Die Lehrerin fragte die Kinder, ob sie wüssten, was ein Autor ist
Meine Lesereise an Grundschulen in der vergangenen Woche startete mit einem beeindruckenden Erlebnis: Die Lehrerin, vor deren Klasse ich auftreten sollte, fragte nämlich die Kinder, ob sie wüssten, was ein Autor ist. Sofort meldete sich ein Junge. So schnell wie er den Finger streckte, war klar: Der ist sich ganz sicher, der weiß hundertprozentig und total genau, was ein Autor ist. Der Junge sagte: „Ein Autor ist einer, wo Müll sammelt.“
Wie kommt nur diese Assoziativverbindung zustande?
Einen schöneren Auftakt kann man sich für eine Woche, an der man zwei Lesungen pro Tag macht, nicht wünschen! Dennoch zerbreche ich mir seither den Kopf, wo genau die Verbindung zwischen dem Müll und dem Autor liegt. Natürlich sind wir Autoren Sammler. Und natürlich gehen wir bei der Recherche auch gelegentlich an Orte, an denen es nicht so sauber ist. Aber wie kommt ein neunjähriger Junge, auf die Idee, uns Autoren zu Müllsammlern zu machen?
Kinder staunen über andere Sachverhalte als Erwachsene
An einer anderen Schule wurde es beim Verteilen der Autogrammkarten spannend. Auf den Autogrammkarten für die Kinderlesungen bin ich gemeinsam mit meiner Tochter Jona abgebildet, weil wir beiden die Bücher der Juni-Serie gemeinsam schreiben. Natürlich unterschreibt meine Tochter – genauso wie ich – jede der Karten. Diese Tatsache riss einen Jungen zu dem beeindruckten Ausruf hin: „Boah, Alter – erst vierzehn und schon eine Unterschrift! Wieso hat denn deine Tochter eine Unterschrift, ey? Mein Bruder ist schon fünfzehn und der hat noch keine!“
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Als ich dem Jungen erklärte, dass er sich einfach nur hinzusetzen und seinen Namen auf ein Blatt Papier zu schreiben brauche, dann habe er auch eine Unterschrift, starrte er mich erstaunt an: „Echt jetzt? Krass!“ Wenige Minuten danach fragte er seine Lehrerin, wo es dieses Buch da, „aus dem der da” (also ich) „vorgelesen hat” gebe. „’Juni und der Honigdieb’ kannst du dir in der Buchhandlung kaufen”, antwortete die Lehrerin. „Buchhandlung?”, fragte er. „Wo ist das?” Die Lehrerin: „Beim Stadtplatz.” – „Logo, weiß ich, wo der ist, der Fußballplatz.” Später, die Lesung war schon vorbei und die Kinder kehrten aus der Pause zurück, rief mir derselbe Junge zu: „Voll geil, Alter!“ Er wedelte mit der Autogrammkarte, auf der die Unterschriften von meiner Tochter und mir drauf waren. „Voll geil! Ich hab denen draußen gesagt, dass das die Unterschrift vom Ronaldo ist. Die wollen das jetzt auch!“
Wie mir eine junge Lehrerin dann aber doch noch den Tag rettete
Aber auch Lehrer haben Unterhaltungswert: Als ich mich im morgendlichen Halblicht eines Schulflurs einer hübschen, jungen Pädagogin vorstellte, sah sie mich geradezu entsetzt an: „SIE sind der Jörg Steinleitner?“ – „Öhm, ja?“, erwiderte ich verunsichert. Hatte ich Streichwurst an der Nase? Die Lehrerin sagte: „Ich habe Sie mir viel älter vorgestellt!“ Man kann sagen, dass mich diese Aussage beinahe darüber hinwegtröstet, ein Müllsammler zu sein.