Frau Bluhm liest Daniel Coles Thriller „Ragdoll“ und „Hangman“ und hat eine klare Empfehlung an alle Krimifans: Prüfen Sie Ihre Schlösser und schauen Sie unters Bett, bevor Sie die Lektüre beginnen!

Daniel Coles Thriller „Ragdoll“ und „Hangman“ – kritisch gelesen von Kolumnistin Katharina Bluhm

Frau Bluhm liest „Ragdoll“ und „Hangman“: 4 von 5 Blu(h)men


Ganz ehrlich: Im Urlaub liebe ich es blutig!

Im realen Leben bin ich ein sehr friedliebender Mensch. Einer à la: Kann keiner Fliege was zu Leide tun. Auch im Job predige ich natürlich, dass „Zahn um Zahn“ keine Option ist, und das Gewalt Gegengewalt provoziert. Pädagogisch wertvoll eben. Neulich allerdings hatte ich eine Woche Urlaub, und im Urlaub kann es nicht blutig genug werden. Rein literarisch selbstverständlich! Da kamen „Ragdoll“ und „Hangman“, die Thriller von Daniel Cole, auf die ich lange vorher schon ein Auge geworfen hatte, natürlich sehr gelegen. Denn wer, der wirklich harte Thriller liebt, wäre von diesem Klappentext – es ist der zu „Ragdoll“ – nicht angezogen:

„Ein Killer versetzt die ganze Stadt in Angst. Dein Name steht auf seiner Liste. Mit dem Datum deines Todes. Dein letzter Tag ist nah. Und fliehen zwecklos.“

Das Opfer wurde aus sechs Leichen zusammengeflickt

Also: Unter dem Bett nachgesehen, Tür verschlossen, Lichter an und los ging die Reise nach London. Das Zentrum der Handlung von „Ragdoll“ bilden die Ermittler William Oliver Layton-Fawkes (der dem Himmel sei Dank stets beim Spitznamen Wolf genannt wird) und Emily Baxter. Wolf, ein jähzorniger Choleriker, bekommt das neueste Opfer eines Londoner Psychopaten quasi in die Nachbarschaft geliefert. Doch dieses Opfer schockiert selbst den erfahrenen Ermittler, ist es nämlich wie eine Flickenpuppe, eine Ragdoll, aus sechs verschiedenen Opfern zusammengesetzt. Und während die Mordkommission noch damit beschäftigt ist die Opfer zu identifizieren, erhält Wolfs Exfrau, die Sensationsjournalistin Andrea, vom Killer höchstpersönlich eine Liste mit den nächsten sechs Opfern. Inklusive Vor- und Nachnamen – sowie: dem Datum des Todes. Die Liste beginnt mit dem Bürgermeister und endet mit keinem Geringeren als Wolf persönlich. Ein Spiel gegen die Zeit beginnt.

Ausgerechnet Emily Baxter soll die USA und England verbinden

Das nachfolgende Buch „Hangman“ schließt direkt an „Ragdoll“ an. Dieses Mal fokussiert auf die weibliche Hälfte des Ermittlerteams, Emily Baxter. Auch an Baxter ist der Alltag der Mordkommission nicht spurlos vorübergegangen: Die im höchsten Maße paranoide Emily kennt nur zwei verschiedene Formen der Kommunikation: muffig und noch muffiger. Von Smalltalk und Höflichkeit hält sie genauso viel wie von persönlichen Bindungen und Dresscodes. Ausgerechnet sie soll in „Hangman“ nun als Bindeglied zwischen dem FBI und New Scotland Yard fungieren. Klar, dass hier eine Katastrophe vorprogrammiert ist.

Der Hangman-Killer kopiert anscheinend den berühmten Ragdoll-Fall

In New York wurde nämlich ein Toter an der Brooklyn Bridge aufgehängt gefunden, das Wort „Köder“ tief in seine Brust geritzt. Das lässt nur einen Schluss zu: Der Killer kopiert den berühmten Londoner Ragdoll-Fall. Deshalb wird Emily Baxter von den US-Ermittlern angefordert. Als ein zweiter Toter entdeckt wird, diesmal mit dem Wort „Puppe“ auf der Brust, dreht die Presse völlig durch und mit ihr die Internet-Communities. Baxter und ihre Kollegen von FBI und CIA werden zum Spielball des grausamen Mörders – wer kann diesen Psychopathen in die Grenzen weisen? Und wer hält im Hintergrund die Fäden in der Hand? Schon bald wird klar, dass dieser Fall noch viel verwickelter und größer ist, als alle Seiten angenommen hatten.

Bei Daniel Cole muss alles groß und dramatisch sein

Eines wurde beim Lesen schnell klar: Subtilität ist Autor Daniel Cole ein Fremdwort. Bei ihm muss alles groß und dramatisch sein. Große, starke, exzentrische Persönlichkeiten, ein außergewöhnlich sadistischer und perfider Mörder und unter weltweit geht gar nichts. Vom Prinzip her finde ich das wirklich gut. Gerade in der Entwicklung seiner Protagonisten legt Daniel Cole da die Latte ziemlich hoch. Denn bei ihm sind nicht nur die Hauptprotagonisten sehr vielschichtig, sondern auch alle Nebenfiguren und deren Beziehungen untereinander. Man merkt beim Lesen, dass der Autor seine Welt wahnsinnig gut durchdacht hat und sich mühelos darin zurechtfindet.

Ich erlaube mir aber auch eine kleine Kritik

Allerdings hat es der Autor meiner Meinung nach nicht geschafft, den Leser ganz in seine Welt hineinzuziehen. Denn neben all diesen Figuren, die alle irgendwie miteinander verwoben sind, den vielen Handlungssträngen und Schauplätzen, hat Mr. Cole auch noch eine Vorliebe für Details und lange, verschachtelte Sätze. Für ihn, der seine literarische Welt dermaßen verinnerlicht hat, gelingen Ortswechsel mühelos und Zusammenhänge erscheinen logisch. Beim Lesen muss man sich allerdings manchmal ganz schön zusammenreißen, damit einem nichts entgeht.

Und noch ein Tipp zum Schluss: Schauen Sie unters Bett!

Nimmt man sich allerdings die Zeit und die Ruhe dies zu tun, dann wird man mit einer spannenden Handlung belohnt – und mit einer wirklich überraschenden Auflösung. Man könnte jetzt bösartig sein und dem Autor vorwerfen, er hätte mehr abgebissen, als er kauen und schlucken konnte. Man kann es aber auch einfach lassen und seine Thriller als das nehmen was sie sind: großartige Urlaubslektüre, wie geschaffen für lange Wochenenden und Regentage. Allerdings empfehle ich VOR dem Lesen nochmal unter dem Bett nachzusehen, denn hat man sich in seine Thriller erst mal reingelesen, schickt einem Daniel Cole solche Gänsehaut über den Rücken, dass man sich später vielleicht nicht mehr traut.

ISBN 978-3-548-28919-9

480 Seiten

€ 14,99

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Frau Bluhm

Geboren 1984 in Aschaffenburg, studierte Katharina Bluhm Psychologie und arbeitet seither als Erzieherin. Sie liebt Bücher und Filme. Seit 2017 bewertet sie in ihrer Kolumne „Frau Bluhm liest“ für BUCHSZENE.DE mit Begeisterung, aber auch kritisch Bücher jeden Genres. Sie lebt mit ihrer Familie in Aschaffenburg.

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