Handys, Kaffee, Gefühle – überall ist Chemie drin, die uns beeinflusst
Wer jemals gedacht hat, Chemie sei eine komplizierte, wirklichkeitsferne Wissenschaft, dem beweist Mai Thi Nguyen-Kim, Moderatorin der WDR-Sendung Quarks, auf ziemlich flapsige Weise das Gegenteil. Anhand eines Tages aus ihrem Leben erläutert die promovierte Chemikerin in ihrem Buch „Komisch, alles chemisch! – Handys, Kaffee, Emotionen – wie man mit Chemie wirklich alles erklären kann“ die wichtigsten chemischen Phänomene, die unser Dasein prägen.
Das Problem mit der Schlafbrille von Mai Thi Nguyen-Kims Freund
Bereits vor dem Aufwachen geht es los. Denn Nguyen-Kims Freund schläft mit Schlafbrille, weshalb er morgens einen extrastarken Wecker braucht, um wach zu werden. Wegen der Schlafbrille, erklärt Nguyen-Kim, sei Matthias‘ Melatoninspiegel zu hoch. Ganz grundsätzlich gilt: Je höher der Melatoninspiegel in unserem Körper ist, desto müder fühlen wir uns. Die Chemikerin würde ihrem Lebensgefährten gerne die Schlafbrille wegnehmen, aber er behauptet, dass dann sein Melatoninspiegel sinkt und dass er dann nicht mehr gut schlafen kann.
Kaffee sollte man erst eine Stunde nach dem Aufstehen trinken
In ihrem Buch “Komisch, alles chemisch!” hangelt sich Nguyen-Kim anhand ihres eigenen Tagesablaufs durch die unser Leben prägende Chemie. Nachdem sie das Schlafen abgehandelt hat, erklärt sie, was beim Aufstehen passiert: Das natürliche Cortisol im Körper hilft uns beim Aufstehen. Zeit, in die Küche zu gehen. Hier wartet bereits die nächste chemische Herausforderung des Tages: „Idealerweise sollte man seinen ersten Kaffee nicht sofort, sondern erst eine Stunde nach dem Aufstehen trinken.“ Weil Kaffee die Cortisolproduktion zusätzlich anheizt. Das ist nicht gut, denn der Körper hält sich gerne in Balance, schreibt die Autorin: „Man muss damit rechnen, dass er sich mit der Zeit an den Kaffeeboost gewöhnt, indem er den eigenen morgendlichen Stressservice herunterregelt. Deshalb lieber warten, bis der körpereigene Cortisolschub wieder abgeflacht ist – es dauert etwa eine Stunde –, und dann erst mit einem Kaffee nachlegen.“
Die chemischen Geheimnisse von Schweißgestank sind abenteuerlich
So geht es munter weiter. Nguyen-Kim erklärt, warum uns Fluoride in der Zahnpasta gut tun und wieso Unordnung auf Schreibtischen vom Universum erwünscht sind. Sie verrät, dass Smartphone-Displays aus Gorillaglas hergestellt werden und was es mit diesem Material auf sich hat. Sogar von den chemischen Geheimnissen des Schweißgestanks weiß sie malerisch zu berichten.
Was ist los, wenn ein Mann im Bus schlimm stinkt? Hier erfahren sie es
„Ich steige zwei Haltestellen früher aus, weil ich den Gestank nicht länger ertrage. Ich wollte erst nicht glauben, dass der betäubende Schweißgeruch von dem (visuell) attraktiven Mann neben mir ausging, aber beim Aussteigen konnte ich die Quelle des Gestanks eindeutig identifizieren: Der Typ roch nach TMHS, nach trans-3-Methyl-2-hexensäure. Sie ist verwandt mit der Capronsäure, eine Fettsäure, benannt nach der lateinischen Ziege, capra, weil sie eben richtig hart nach Ziege riecht.“ Gerüche sind flüchtige Moleküle, das heißt leicht verdampfend, erläutert Nguyen-Kim weiter. „Was den Typ im Bus betrifft – ja, ein Teil seines Schweißes ist gerade tatsächlich aus seinen Achselhöhlen in meine Nase geflogen.“
Zwei Dinge könnten in diesem Fall gegen den Schweißgeruch helfen
Was kann helfen? Zum Beispiel, wenn der Mann aus dem Bus ein Deo mit Aluminiumsalzen verwenden würde. Denn die wirken wie Pfropfen auf den Schweißporen. Oder aber ein Nasenspray für alle anderen. Es müsste Cyclodextrine enthalten, meint Ngyuen-Kim. Das sind käfigartige Moleküle, die schlechte Gerüche buchstäblich einfangen können. Das Dumme dabei: Die guten Gerüche werden damit auch eingefangen!
Was läuft rein molekular, wenn bei zwei Menschen die Chemie stimmt?
Aber wir müssen schon weiter: Beim Einkaufen klärt Nguyen-Kim, ob sich mit Sauerstoff angereichertes Fitness-Mineralwasser lohnt und wie uns ein gar nicht sehr umfangreiches chemisches Basiswissen vor unseriösen Werbesprüchen schützen kann. Am Abend lüftet sie das chemische Geheimnis des perfekten Schokotörtchens. Und schließlich klärt sie noch das Rätsel auf, das uns vielleicht am meisten bewegt: Was läuft rein molekular zwischen zwei Menschen, bei denen die Chemie stimmt?
Über Mai Thi Nguyen-Kim