Maxim Biller und dem Bild, das er von sich in der Öffentlichkeit zeichnet, kann man halten, was man möchte. Klar ist: Schreiben kann der Mann, was er auch mit seinem aktuellen Roman „Sechs Koffer“ wieder eindrucksvoll zeigt. Gleichzeitig beweist er: Nur weil man ein Familienepos schreibt, muss das Werk nicht 600 Seiten umfassen. In „Sechs Koffer“ beleuchtet Maxim Biller die Geschichte seiner eigenen Familie auf 200 Seiten, geschildert aus sechs verschiedenen Perspektiven von sechs Familienmitgliedern. Bis zu ihrem Schluss kreist der Roman um die Frage: Wer hat den Tod des Großvaters verschuldet?

„Sechs Koffer“ ist nominiert für den Deutschen Buchpreis

Maxim Biller hat hier ein wirklich wunderschönes Stück Literatur erschaffen. Und er wurde bereits dafür belohnt: Der Autor steht auf der nur noch sechs Werke umfassenden Shortlist des diesjährigen deutschen Buchpreises. Aus der Ich-Perspektive schildert er so farbenfroh und authentisch das Geschehen, dass einem beim Lesen ein glasklares Bild im Kopf entsteht. Ja, diese sechs Menschen verwandeln sich aus Tinte und Papier in Fleisch und Blut.

Wer hat Schuld am Tod des Großvaters? Das ist die große Frage des Romans

Fleisch und Blut – und Fehler. Denn fehlerhaft sind sie alle, das ist keine Frage. Aber wer hat nun den Taten (jiddisch: Großvater) auf dem Gewissen? Seine Geschichte ist dramatisch: Der Großvater wird 1960 in Moskau mit einigen hundert Dollar in der Tasche wegen Devisenschmuggels festgenommen. Er befindet sich gerade auf dem Weg nach Prag. Dort will er seinem Sohn und der Schwiegertochter zur Geburt ihres Sohnes Maxim Biller ein Auto kaufen. Doch so weit kommt es nicht: Devisenschmuggel ist verboten. Der Großvater wird hingerichtet.

„Sechs Koffer“ macht die Zeit des Kalten Kriegs anschaulich und greifbar

Auf dem Weg zur Klärung der Schuldfrage gewährt Maxim Biller nicht nur tiefe Einblicke in seine Familiengeschichte – sie ist durchsetzt von großen Worten und ebenso großem Schweigen. Er zieht uns auch hinein in die Zeit des Kalten Kriegs: Wir begleiten die Billers von Prag über Hamburg und die Schweiz bis nach Berlin, und erleben hautnah mit, was die damalige Zeit mit den Menschen gemacht hat. Dass ein einziges falsches Wort genügte, um Familienmitglieder voneinander zu entfremden; dass es manchmal sogar ausreichte gar nichts zu sagen. Ich als Westkind, welches sowieso rein vom Geburtsjahr her das meiste nicht mitbekommen hat, habe mir Vieles, was damals geschehen ist, aus Büchern, durch Museumsbesuche oder Filme erschlossen. Aber selten war ich so mittendrin in der Dramatik der Ost-West-Streitigkeiten, wie während der Lektüre dieses Buches.

Fazit: Maxim Biller hat mit „Sechs Koffer“ ein großartiges Buch geschrieben

So steht die Familie mit den sechs verschiedenen Päckchen, oder eben Koffern, die jedes einzelne Mitglied zu tragen hat, sinnbildlich für drei Generationen von Menschen, die mit den Verheerungen des Kalten Kriegs zu kämpfen hatten. Und das aus unglaublich menschlicher Sicht, gepaart mit wundervoll poetischer Schreibweise, die aber an vielen Stellen so humorvoll und bodenständig ist, dass man sie gut lesen kann, ohne vom hohen Anspruch erschlagen zu werden. „Sechs Koffer“ ist ein wirklich großartiges Buch, das seinen Platz auf der Shortlist mehr als verdient hat. Wir drücken die Daumen, Herr Biller!

ISBN 978-3-462-05086-8

208 Seiten

€ 19,00

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Frau Bluhm

Geboren 1984 in Aschaffenburg, studierte Katharina Bluhm Psychologie und arbeitet seither als Erzieherin. Sie liebt Bücher und Filme. Seit 2017 bewertet sie in ihrer Kolumne „Frau Bluhm liest“ für BUCHSZENE.DE mit Begeisterung, aber auch kritisch Bücher jeden Genres. Sie lebt mit ihrer Familie in Aschaffenburg.

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