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Wie lesen eigentlich Sie am liebsten?

Lesen ist Sex mit Büchern – Jörg Steinleitner über die Stellungen bei der schönsten Nebensache der Welt

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Jörg Steinleitner erläutert die wichtigsten Positionen, zieht interessante Parallelen zu Tierreich und Erotik, betrachtet die Stellung des Froschs in der Literaturgeschichte und erläutert, was das Ganze mit dem Literaturnobelpreisträger Mo Yan aus China zu tun hat. 

Der Frosch, der Beischlaf und die chinesische Ein-Kind-Politik

Der Frosch führt in der Literatur ein Nischendasein. „Der Froschkönig“ ist ein alter Hut, Martin Luthers Fabel „Der Frosch und die Maus“ praktisch unbekannt und sonst gibt es nur den Roman des chinesischen Literaturnobelpreisträgers Mo Yan, betitelt mit: „Frösche“. Immerhin handelt es sich bei diesem Werk laut Spiegel und Zeit um ein lesenswertes Buch. Es erzählt von einer Abtreibungshebamme, die die chinesische Ein-Kind-Politik zu vollstrecken hat.

Womit wir bei meinem Anliegen wären: Haben Sie schon davon gehört – die Wissenschaft hat eine neue Stellung entdeckt, mit der Frösche Sex haben. Bislang kannten wir nur die Kopfgrätsche, die Kopfstellung, die Leistenstellung, die Achselstellung sowie Verklebt und Unabhängig. Seit Kurzem ist bekannt, dass Frösche es auch mit der Rückengrätsche tun. Womöglich ist gar nicht der Affe unser nächster Verwandter?

Auch beim Menschen ist es so: Jeder macht es in einer anderen Stellung

Weil dies jedoch kein Sexratgeber, sondern eine Buchkolumne ist, fragen Sie sich vermutlich: Was erzählt er nur? Ist er betrunken? Hat er Viagra geraucht? Nein, liebe Leserinnen und Leser, die erotischen Stellungen des Froschs bringen uns auf direktem Weg zu den Lesestellungen des Menschen. Denn auch dem Lesen wohnt eine nicht von der Hand zu weisende Erotik inne – und jeder macht es in einer anderen Stellung.

Ich persönlich tue es gerne im Bett und bevorzuge hierbei die Bauchstellung. Das Buch liegt unter mir, ich stütze mich auf die Ellenbogen, unter meiner Brust knüllt sich ein Daunenkissen. Doch wer denkt, derartige Stellungen ließen sich anerziehen oder genetisch vererben, irrt. Mein Sohn Leonhard etwa zieht die Rückenlage vor. Er hält das Buch über sein Gesicht. Ihn in dieser für Bi-, Tri- und andere Zepse extrem anstrengende Rückenstellung zu beobachten, bereitet mir Schmerzen.

Bei der Spinnenstellung wird das Buch auf den Oberschenkeln abgelegt

Interessant ist: Leonhard hat diese Position nicht von seiner Mutter geerbt. Helena macht es wie ich im Bett, allerdings im Sitzen und mit angewinkelten Beinen. Das Buch liegt bei dieser Spinnenstellung auf ihren Oberschenkeln. Immerhin deutet sich hier eine Parallele zu den Vorlieben unserer kleineren Tochter Elsa an: Elsa liest genauso wie ihre Mutter, allerdings bevorzugt sie als Stütze keine Wand, sondern eine Ecke. Die Eckstellung ist als Unterstellung der Spinnenstellung zu klassifizieren.

Unsere größere Tochter Isabella bevorzugt die liegende Seitenstellung. Sie stützt ihren Kopf in die rechte Hand, die linke Hand liegt auf der Seite des Buchs, die sie gerade nicht liest. Mein Freund Richard, der Schuldirektor, dagegen macht es gar nicht im Bett. Er sitzt aufrecht an seinem Esstisch, das Buch liegt vor ihm. Die Direktorenstellung ist ein Klassiker für Leser mit Sinn für Stil und Tradition.

Welche Stellung führt nun auf gesündeste Art zum Höhepunkt?

Hier muss man deutlich sagen, dass die Bauchstellung orthopädisch kritisch ist: Sie begünstigt eine Hohlkreuzbildung. Die Spinnen- und Eckstellung fördert Venenprobleme und die Seitenstellung beschleunigt die einseitige Wirbelsäulenabnutzung. Auch die Direktorenstellung ist eine Belastung für den Bewegungsapparat. Alle mir bekannten Leseärzte und Bibliotheker empfehlen deshalb die Rückenstellung. Interessant ist, dass auch die beliebteste Sexstellung des Menschen, die Missionarsstellung, eine Rückenlage vorsieht. Daraus schließe ich, was Sie garantiert schon immer wussten: Lesen ist Sex, aber mit Büchern.

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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