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Spannend, aber nicht unheimlich

Cowboybücher für Vater und Sohn – Steinleitners Kolumne mit guten und weniger guten Buchtipps

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Jeder Junge kommt eines Tages in das Alter, in dem er sich für Cowboys interessiert. Wenn man dann als Vater seine alten Lieblingsbücher ausgräbt, führt dies nicht zwangsläufig zu Leseglück. In dieser Kolumne schreibe ich von guten Cowboybüchern und Westernromanen und solchen Büchern, die für meinen speziellen Sohn nicht unbedingt geeignet sind. Außerdem gebe ich einen ziemlich aktuellen Cowboybuch-Tipp, der Vater und Sohn große Freude macht.

Mein Sohn (7) und ich befinden uns gerade in der Cowboy- und Westernroman-Phase. Sigrid Heucks schönen alten Cowboybuch-Klassiker „Cowboy Jim“ haben wir bereits fünfmal gelesen, Barbara Roses „Johnny Cowboy jagt Banditen-Bob“ immerhin schon dreimal. Leonhard mag beide Cowboybücher, weil sie spannend, aber nicht unheimlich sind. Seither steckt unser Lesetandem aber ein wenig in der Krise:

Für „Lederstrumpf“ ist mein Sohn noch zu klein, denn da werden ja doch ständig Menschen getötet. Harald McCrackens „Wakan und der weiße Büffel“ – meine Ausgabe stammt noch aus der 50er-Jahre-Kindheit meines Vaters – ist teilweise derart langatmig, dass es mich selbst wundert, wie ich diesen Roman als Kind mehrmals begeistert durchlesen konnte. Kein Vergleich zu Johnny Cowboy! Wer „Wakan und der weiße Büffel“ liest, sollte keine Scheu davor haben, auch mal längere Passagen zu überspringen. Dann ist es aber durchaus eine lohnende Lektüre. Denn der Indianerjunge Wakan, der von seinem Stamm verstoßen wird, erlebt viele unerhörte Abenteuer. Aber für meinen Jüngsten ist dieses Cowboybuch, das eigentlich ein Indianerbuch ist, an vielen Stellen zu unheimlich.

Das Cowboy-Buch mit dem schönsten Cover

Die „Cowboy Klaus“-Reihe von Eva Muszynski hat mein anspruchsvoller Sohn gerne gelesen, aber jetzt findet er, dass er als Siebenjähriger dafür viel zu alt ist. Auf Anraten unserer Lieblingsbuchhändlerin versuchten wir es mit Peter Carters „Abschied von Cheyenne“, erschienen in einer schönen gebundenen Ausgabe des Verlags Freies Geistesleben, mit einem tollen jungen Cowboy auf dem Cover. Aber nachdem wir 335 von 463 Seiten gelesen hatten, meinte Leonhard: „Das ist doch eigentlich gar kein Cowboybuch, Papi!“

Wie mein Sohn durch ein Cowboybuch auf eine irritierende Geschäftsidee kam, die ich ihm verbot

Damit liegt mein Filius nicht falsch. Denn „Abschied von Cheyenne“ erzählt von einem Jungen, der sich ganz allein im Amerika des 19. Jahrhunderts durchschlägt. Zwar auch unter Cowboys, allerdings weniger selbst als Cowboy, sondern vielmehr als minderjähriger Kaufmann, der für seine gewagten Geschäftsideen immer wieder sein hart erarbeitetes Geld aufs Spiel setzt. Für mich als Erwachsenen war es spannend, diese auch historisch interessante Geschichte zu lesen. Deshalb überredete ich meinen Sohn Tag für Tag dazu, „Abschied von Cheyenne“ weiterzulesen, obwohl er schon lange nicht mehr wollte.

Als Leonhard mir aber eines Tages begeistert erzählte, er habe Gratis-Zeitschriften, die er im Altpapier gefunden habe, an Klassenkameradinnen für jeweils einen Euro verkauft, und ich empört meinte, dass das aber nicht in Ordnung sei; und er antwortete – „Aber so macht Ben aus ‚Abschied von Cheyenne‘ das doch auch – billig einkaufen und teuer verkaufen“, war ich bereit dazu, die Lektüre abzubrechen.

Unser aktuelles Lieblings-Cowboybuch

Auch unser neues Cowboy-Buch, das meine Frau eigentlich für unsere größere Tochter Elsa (10), angeschafft hat, sorgt für Diskussionen: Ich halte „Alabama Moon“ für eine unglaublich fesselnde Geschichte. Watt Keys Roman spielt in den 1970er-Jahren und erzählt von dem jungen Moon, der mit seinem Vater im Wald lebt. Der Vater bringt dem Bub alles bei, was er können muss, um in der Wildnis zu bestehen– fallenstellen, jagen, Feuer machen, Tierfelle gerben, Biberhosen nähen und vieles mehr. Doch eines Tages stirbt der Vater und der erst zehnjährige Held von „Alabama Moon“ ist nun ganz ohne ihn dem harten Leben in der Wildnis ausgesetzt. Als sich Polizei und Jugendamt auf seine Spuren setzen, begibt er sich auf eine gefährliche Flucht in Richtung Alaska.

Elsa liebte dieses Buch. Aber ihr Bruder weigert sich jeden Abend, mit dem Lesen auch nur anzufangen. Setze ich mich aber durch, lese ihm ein paar Seiten aus „Alabama Moon“ vor und sage dann, dass ich jetzt müde bin, will er auf keinen Fall aufhören. Also erlaube ich ihm noch ein Stück ohne mich weiterzulesen. Mit dem Ergebnis, dass mir nun entscheidende Passagen dieses wirklich packenden Westernromans fehlen. Vermutlich muss ich die Geschichte einfach noch einmal ganz allein lesen. Ohne Leonhard. „Alabama Moon“ ist eben auch ein Buch für Väter, die früher einmal Cowboys waren.

P.S.: Mit Karl Mays Werken, die ich als Kind liebte, haben mein Sohn und ich es noch gar nicht versucht. Vielleicht nehmen wir die Winnetou-Neuverfilmung zum Anlass, da mal hineinzuschnuppern. Letztlich sind Winnetou und Old Shatterhand die Väter aller Cowboybücher und Westernromane.

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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